Auf einen Blick
- Traditionsreiche Bäckerei Tanner in Zürich-Oerlikon schliesst nach 120 Jahren
- Homeoffice und Konkurrenz von Tankstellen-Shops führen zu Kundenmangel und Schliessung
- Bäcker Serge Tanner stand 36 Jahre lang täglich in der Backstube
Schon wieder verschwindet in der Schweiz eine traditionsreiche Bäckerei. In zwei Wochen schliesst in Zürich-Oerlikon die Bäckerei Konditorei Tanner ihre Türen für immer – ausgerechnet an Heiligabend. Dann wird Bäcker Serge Tanner (54) zum letzten Mal in seiner Backstube stehen. 1988 hat er im Betrieb aus Zürich-Oerlikon, den er seit sieben Jahren führt, die Lehre gemacht. Seither ist er der vor 120 Jahren gegründeten Bäckerei treu geblieben.
36 Jahre lang ist Tanner Tag für Tag in der Backstube gestanden. Jetzt sagt er zum Portal «Zürich 24»: «Es rechnet sich nicht mehr.» Das Ende schmerze, habe sich aber schon länger abgezeichnet. Als Hauptgrund führt er die ausbleibenden Kundinnen und Kunden aus den umliegenden Büros an. «Viele arbeiten im Homeoffice und essen dann zu Hause», sagt er. Zudem spüre er die Konkurrenz von Tankstellenshops und Grossverteilern.
«Die Konkurrenz ist einfach zu gross»
«Für kleinere Betriebe mit eigener Backstube ist es allgemein schwierig geworden», sagt Serge Tanner. Zuletzt hat er vermehrt auch Mittagsmenüs angeboten und auf Catering gesetzt. Das Steuer herumreissen konnte er damit aber nicht und gibt nun auf. «Ich wollte einen Entscheid fällen, bevor ich Konkurs anmelden muss», sagt er.
Vom Aus betroffen sind auch die beiden Angestellten der Bäckerei. Claudia Tanner (24), die Tochter von Serge Tanner. Sie hat die Lehre im väterlichen Betrieb gemacht. Und Corinne Obi (42). Seit 8 Jahren arbeitet sie als Verkäuferin im Geschäft. Sie hätten alles probiert, um die Bäckerei am Leben zu halten. «Doch die Konkurrenz ist einfach zu gross», sagt sie zu Blick. Die nahe Metzgerei würde neu auch Menüs anbieten. Zudem habe auch noch ein Sandwichladen an der Schaffhauserstrasse eröffnet. «Früher haben wir über den Mittag die Kunden zu dritt bedient. Heute schaffe ich das alleine», erzählt Obi.
«Das wird sicher emotional»
Vor dem letzten Arbeitstag am 24. Dezember hat sie Respekt. «Das wird sicher emotional werden», sagt sie. «Wir wollen bis zum letzten Tag für unsere Stammkunden da sein. Aber die Nastüechli werden parat sein, das ist klar.» Immerhin: Obi hat bereits einen neuen Job gefunden. Sie kann nahtlos bei einer bekannten Bäckerei beim Zürcher Bahnhof Stadelhofen anfangen. Auch Claudia Tanner hat schon einen neuen Arbeitgeber. Sie wechselt zu einer Bäckerei in Baden AG.
Wie es weitergeht für Serge Tanner und seine Partnerin Simone Wirth (39), mit der er den Betrieb führt, ist noch offen. «Ich will zuerst alles anständig über die Bühne bringen», sagt er. Eine Bäckerei werde es an diesem Standort aber sicher keine mehr geben, betont er.