Herr und Frau Schweizer dürften dieses Jahr für ihre Sommerferien tiefer in die Tasche greifen müssen als bisher angenommen. Denn der Schweizer Franken, der lange Zeit nur die Richtung nach oben kannte, schwächelt seit Anfang Jahr sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar. Und eine Trendwende zeichnet sich nicht ab.
Am Mittwochmittag kostete der Euro mit 0,9823 Franken so viel wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Und auch der Dollar zeigt Muskeln: Aktuell wird er bei 0,9067 Franken gehandelt- der höchste Wert seit November 2023. Der Franken hat damit zum Euro seit Jahresanfang mehr als fünf Prozent und zum Dollar gar über sieben Prozent eingebüsst.
Im Jahr 2023 war es noch umgekehrt. Damals gewann der Franken zur Gemeinschaftswährung gut sechs Prozent und zum Dollar fast neun Prozent. Der Euro markierte anfangs Jahr ein Rekordtief bei 0,9267 Franken. Damals hatten wegen Spekulationen über rasche Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) den Franken erstarken lassen, wie es von Raiffeisen heisst.
Mehr zu Geld und Ferien
SNB senkte den Leitzins – Franken gibt nach
Auslöser für die aktuelle Schwäche ist die Schweizerische Nationalbank (SNB). Denn diese senkte in der vergangenen Woche unerwartet ihren Leitzins, nämlich um 0,25 Prozentpunkte auf noch 1,50 Prozent. Dies führte dazu, dass Kapital aus dem Franken in andere höher verzinste Währungen abfloss, denn bei tieferen Zinsen rentieren Anlagen in anderen Währungen besser als in Franken.
Ein schwacher Franken schwächt die Kaufkraft, denn er macht Güter aus dem und im Ausland teurer. Dadurch lohnt sich etwa ein Einkauf ennet der Landesgrenzen nun weniger, zudem werden Ferien im Ausland teurer. Auf der anderen Seite profitiert die inländische Wirtschaft. Denn die zahlreichen exportorientierten Schweizer Unternehmen werden international konkurrenzfähiger, weil ihre Erzeugnisse günstiger werden.
Die Schwäche des Frankens habe bereits im Dezember begonnen, sagte Thomas Stucki, Chefstratege der St. Galler Kantonalbank. Damals habe die SNB signalisiert, dass sie auf weitere Verkäufe von Devisen gegen Franken verzichten werde. «Dies wurde als Signal interpretiert, dass die SNB den Franken aktiv schwächen will», so Stucki. Die Zinssenkung habe diese Einschätzung noch einmal verstärkt.
Ukraine-Krieg drückt auf Euro-Zone
Die Schwäche des Frankens sei allerdings limitiert, so Thomas Flury, Devisenexperte der UBS. Das Währungspaar Euro-Franken könnte seines Erachtens durchaus bis auf Parität gehen. Doch darüber sei die Luft dünn. Denn die Eurozone sei noch immer belastet vom Ukraine-Krieg und sehr schwachem Wachstum. Auch beim Dollar dürfte über 92 Rappen der Verkaufsdruck langsam zunehmen. «Mittelfristig sehen wir den Dollar im Bereich 0,85 bis 0,90 Franken», sagt Flury.
Die heutigen Niveaus dürften noch etwas Bestand haben, sagt Thomas Heller, CIO der Frankfurter Bankgesellschaft. Wenn sich die Zinssenkungen des Fed und der EZB konkretisierten, im Juni oder spätestens im Juli, falle die Belastung für den Franken durch die grössere Zinsdifferenz zusehends weg. «Das dürfte dann auch das Ende der Fahnenstange für den Euro und den Dollar zum Franken sein.» (SDA/AWP/rul)