«Ich kaufe jetzt vor allem Aktionen»
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Menschen in Reinach BL:«Ich kaufe jetzt vor allem Aktionen»

Deswegen trifft es diese Region besonders hart
Elektro-Schock und Kassen-Hammer im Baselbiet

Erst die Stromrechnung, nun auch die Prämienrechnung: Im Baselbiet zahlen viele Menschen nächstes Jahr mehr für Energie und Gesundheit. Blick erklärt, warum der Kanton Baselland ein Teuerungs-Hotspot ist.
Publiziert: 29.09.2022 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2022 um 08:03 Uhr
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Steigende Krankenkassenprämien und teurerer Strom: Der Prämienschock ...
Foto: Keystone
Christian Kolbe und Sebastian Babic

Trübe Stimmung im Baselbiet. Den Dauerregen hat es zwar in der ganzen Schweiz, doch die Teuerung trifft diese Region besonders hart. Zum Strompreis-Schock kommt nun der Prämienhammer hinzu. Im Kanton Baselland steigen die Krankenkassenprämien um 7 Prozent – mehr als im Schweizer Durchschnitt.

Bei den mittleren Prämien für Erwachsene ist Baselland mit 450.70 Franken sogar der fünftteuerste Kanton in der Schweiz. Nur: In anderen Kantonen sind die Prämien zwar auch gestiegen, die Strompreise allerdings nicht so wie im Einzugsgebiet des Versorgers Primeo Energie mit Sitz in Münchenstein BL. Wer von dort Strom bezieht, zahlt nächstes Jahr 46 Prozent mehr.

Einkauf am Strommarkt

Auf Anfrage von Blick heisst es beim Versorger: «Primeo Energie verfügt über wenig Eigenproduktion und beschafft somit einen Grossteil des Strombedarfs an den Börsen.» Als Folge der rekordhohen Grosshandelspreise habe Primeo Energie, wie viele andere Schweizer Versorgungsunternehmen auch, den Strompreis deutlich anheben müssen, heisst es weiter. Allerdings liegt die Erhöhung klar über dem Schweizer Durchschnitt.

Der Erklärungsbedarf gegenüber den Kunden sei gross, es habe viele Fragen rund um die Strompreiserhöhung gegeben, schreibt Primeo Energie. Fragen dürfte es in der Bevölkerung auch zum überdurchschnittlichen Anstieg der Krankenkassenprämien geben. «Baselland hat sich bei den Gesundheitskosten in den letzten Jahren immer mehr Basel-Stadt angenähert», erklärt Gesundheitsexperte Felix Schneuwly (62). Das zeigt sich gerade in Gemeinden wie Binningen, Birsfelden, Münchenstein, Muttenz oder Reinach, die im Speckgürtel der Grossstadt liegen.

«Ich verfluche die Politiker»

Mahir Halgür (35) aus Reinach BL: «Es kommt auf die Politiker an, damit sich etwas ändert. Wir wollen arbeiten, wir wollen etwas verdienen, wir wollen uns etwas leisten. Wieso muss die Gesellschaft bestraft werden? Ich habe eine sechsköpfige Familie und nur ich verdiene. Ich weiss nicht, wo ich noch sparen soll. Die einzige Möglichkeit ist, nach Deutschland einkaufen zu gehen. Aber alles bekommt man nicht in Deutschland. Ich verfluche die Politiker. Ich würde gerne selber in die Politik gehen und mal gründlich aufräumen. Irgendwo muss es eine Grenze geben. Ich glaube, diese Teuerung wird die Menschen auf die Strasse treiben. Dann wird es Proteste geben.»

