Der Portugiese António Horta-Osório (56) folgt auf Urs Rohner (61)
Der erste CS-Präsident ohne Schweizer Pass

Damit hat keiner gerechnet: Der Portugiese António Horta-Osório wird der neue Präsident der Schweizer Grossbank Credit Suisse. Der Nachfolger von Urs Rohner hat einen eindrücklichen Leistungsausweis.
Publiziert: 02.12.2020 um 00:20 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2021 um 10:32 Uhr
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Immer für eine Überraschung gut: Als Urs Rohner 2015 Tidjane Thiam als Konzernchef vorstellte, war die Überraschung gross.
Foto: Keystone
Christian Kolbe

Eines muss man Urs Rohner (61) lassen: In Personalfragen ist der aktuelle Präsident der Credit Suisse (CS) ein Magier, zaubert bei Personalien immer mal wieder eine Überraschung aus dem Hut. Das war 2015 bei Tidjane Thiam (58) so. Dass die Geschichte mit dem Konzernchef so enden würde, das konnte damals niemand ahnen. Die Wahl von Thiams Nachfolger Thomas Gottstein (56) war vor allem eine kluge denn eine überraschende: Der Schweizer an der Spitze bringt wieder Ruhe in die Bank.

Nun also António Horta-Osório (56), der im Frühling 2021 die Nachfolge von Rohner als Präsident der CS antreten soll. Ein Portugiese, der es auf dem Finanzplatz London weit gebracht hat, den aber in der Schweiz niemand auf dem Radar hatte. «Das ist eine grosse Überraschung», sagt der Banker und Unternehmer Adriano Lucatelli (54), der beide Grossbanken aus eigener Anschauung kennt. «Horta-Osório bringt alle Anforderungen mit, die es für diesen Job braucht», ist Lucatelli überzeugt. «Er ist ein Banker, der bewiesen hat, dass er in verschiedenen Kulturen und Geschäftsmodellen bestehen kann.»

Spricht fünf Sprachen

Das heisst, er kennt viele Facetten des Bankgeschäfts. Seine Bankkarriere startete er 1987 bei der Citigroup in Portugal. Von 1991 bis 1993 arbeitete er in New York und London als Investmentbanker. 1993 stiess er zur Grupo Santander, für die der leidenschaftliche Taucher und Tennisspieler unter anderem während vier Jahren die Geschäfte von Santander in Brasilien führte und damit Erfahrung in Schwellenländern sammelte.

Ein weit gereister Finanzexperte, der fünf Sprachen spricht, darunter Französisch und Italienisch, dazu Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Im Moment wohnt Horta-Osório mit Familie im Londoner Stadtteil Chelsea. Zusammen mit seiner Frau Ana (56) hat er drei Kinder. Die Familie wird in die Schweiz ziehen, wann und wohin, ist noch offen. Ein kluger Schachzug, denn der Portugiese, der auch schon im Dienst der Bank of England stand, ist der erste CS-Präsident, der keinen Schweizer Pass hat.

Vor- und Nachteil zugleich: Mit dem Überraschungspräsidenten kommt frischer Wind in die Bank. Anderseits ist er mit den Besonderheiten des Schweizer Finanzplatzes wenig vertraut.

Steht zu seinen Schwächen

Sein Meisterstück lieferte er seit 2011 als Konzernchef der Lloyds Banking Group ab – einer Art überdimensionierter Kantonalbank mit grossem Filialnetz und viel Personal. Sein Job: der grosse Abbau nach der Finanzkrise. Bereits nach wenigen Monaten musste die Bank allerdings zwei Monate ohne ihren neuen Chef auskommen.

Dieser lag mit einem Burnout in einer Schlafklinik, schlief mithilfe von Medikamenten tagelang 16 Stunden am Stück. Denn die Probleme seiner Bank hatten ihm buchstäblich den Schlaf geraubt. Doch langfristig machte der Portugiese einen super Job, kaufte sein Finanzinstitut aus den Händen des Staates zurück und hinterlässt nun eine grundsolide Bank.

Ein Befreiungsschlag für Urs Rohner

Diesen Sommer reichte Horta-Osório seinen Rücktritt für 2021 ein. «Ein Ausnahmebanker kündigt seinen Abschied an», titelte die «NZZ» damals. Eine Einschätzung, die Oswald Grübel (77) teilt. «Er ist ein hervorragender Banker, der viel Know-how mitbringt», sagt der ehemalige Chef von CS und UBS zu BLICK.

Die Wahl des Portugiesen, der auch schon als «Mourinho der Finanzwelt» bezeichnet wurde, ist ein Befreiungsschlag für Urs Rohner und kommt zum richtigen Zeitpunkt. Nach der Finanzkrise und mit dem Ende des Bankgeheimnisses brauchte es einen Juristen und Anwalt an der Spitze der CS, um die meisten Altlasten zu beseitigen. Nun übernimmt im Frühling 2021 ein Banker das Präsidium, um die Bank in eine digitale und lukrative Zukunft zu führen.

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