Die Schweiz vor Negativzinsen
Hypozinsen sinken – aber aufgepasst vor Missverständnissen

Hypothekarnehmer müssen sich grundlegende Fragen zur eigenen Finanzlage sowie zur konjunkturellen und geldpolitischen Situation stellen. Hier eine Übersicht über die grössten Falschannahmen derzeit.
Publiziert: 09.12.2024 um 10:31 Uhr
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Aktualisiert: 09.12.2024 um 10:55 Uhr
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Hypotheken sind in der Schweiz wieder für tiefe Zinssätze zu haben.
Foto: IMAGO/Andreas Haas
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Manuel Boeck
Cash

Am 26. September senkte die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,00 Prozent – es war die dritte Senkung in Folge. Und beim nächsten geldpolitischen Termin am 12. Dezember wird SNB-Präsident Martin Schlegel voraussichtlich einen weiteren Schritt im Senkungszyklus verkünden. Der Markt signalisiert dies durch eine Rendite von 0,66 Prozent für eine Schweizer Bundesobligation mit einmonatiger Laufzeit; diejenige für ein Jahr liegt bei 0,59 Prozent.

Auch der Zinsindex für Wohnimmobilien des Vergleichsportals hypotheke.ch setzt den im Herbst 2023 begonnenen Abwärtstrend weiter fort und befindet sich nun wieder auf dem Niveau von März 2022. Die inverse Zinskurve hält gleichzeitig seit einigen Monaten an, was in dieser Ausprägung historisch eher ungewöhnlich ist.

Zinsindex für Wohnimmobilien in der langen Frist.
Foto: hypotheke.ch

Für Hypothekarkunden bieten sich in der gegenwärtigen Zinssituation mehrere attraktive Finanzierungsmöglichkeiten an. Wer langfristige Sicherheit und Ruhe sucht, findet bei Festhypotheken mit längeren Laufzeiten derzeit günstige Zinssätze. Gleichzeitig sind Saron-Hypotheken interessant, da die makroökonomischen Aussichten mindestens zwei weitere Zinssenkungen erwarten lassen und sogar Negativzinsen auf absehbare Zeit nicht auszuschliessen sind. Auch ein Zwischenweg und Kombinationen verschiedener Hypothekenmodelle sind möglich.

Die Hypozinsen befinden sich vor allem seit Mitte Juni analog zu den Renditen der Bundesobligationen auf dem Rückzug. Während die fünfjährigen Anleihen zu Beginn dieses Jahres noch bei knapp 0,9 Prozent notierten, werden sie derzeit zu unter 0,09 Prozent gehandelt. Auch bei den zwei- und zehnjährigen Bundesobligationen zeigt sich ein vergleichbares Bild. Damit erreichen die Zinsen das Niveau vom Frühjahr 2022. Zu Beginn des Jahres lag der Durchschnittspreis einer zehnjährigen Festhypothek gemäss den Daten von hypotheke.ch bei 2,2 Prozent. Aktuell beträgt der Zins 1,49 Prozent. Der Preis einer fünfjährigen Festhypothek notiert bei 1,27 Prozent.

Angesichts dieser Ausgangslage wird deutlich, dass sich Hypothekarnehmer auf die neuen Gegebenheiten einstellen und grundsätzliche Fragen zur eigenen Finanzlage sowie zur konjunkturellen und geldpolitischen Situation stellen müssen. Experten wie Giampiero Brundia von Oxifina, Florian Schubiger von hypotheke.ch oder Burak Er von Avobis stossen in Gesprächen derzeit auf folgende Falschannahmen:

