Grundsätzlich gilt für Unternehmen seit dem 18. Januar 2021: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollen, wenn möglich, vom Homeoffice aus arbeiten. Das trifft auf rund 2,4 Millionen Arbeitnehmende in der Schweiz zu. Sie tauschten das Büro mit dem Pult oder Esstisch in ihrer Wohnung.
Jetzt, wo Lockerungen bei Reisen auch ins Ausland in Aussicht stehen, stellt sich die Frage: Kann ich auch von den Malediven aus Homeoffice machen? Oder die Zoom-Meetings von einem Chalet in den Bergen aus bestreiten?
Der neue Trend hat einen Namen: «Workation» – eine Wort-Kombination aus «work» (Arbeit) und «vacation» (Ferien). Aber Vorsicht: Die neue Art des Arbeitens betrifft auch die bisherigen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Die Rechtsexpertin Flurina Hitz (31) sagt, welche.
Wie ist der Wechsel ins Homeoffice geregelt?
Jedes Unternehmen handhabt das anderes. Generell soll man sich mit dem Arbeitgeber einigen, wie der neue Ablauf aus dem Homeoffice stattfinden soll. Informatiker haben andere Bedürfnisse und Sicherheitsvorkehrungen wie administrative Jobs. Schliesslich ist das eine neue Situation aus betrieblicher und arbeitsrechtlicher Sicht.
Ich mache das Homeoffice in einer Ferienwohnung in den Schweizer Bergen. Geht das?
Wenn die Firma einen ins Homeoffice schickt, geht sie davon aus, dass der Angestellte den Wohnort und nicht das Feriendomizil meint, erklärt Rechtsexpertin Hitz. Das Homeoffice hat in der Pandemie ja auch einen ganz bestimmten Grund: Man soll möglichst zu Hause bleiben und so die Verbreitung des Coronavirus eindämmen. Eine Reise könnte diesen Absichten widersprechen. «Als Arbeitnehmer haben Sie eine Treuepflicht und Sie sind daher grundsätzlich den Weisungen des Arbeitgebers verpflichtet», sagt Hitz.
Ich will mein Homeoffice im Ausland, zum Beispiel auf Ibiza verbringen. Darf ich das?
Einfach ausreisen und von dort aus arbeiten, ist ein No-Go. «Bei Homeoffice im Ausland stellen sich umfangreiche Fragen», sagt die Anwältin und Arbeitsrecht-Expertin. «Aspekte des Sozialversicherungsrechts, des Versicherungsrechts, des Steuerrechts und zum Datenschutz müssen berücksichtigt werden», sagt sie. Das bedeutet: Über den neuen Arbeitsort muss vorher mit dem Chef gesprochen werden.
Was ist, wenn ich ausserhalb Europas Homeoffice machen möchte? Zum Beispiel auf den Malediven?
Je nach Land ergeben sich unterschiedliche Bedingungen. Deshalb: Unbedingt vorher die Fragen in Bezug auf Steuerrecht, Versicherung und Datenschutz in dem jeweiligen Land abklären. Es gelten für jeden Standort andere Regeln. Und auch hier: Holen Sie das Einverständnis Ihres Vorgesetzten lieber vor der Abreise ein.
Greift der gleiche betriebliche Versicherungsschutz am Homeoffice-Ferienort?
Jede in der Schweiz beschäftigte Person ist obligatorisch nach Schweizerischem Unfallversicherungsgesetz (UVG) gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten versichert – unabhängig vom Arbeitsort. Arbeitet der Mitarbeiter mindestens acht Stunden pro Woche beim selben Arbeitgeber, ist er auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. Jeder weitere Versicherungsschutz muss individuell abgeklärt werden.
Kann ich mir die Arbeit und die Pausen im Homeoffice einteilen wie ich will?
Nein. Die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten müssen eingehalten werden. Auch Pausen sind im Arbeitsvertrag geregelt – die gelten auch im Homeoffice.
Was passiert, wenn ich mich in den Pausen oder nach Dienstschluss im Homeoffice sportlich betätige und dabei verletzte?
Wenn man sich in der Pause im Homeoffice verletzt, ist das in der Regel kein Berufsunfall, sondern ein Nichtberufsunfall. Hier greift das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG). Aber aufgepasst: Wenn Sie weniger als acht Stunden pro Woche angestellt sind, sind Sie für diese Nichtberufsunfälle möglicherweise nicht versichert.
Die Pandemie dauert nun schon mehrere Monate, und ich arbeite bereits vom Ausland aus. Muss ich nach so vielen Monaten zusätzlich etwas abklären?
Ja, unbedingt. Für Arbeitnehmende, die mehr als 25 Prozent an ihrem ausländischen Wohnsitz verbringen, gelten neue Regeln. Sie sind eventuell verpflichtet, Sozialabgaben an den neuen Wohnsitz-Staat zu leisten. Das kann bedeuten: insgesamt höhere Sozialabgaben.
Muss ich mein Büro zu Hause auf eigene Kosten einrichten?
Der Arbeitgeber muss im Homeoffice die notwendigen Geräte zur Verfügung stellen. Jedes Unternehmen gestaltet das anders. In der Schweiz hat der Versicherer Axa mit dem neuen Arbeitsmodell früh Klarheit geschaffen. Die Axa-Mitarbeiter erhalten eine jährliche Pauschale von 200 Franken. Egal, was ihr Beschäftigungsgrad ist und wie viel sie im Homeoffice arbeiten. Google zahlt jedem Mitarbeiter weltweit einmalig 1000 Dollar – oder den entsprechenden Gegenwert in der jeweiligen Währung. Damit soll die nötige Ausrüstung oder Büromöblierung gekauft werden können.
Kann ich meinen Arbeitgeber wegen Rückenprobleme belangen, weil ich zu Hause keinen richtigen Arbeitsplatz habe?
Unter Umständen schon. Der Arbeitgeber muss für den Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmenden Sorge tragen. Aber: «Es muss belegt werden können, dass die Rückenprobleme durch den ‹ungeeigneten Arbeitsplatz› verursacht wurden», sagt Hitz. Sprich: Hier ist der Angestellte in der Nachweispflicht.
Was muss ich im Homeoffice in Bezug auf Datenschutz-Auflagen beachten?
Auch zu Hause muss die Sicherheit sensibler Daten gewährleistet sein. Der Grund: Sollten Informationen oder Informatikmaterial beschädigt, verloren gehen oder geklaut werden, kann der Arbeitnehmer unter Umständen dafür zur Haftung herangezogen werden. Darum sollte man im Vorfeld klären, wie der Umgang mit vertraulichen Dokumenten im Homeoffice ablaufen soll.
Kann ich mich wehren, von zu Hause aus arbeiten zu müssen?
Theoretisch ja. Vor allem, wenn die Bedingungen zu Hause ein Arbeiten nicht möglich machen. «Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die familiäre Situation oder die Platzverhältnisse so ungünstig sind, dass sie ein Arbeiten verunmöglichen», sagt Hitz. Aber: Die Hürden sind hoch angesetzt. Darum sollte man das mit dem Arbeitgeber vorher abklären. «Sonst könnte eine Weigerung auch zu einer Verwarnung oder gar zur Kündigung durch den Arbeitgeber führen.»