Corona trifft die Schwächsten hart. Quarantäne bei Einreise, Abstandsregeln, Schutzkonzepte, Rezession: Das ist ein Giftcocktail für die Wirtschaft. Die Unsicherheit bei den Arbeitgebern ist riesig und bedroht unterm Strich auch sozialpolitische Errungenschaften. Das sagt CVP-Nationalrat Christian Lohr (58).
Kritisch sieht er insbesondere die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt. Das war in den letzten Dekaden ein Schwerpunkt seiner politischen Arbeit. Immer wieder war er im Gespräch mit hiesigen Arbeitgebern.
Lohr, der auch Co-Vizepräsident der Behindertenorganisation Pro Infirmis ist, hat darauf hingewirkt, dass immer mehr Behinderte im normalen Arbeitsmarkt mitwirken. Mit Erfolg. Knapp 216'000 Personen in der Schweiz beziehen heute eine IV-Rente. Die Zahl ist seit Jahren rückläufig, trotz Bevölkerungswachstum. Der Grund: Viele IV-Rentner haben eine Anstellung gefunden und sind nicht mehr auf Zahlungen vom Staat angewiesen.
Entlastung für IV-Kasse
Das entlastet langfristig die IV-Kasse und sorgt bei den Betroffenen für mehr Zufriedenheit. Nur: «Jetzt laufen wir Gefahr, dass wir mehrere Schritte zurück machen», so Lohr.
Corona hat die Situation auf dem Arbeitsmarkt massiv verschärft. Zehntausende Jobs sind schon weg, zahlreiche weitere stehen auf der Kippe. Allerorts werden Jobs gestrichen. In dieser Situation gehen kaum Türen auf für neue Integrationsprojekte. «Das ist Fakt», sagt Lohr.
Was muss man jetzt tun? Wer ist in der Pflicht? Der Staat? Die Arbeitgeber? Der Gesetzgeber? Der CVP-Mann aus dem Thurgau spricht sich für eine vernünftige Gangart aus. «Wir müssen die Realität auf dem Arbeitsmarkt akzeptieren», sagt er. «Gleichzeitig müssen wir immer wieder das Gespräch mit der Wirtschaft suchen.»
Appel an die Arbeitgeber
Er appelliert an die Verantwortung der Arbeitgeber – und unterstreicht die Fähigkeiten der Behinderten. Lohr spricht von sozialen Fähigkeiten, welche behinderte Personen mitbringen. Er spricht aber auch von neuen Chancen, das fachliche Potenzial auszuschöpfen.
Homeoffice sei nicht nur ein Problem bei der Integration, sondern auch eine Option für die Einbindung von Personen mit einer eingeschränkten Mobilität.
Den Betroffenen selbst spricht er Mut zu. «Lasst euch nicht unterkriegen», sagt er, der seit 58 Jahren mit körperlichen Einschränkungen lebt, weil seine Mutter damals vor seiner Geburt ein vermeintlich harmloses Beruhigungsmittel verordnet bekam – Contergan. Die Folge: schwere Missbildungen.
Lohr hat trotzdem viel erreicht. Und aus eigener Erfahrung weiss er, was nötig ist: «Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben.»