Raiffeisen hat den Anti-Vincenz gesucht. Und auch den Anti-Gisel. Einen, der die Bank wieder langweilig macht. Die Schlagzeilen zu möglichem Insiderhandel, Helikopterflügen und Bettgeschichten vergessen lässt.
Die Genossenschaftsbank meint, ihn in Heinz Huber (54) gefunden zu haben. Er war bis Montag CEO der Thurgauer Kantonalbank TKB und tritt die Stelle in St. Gallen am 7. Januar an. Das machte Raiffeisen gestern bekannt.
«Ehrlicher Schaffer»
Mit seinem Vorgänger Patrik Gisel (56), der vor anderthalb Wochen wegen seiner Beziehung zu einer Ex-Verwaltungsrätin der Bank zurücktreten musste, verbindet ihn wenig. Höchstens, dass sie in der Freizeit Läufer sind. Für den Halbmarathon brauchen beide gut anderthalb Stunden, das ist aller Ehren wert. Doch selbst wenn Huber im Geschäft alle Ziele pulverisiert, wird er mit 1,5 Millionen Franken deutlich weniger verdienen als Gisel mit zuletzt 1,8 Millionen. Der Fixlohn liegt bei 1,1 Millionen.
«Huber ist ein ehrlicher Schaffer», sagt Immobilien-Jurist Markus Neff (55) auf Anfrage. Er verhandelte in den letzten Jahren mehrmals mit der TKB. «Er ist kein Schönredner, sondern arbeitet ruhig und lösungsorientiert. Genau das braucht Raiffeisen jetzt.»
Zudem passt Hubers Hintergrund: In seinen elf Jahren bei der TKB lernte er das Hypothekengeschäft kennen. Zudem ist Huber Informatik-Experte und gründete 2005 eine eigene Firma. Die Raiffeisen kämpft seit Jahren mit ihrer Informatik.
So langweilig wie sein Name?
Doch wer ist die Person Huber? Party-Bilder von ihm findet man jedenfalls keine. Vor zehn Jahren ist er vom Zürichsee an den Bodensee gezügelt. Ob er Familie hat? Die Beteiligten machen ein Geheimnis daraus. Zu einem Gespräch mit BLICK war er gestern nicht bereit, lässt sich bloss im Communiqué zitieren: «Das Geschäftsmodell von Raiffeisen hat mich seit jeher fasziniert.»
Heinz Huber, so langweilig wie sein Name? Nicht ganz. Zumindest einmal hat er Krallen gezeigt. Die Geschichte: 2010 war die Bank ineffizient. Der damals 38-jährige Peter Hinder übernahm den Laden und trimmte ihn in vier Jahren auf eine Gewinnsteigerung um zwei Drittel.
2014 der Eklat: Hinder musste gehen. «Er ist ein ausgezeichneter Banker», sagt TKB-Präsident René Bock (59) heute rückblickend. «Aber es gab Probleme in Sachen Stil und Empathie. Darum haben wir uns getrennt.» Huber soll einer der Anführer der Palastrevolution gewesen sein – als Hinders Stellvertreter krallte er sich danach dessen Job.
Mit Florett statt dem Zweihänder
Hinder, heute Schweiz-Chef der Deutschen Bank, äussert sich nicht zur Sache. Unter Huber wuchs der Gewinn seitdem deutlich langsamer als unter ihm.
Huber arbeite mit dem Florett statt mit dem Zweihänder, verlautet es aus der Bank. Sein bisheriger Chef Bock verteidigt ihn: «Er hat einen guten Job gemacht, wir verlieren ihn nicht gern.» Dafür freut sich Raiffeisen: Nach Neu-Präsident Lachappelle (57) von der Basler Kantonalbank hat sie den nächsten CEO von der Konkurrenz im Hypotheken-Markt losgeeist.