  • Festzinshypotheken werden günstiger, wenn die SNB den Leitzins senkt und der Saron beziehungsweise die Saron-Hypothek günstiger wird. Tatsächlich sind viele Zinsschritte der SNB bereits vom Markt antizipiert und fliessen frühzeitig in die Preisgestaltung ein.
  • Ein weiteres Missverständnis ist, dass sinkende Marktzinsen immer auch sinkende Hypothekarzinsen bedeuten. Zwar besteht meist ein Zusammenhang, doch die Kreditmargen der Banken variieren. Dadurch kann es vorkommen, dass die Marktzinsen zwar sinken, die Hypothekarzinsen jedoch stabil bleiben.
  • Viele Leute sind sich absolut sicher, dass die Zinsen auch langfristig in jedem Fall tief bleiben werden. Sie haben sich an die niedrigen Zinsen gewöhnt und glauben, dass zwei Prozent bereits «das Höchste der Gefühle» auch in Zukunft sein wird. Wer in der Geschichte etwas weiter als nur zehn Jahre in die Vergangenheit schaut, weiss, dass die Zinsen auch deutlich höher sein können. Dieses Szenario schliessen jedoch aktuell viele vollends aus. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit mittelfristig stark steigender Zinsen geringer ist als früher, muss dieses Szenario bei den Überlegungen zur Wahl des Hypothekarmodells im Hinterkopf bleiben.
  • Weiterhin glauben viele Leute, dass sie eine Saron-Hypothek abschliessen und dann im richtigen Moment in eine Festhypothek wechseln können. Das ist falsch. Wenn die Zinsen steigen, geschieht dies schnell. Wenn man dann kalte Füsse bekommt und beispielsweise nach einem Anstieg von einem oder zwei Prozentpunkten wechselt, wäre man in der Vergangenheit nachweislich schlecht gefahren. Wer eine Saron-Hypothek abschliesst, sollte langfristig mit den Risiken leben können und nicht darauf spekulieren, das Modell zum richtigen Zeitpunkt zu wechseln. Dann kann eine Saron-Hypothek langfristig betrachtet günstiger sein als Festhypotheken. Das war in der Vergangenheit so. Aber man muss auch berücksichtigen, dass wir uns seit Jahrzehnten in einer Phase tendenziell fallender Zinsen befinden. In einem solchen Szenario sind kurze Laufzeiten klar besser.
  • Versicherungen und Pensionskassen sind so oder so günstiger als Banken, so ein verbreiteter Glaube – vor allem, wenn Festzinshypotheken mit mittleren und langen Laufzeiten abgeschlossen werden. Das ist nicht immer so. Um einen echten Marktvergleich zu erhalten, empfiehlt sich eine Kreditausschreibung.
  • Ein weiterer Irrtum ist, dass die Staffelung der Hypothek immer sinnvoll ist. Die Staffelung hat zum Ziel, die Fälligkeiten so zu verteilen, dass nicht die gesamte Hypothek in einer Hochzinsphase erneuert werden muss. Dieses Argument wird von vielen Bankberatern ins Feld geführt. Es besteht aber ein grosser Nachteil für die Kunden: Man kann bei der Fälligkeit der ersten Hypothekartranche den Anbieter nicht wechseln und muss beim gleichen Institut erneut abschliessen. Der Kreditgeber hat also sozusagen ein Monopol bei der Verlängerung der Hypothek. Die Staffelung kann sinnvoll sein, aber man muss im Hinterkopf behalten, dass man bei der Verlängerung kaum die Zinsen verhandeln kann.

Einer der grössten Irrtümer ist jedoch zu glauben, dass die Banken über die Höhe des Hypo-Zinses nicht mit sich verhandeln liessen. Kreditgeber publizieren sogenannte Schaufensterpreise. Je nach Einkommen, Höhe des Eigenkapitals oder Art der Immobilie können aber andere Zinssätze ausgehandelt werden. Eine gute Vorbereitung auf die Verhandlungen lohnt sich. Aber Achtung: Für Hypothekarnehmerinnen und -nehmer, die keine Top-Bonität mitbringen, können die Zinskosten auch deutlich höher ausfallen.

Artikel von «Cash.ch»

Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.

cash.ch hat hier zusammengetragen, worauf existierende oder zukünftige Eigentümer bei der Refinanzierung oder Neuabschluss einer Hypothek achten sollten.

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