Roman Meuri (56) aus Reinach BL: «Ich habe nicht gewusst, dass der Strompreis um 46 Prozent erhöht wird. Ich weiss nicht, wie ich das finanzieren soll. Ich konsumiere zwar nicht so viel Strom, trotzdem betrifft es mich. Bei den Lebensmitteln kann ich den Gürtel enger schnallen. Das ist das Einzige, was mir in den Sinn kommt, um noch mehr zu sparen. Ich weiss aber ehrlich gesagt nicht wirklich, wo ich noch sparen soll. Ich lebe schon unter dem existenziellen Minimum. Jetzt muss sich etwas ändern. Wenn die Nationalbank ihre Kellertüren öffnen würde, könnten wir alle mit 50 in den Ruhestand gehen. Die Teuerung der Krankenkasse kann schwierig werden. Das könnte soziale Unruhe geben. Unsere Politiker sollten mit Ideen kommen, die die Lage verbessern.

Mahir Halgür (35) aus Reinach BL

Mahir Halgür (35) aus Reinach BL: «Es kommt auf die Politiker an, damit sich etwas ändert. Wir wollen arbeiten, wir wollen etwas verdienen, wir wollen uns etwas leisten. Wieso muss die Gesellschaft bestraft werden? Ich habe eine sechsköpfige Familie und nur ich verdiene. Ich weiss nicht, wo ich noch sparen soll. Die einzige Möglichkeit ist, nach Deutschland einkaufen zu gehen. Aber alles bekommt man nicht in Deutschland. Ich verfluche die Politiker. Ich würde gerne selber in die Politik gehen und mal gründlich aufräumen. Irgendwo muss es eine Grenze geben. Ich glaube, diese Teuerung wird die Menschen auf die Strasse treiben. Dann wird es Proteste geben.»

Roman Meuri (56) aus Reinach BL: «Ich habe nicht gewusst, dass der Strompreis um 46 Prozent erhöht wird. Ich weiss nicht, wie ich das finanzieren soll. Ich konsumiere zwar nicht so viel Strom, trotzdem betrifft es mich. Bei den Lebensmitteln kann ich den Gürtel enger schnallen. Das ist das Einzige, was mir in den Sinn kommt, um noch mehr zu sparen. Ich weiss aber ehrlich gesagt nicht wirklich, wo ich noch sparen soll. Ich lebe schon unter dem existenziellen Minimum. Jetzt muss sich etwas ändern. Wenn die Nationalbank ihre Kellertüren öffnen würde, könnten wir alle mit 50 in den Ruhestand gehen. Die Teuerung der Krankenkasse kann schwierig werden. Das könnte soziale Unruhe geben. Unsere Politiker sollten mit Ideen kommen, die die Lage verbessern.

Mehr Medizin in der Agglo

In den ländlichen Gebieten des Kantons sind die Prämien zwar auch gestiegen, liegen aber doch noch etwas tiefer als in der Agglomeration. «Das medizinische Angebot auf dem Land ist kleiner. Zudem sind die sozialen Strukturen stärker. Man hilft sich gegenseitig, hört sich zu oder verrät auch mal ein bewährtes Hausmittelchen.»

Blick hat sich im Baselbiet umgehört, wollte von den Behörden wissen, wie hart der Prämien- und Stromschock die Menschen trifft. «Diese Erhöhungen sind für die Bevölkerung nicht erfreulich», sagt die Gemeinde Binningen. Gerade die Krankenkassenprämien sind für viele eine Belastung: «Die Prämienverbilligungen des Kantons werden den Prämienanstieg kaum ausgleichen. Daher ist es denkbar, dass der Unterstützungsaufwand im nächsten Jahr für die Gemeinde ansteigen wird», befürchtet die Gemeindeverwaltung.

Es braucht Unterstützung

Etwa für Menschen wie Laszlo Banyay (71) aus Reinach BL, der sein Leben lang sparsam gelebt hat. «Ich bin kein grosser Geldausgeber. Trotzdem muss ich nun den Gürtel enger schnallen», sagt er zu Blick TV. Er müsse umziehen und sich eine kleinere Wohnung suchen. «Jetzt kommt noch die Krankenkasse, die teurer wird. Da muss man schon schauen, wie man im Monat durchkommt.»

Der Teuerungsschock trifft nicht alle gleich hart. Doch auch in der reichen Schweiz müssen immer mehr Menschen jeden Rappen umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Das kennt man sonst eher aus anderen Ländern.

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