Die Hoffnung auf einen baldigen Corona-Impfstoff ist auch der Wunsch nach der Rückkehr zur Normalität. Die Pharmakonzerne Biontech und Pfizer haben am Montag mit positiven Zwischenresultaten aus der finalen Testphase ihres Impfstoffs die Erwartungen beflügelt, dass der erste Corona-Impfstoff bald auf den Markt kommt. BLICK erklärt die Fortschritte.
Wieso spricht man beim Impfstoff der deutschen Biontech und der US-Pfizer von einem Durchbruch?
Von den fünf Corona-Impfstoffkandidaten aus dem Westen, die sich in der dritten, letzten Testphase befinden, hat Biontech/Pfizer als erste Zwischenresultate zur Wirkung geliefert. Laut den Herstellern waren über 90 Prozent der 39'000 Testpersonen, die die zweite notwendige Impfinjektion erhielten, vor Corona geschützt. 94 Probanden waren an Covid-19 erkrankt. Forscher erwarteten für Corona-Impfstoffe nur eine Wirksamkeit von 60 bis 70 Prozent und waren deshalb positiv überrascht.
Wird die Impfung von Biontech/Pfizer als erste auf den Markt kommen?
Das ist noch nicht klar. Um eine Marktzulassung – auch die schnelle Fast-Track-Zulassung – zu beantragen, muss die dritte Testphase abgeschlossen sein. Zudem müssen die Daten vorliegen, von besonderem Interesse ist die Wirkung bei über 65-Jährigen. Biontech/Pfizer hat noch keine Daten herausgegeben und stellt eine abschliessende Auswertung erst bei 164 erkrankten Fällen bis Ende November in Aussicht. Auch der US-Biotechkonzern Moderna, der bei der Walliser Lonza produzieren wird, will die nächsten Tage erste Zwischenresultate publizieren.
Welche Corona-Impfstoffe befinden sich im Endspurt?
Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) listet derzeit zehn Impfstoffhersteller auf, die sich in der letzten Testphase mit je mehreren Zehntausend Probanden befinden. Von den fünf, die nach westlichen Standards testen, rechnen neben Biontech/Pfizer und Moderna auch die Konzerne Astra Zeneca und Janssen mit definitiven Testresultaten bis Ende Jahr. Die WHO-Liste enthält weitere vier aus China und den Sputnik-Impfstoff der Russen, die teilweise schon eine Marktzulassung haben.
Was sind die Vorteile und Nachteile der Impfstofftechnologie, die Pfizer/Biontech verwenden?
Der Impfstoffkandidat namens «BNT162b2» basiert wie jener von Moderna auf der sogenannten Boten-RNA-Technologie, die bisher noch nie in einem Impfstoff angewendet wurden. Grundlage des Impfstoffs sind synthetische Gene, die innert Wochen in grösserem Massstab hergestellt werden können. Die Impfstoffe der Konkurrenz wie Janssen ihrerseits basieren auf abgeschwächten Viren oder auf Virusteilen und haben sich bereits bei Vakzinen gegen Grippe, Ebola und anderen Krankheiten bewährt.
Gab es beim Pfizer/Biontech-Impfstoff Zwischenfälle?
Nein, in den ersten zwei Testphasen wurden leichte Nebeneffekte wie Fieber und Müdigkeit verzeichnet. Die Impfstoffkandidaten, die ihre Tests wegen starken Nebenwirkungen anhalten mussten, stammen von Astra Zeneca und Janssen. Sie konnten die Tests Ende Oktober global wieder aufnehmen.
Wie lange braucht es für die Zulassung in der Schweiz?
Die zuständige Swissmedic begutachtet bereits die klinischen Daten der Firmen, die wie Biontech/Pfizer, Moderna und Astra Zeneca ein Zulassungsgesuch gestellt haben. Swissmedic erwartet, dass eine Bewilligung innert weniger als 100 Tagen möglich sein soll, sobald die finalen Daten eingetroffen sind.
Wer erhält den Impfstoff in der Schweiz zuerst?
Der Bund will mit der Covid-19-Impfstrategie einerseits schwere Krankheitsverläufe – insbesondere bei Risikogruppen – verhindern und andererseits die Ausbreitung des Virus eindämmen. Die Impfempfehlungen liegen noch nicht vor. Eine Sprecherin des Bundesamts für Gesundheit (BAG) sagt auf Anfrage: «Wem dann eine Impfung empfohlen wird, hängt von den Eigenschaften und der Verfügbarkeit des jeweiligen Impfstoffs ab.» Fest steht, ein Impfobligatorium ist nicht vorgesehen.