Diese Ferien hatten sich Nico K.* (44) und seine Partnerin aus dem Thurgau anders vorgestellt. Es war der 10. April: Kaum in der japanischen Hauptstadt Tokio angekommen, flatterte eine erste Nachricht in das Postfach des Schweizers. Eine Aufforderung seines Reiseveranstalters zur Zahlung. Sämtliche Dienstleistungen vor Ort wie Hotels und Transfer nach Vietnam seien nicht bezahlt worden. Wenn K. jetzt nicht zahlen würde, würden alle Leistungen storniert werden.
«Ich fühlte mich komplett verarscht», sagt Leserrepoter K. zu Blick. Denn er hat die komplette Rechnung von 7600 Euro bereits im Februar beglichen. Als K. nicht einlenkte, wurde kurz vor Abflug der Transferflug von Tokio nach Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam) storniert. Gebucht hatte das Paar beim Kölner Reisebüro Itravel, das wiederum die Dienstleistung vor Ort bei Vio-Travel buchte.
«Dank eines engagierten Mitarbeiters des Flughafens konnten wir erneut einen Transfer buchen. Dafür mussten wir aber 430 Franken bezahlen», so K. Der Leserreporter und seine Partnerin erreichten ihr Ziel in Vietnam doch noch. Beim Hotel gab es zum Glück keine Probleme.
Täglich Einschüchterungen per Whatsapp
Aber es ging tagtäglich weiter mit den Zahlungsforderungen inklusive Einschüchterungen – mittlerweile direkt vom CEO von Vio-Travel per Whatsapp. Das Paar hatte Angst, dass es zu weiteren Stornierungen kommt. Es war jedoch nicht bereit, erneut zu zahlen.
Dabei hat K. bereits mehrfach bei Itravel Reisen gebucht – Probleme hatte es bis anhin nie gegeben. In den Ferien bemerkte das Paar aber schnell, dass das deutsche Reisebüro mittlerweile gröbere Probleme hat.
Der Chef der Itravel-Gruppe, Axel Schmiegelow (51), wurde Anfang April verhaftet. Der Unternehmer sitzt seither in Untersuchungshaft, bestätigt die Kölner Staatsanwaltschaft. Das berichteten diverse deutsche Medien, darunter auch das Magazin «Stern». Der Vorwurf: Itravel habe Luxusreisen verkauft – die entsprechenden Leistungen bei den Drittanbietern aber gar nicht gebucht, respektive bezahlt. Die deutsche Staatsanwaltschaft spricht von rund 20 Anzeigen. Die angebliche Schadenssumme beläuft sich aktuell auf 82'000 Euro. Dabei wurden aber erst neun Fälle berücksichtigt. Die tatsächliche Schadenssumme dürfte wohl weitaus höher ausfallen.
Vio-Travel dürfte also wahrscheinlich für die gebuchten Dienstleistungen des Paars gar nie Geld von Itravel erhalten haben. Hotel, Transfer nach Vietnam etc. wären also tatsächlich nicht bezahlt worden. Deshalb forderte Vio-Travel wohl das Geld direkt bei der Kundschaft ein.
Verfrühte Heimreise – aus Angst
«Geniessen konnten wir die Ferien deshalb kaum. Das Problem war omnipräsent und die Stimmung deshalb nicht gut», sagt K. Denn Vio-Travel gab nicht auf – mehrmals am Tag folgten weitere Nachrichten mit Zahlungsaufforderungen. Das Paar machte sich deswegen grosse Sorgen.
Das veranlasste K. und seine Partnerin schliesslich dazu, die Reise verfrüht abzubrechen. Statt am 25. flogen sie am 22. April zurück in die Schweiz. «Wir hatten Angst, dass er uns am Flughafen abpasst oder was weiss ich in die Wege leitet», so der Thurgauer.
Für den verfrühten Rückflug mit Transfer hat das Paar nochmals 500 Franken aus der eigenen Tasche bezahlt. Seit die beiden wieder zu Hause sind, reagiert K. nicht mehr auf die Nachrichten von Vio-Travel: «Ich werde nicht bezahlen, da ich mit Vio-Travel auch keinen Vertrag habe, ausser meine Rechtsschutzversicherung sagt mir was anderes.»
Sowohl Itravel als auch Vio-Travel haben auf eine Anfrage von Blick nicht reagiert.
* Name der Redaktion bekannt