Jeder Finanzchef träumt davon, ein Rekordgewinn einzufahren. Swiss-CFO Markus Binkert (52) ist das 2023 gelungen. Doch die Swiss-Gäste bekommen das zu spüren: Die Lufthansa-Tochter knausert beim Service, auf der Kurzstrecke gibts nur noch Wasser und Schoggi gratis. Mit seinem Abgang verliert die Geschäftsleitung an Swissness: Binkerts Nachfolger kommt aus Deutschland von der Lufthansa-Gruppe. Nach wie vor unklar ist, wer auf CEO Dieter Vranckx (51) folgen wird.
Blick: Herr Binkert, Sie hatten am Freitag Ihren letzten Arbeitstag. Warum verlassen Sie die Swiss?
Markus Binkert: Ich habe 19 wunderbare Jahre in ganz unterschiedlichen Funktionen bei der Swiss verbracht. Jetzt bin ich Anfang 50 und möchte nochmals etwas Neues machen. Ich freue mich sehr darauf.
Wie geht es für Sie weiter?
Ich werde CEO der SV Group, die ein breites Portfolio an Gastronomie- und Hoteldienstleistungen anbietet. Sie betreibt öffentliche Restaurants und Hotels, Restaurants für Mitarbeitende und Schulmensen, ist aber zum Beispiel auch für die Gastronomie in der Swiss Life Arena in Zürich verantwortlich.
Ihr Mutterkonzern prüft, ob die Lufthansa in der Holzklasse wieder kostenlosen Kaffee anbieten soll. Warum machen Sie den Swiss-Kunden nicht ein ähnliches Abschiedsgeschenk?
Aktuell sind keine solchen Testläufe bei Swiss geplant. Wir stehen jedoch im engen Austausch mit unseren Kolleginnen und Kollegen bei der Lufthansa und sind gespannt auf die Resultate.
Gut betuchte Vielflieger lästern darüber, dass die Lufthansa keinen teuren Laurent Perrier mehr in der First Class anbietet, sondern einen 70-Franken-Champagner. Wird Swiss beim Cüpli ebenfalls sparen?
Aktuell bieten wir in der First Class die Cuvée Louise von Pommery an, einen meiner absoluten Lieblingschampagner (Kosten: rund 200 Franken, Anmerkung der Redaktion). Es ist kein Wechsel geplant.
Markus Binkert (52) kam über Umwege zur Swiss: Zunächst lernte er Hotelier an der altehrwürdigen Ecole Hotelière de Lausanne. Später war er Manager im «Mandarin Oriental» in Hongkong, London und New York. Danach wechselte er zur Unternehmensberatung Bain und kam 2005 zur Swiss. Nach einem Ausflug zur Lufthansa-Gruppe wurde Binkert 2020 Swiss-Finanzchef. Der Schweizer ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Markus Binkert (52) kam über Umwege zur Swiss: Zunächst lernte er Hotelier an der altehrwürdigen Ecole Hotelière de Lausanne. Später war er Manager im «Mandarin Oriental» in Hongkong, London und New York. Danach wechselte er zur Unternehmensberatung Bain und kam 2005 zur Swiss. Nach einem Ausflug zur Lufthansa-Gruppe wurde Binkert 2020 Swiss-Finanzchef. Der Schweizer ist verheiratet und hat zwei Kinder.
In der Holzklasse gibts auf der Swiss-Kurzstrecke nur noch Wasser gratis. Passt das zum Anspruch, eine Premium-Airline zu sein?
Früher haben wir Sandwiches ausgeteilt, doch nicht jeder hatte zum Beispiel Lust auf ein Käse-Sandwich. Heute können unsere Kundinnen und Kunden hochwertige Sprüngli-Produkte kaufen.
Die Sommersaison steht vor der Tür. Ihr Anliegen?
Wir müssen zusammen mit unseren Partnern das Thema Pünktlichkeit verbessern. Dafür haben wir extrem viel in Bewegung gesetzt.
Und wenn es trotzdem nicht klappt: Zahlen Sie Entschädigungen, wie es die Europäische Union verlangt – also bis zu knapp 600 Franken?
Wir halten uns an das geltende Recht. Im Jahr 2023 haben wir rund 12 Millionen Schweizer Franken an Entschädigungszahlungen geleistet.
Sie wurden im März 2020 Finanzchef der Swiss, also pünktlich zur Pandemie. Teile der Gewerkschaften werfen Ihnen vor, die Situation ausgenutzt haben: Auf der einen Seite haben Sie Bundesgarantien in Anspruch genommen. Auf der anderen Seite gab es Umstrukturierungen und Massenentlassungen.
Die Krise hat uns ohne Schuld getroffen. Wir durften von heute auf morgen nicht mehr fliegen. Wir sind dem Bund sehr dankbar, dass er uns zusammen mit den Banken die benötigte Liquidität zur Verfügung gestellt hat. Dadurch konnten wir einen Grossteil der Arbeitsplätze in der Schweiz sichern. Uns geht es mittlerweile finanziell wieder gut, wir bieten jedoch weiterhin noch nicht die Kapazität von 2019 an.
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Trotzdem haben Sie letztes Jahr einen Rekordgewinn eingefahren. Warum haben Sie nicht alle Mitarbeitende durch die Krise gefüttert?
Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wir wussten 2020 nicht, wie lange der Lockdown dauern und wie viele Wellen es geben würde. Es war unsere Aufgabe, den Fortbestand der Swiss zu sichern.
Nach Streiks hat die Swiss-Schwester Austrian eine Lohnerhöhung von knapp 20 Prozent durchgesetzt. Machen die Swiss-Mitarbeitenden keine Gehaltssprünge, weil sie zu nett sind und nicht streiken?
Es gibt hierzu Unterschiede zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich. Wir sind froh, dass Streiks bei uns nicht stattfinden und Lösungen für Lohnerhöhungen am Verhandlungstisch gefunden werden. Im Januar haben wir zum Beispiel das Basissalär für die Kabine um 400 Franken erhöht. Alle Mitarbeitenden profitieren zudem durch variable Vergütung und Einmalzahlungen vom Unternehmenserfolg. 2023 beliefen sich diese Zahlungen auf knapp 135 Millionen Franken. Diesen Betrag haben wir sehr gern gezahlt, unsere Mitarbeitenden haben ihn verdient.
Zum Abschluss Ihrer Swiss-Karriere hatten Sie ein Highlight: Sie haben Anfang Mai den neuen Direktflug Zürich-Seoul eröffnet. Kommt jetzt mehr K-Pop in die Schweiz?
Südkorea ist ein faszinierendes Land und ich freue mich sehr, dass wir nach der Pandemie endlich wieder neue Strecken eröffnen können. Die Schweiz und Südkorea verbindet viel – nicht zuletzt der Brienzersee im Berner Oberland. Dank einer Netflix-Serie ist Iseltwald für Menschen in Südkorea ein echtes Highlight.