Coop dominiert Gastro-Grosshandel mit Transgourmet – jetzt wehren sich Wirte wie Maurus Ebneter
«Das ist eine schlechte Nachricht für Schweizer Konsumenten»

Die Coop-Tochter Transgourmet ist die dominierende Schweizer Gastrolieferantin. Per Übernahme wird sie noch grösser. Bei den Wirten ist der Ärger gross. Nun regt sich Widerstand.
Publiziert: 12.09.2024 um 18:56 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2024 um 10:59 Uhr
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Transgourmet-Lastwagen in Zürich: Die Coop-Tochter wird manchen Schweizer Gastronomen zu mächtig.
Foto: Pius Koller

Auf einen Blick

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Andreas Güntert
Handelszeitung

Coop-Supermärkte und Coop-City-Warenhäuser. Interdiscount, Jumbo, Fust: Die Basler Coop-Gruppe prägt das tägliche Schweizer Konsumleben mit ihren bekannten Marken und Formaten. Was weniger bekannt ist: Ein Drittel des Coop-Umsatzes von 34,7 Milliarden Franken stammt aus einem Bereich, den man als Konsument kaum wahrnimmt.

11,4 Milliarden Franken erwirtschaftet die Coop-Gruppe europaweit im sogenannten Belieferungsgrosshandel. Die Coop-Tochter Transgourmet versorgt Restaurants, Hotels und Kantinen, aber auch Heime, Spitäler und weitere Kunden mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Früchten und allem anderen, was diese für ihre Gäste verarbeiten und anbieten. Diese Grosshandelssparte – quasi der Backstage-Bereich im Coop-Konzert – ist neben dem Detailhandel das zweite Standbein der Basler und macht dem Konzern seit der Pandemie wieder viel Freude.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Aber das Unternehmen mit dem rot-weissen Besteck im Logo macht auch Angst. Vielen Schweizer Gastronomen ist Coops Grosshandelssparte zu dominant. Und zu hungrig: Als Mitte August bekannt wurde, dass Transgourmet Schweiz – hierzulande unangefochtener Marktführer – die Mitbewerberin Saviva übernimmt, stiess das vielen Wirten sauer auf.

Stellvertretend für Beizer, die die Faust im Sack machen, lancierte Maurus Ebneter auf dem Businessnetzwerk Linkedin eine Debatte. Als Titel setzte der Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt: «Die Saviva-Übernahme durch Transgourmet ist eine schlechte Nachricht für das Gastgewerbe und die Konsumenten in der Schweiz».

«Transgourmet ist zu gross für die kleine Schweiz»

Ebneter, der im Vorstand des nationalen Verbands Gastrouisse als Trésorier wirkt, erklärt seinen Ärger so: «Der Zusammenschluss von Transgourmet und Saviva erhöht die Gefahr, dass Sortimente mittel- und langfristig ausgedünnt und die Preise erhöht werden.» Ebneters Protest-Post löste 16’000 Aufrufe aus und fand in Wirtekreisen offline und online viel Zuspruch.

Die groben Umsatzdimensionen zeigen, was Gastronomen nervös macht: Mit Gesamtverkäufen von 1,8 Milliarden Franken (per 2023) ist Transgourmet gemäss den Zahlen der Marktforscher von GFK Switzerland im Schweizer Grosshandel der dominante Player. Als Nummer zwei ist Pistor mit 796 Millionen Franken nicht einmal halb so gross. Durch den Zukauf der geschätzten 300 bis 350 Umsatz-Millionen von Saviva macht Transgourmet Schweiz nun deutlich über zwei Milliarden Franken Umsatz. Für Ebneter ist der Fall klar: «Transgourmet ist zu gross für die kleine Schweiz.»

Sukkurs erhält der Gastroprofi, der sich in der Vergangenheit auch gegen hohe Schweizer Preise von Coca-Cola wehrte, von Peter Herzog. Der langjährige Schweizer Gastronomieberater kann die Unzufriedenheit vieler Wirtinnen und Wirte gut verstehen: «Durch diese Übernahme entsteht in der Schweiz nun ein Quasimonopol.» Landesweit tätige Gastronomen hätten nur noch ein massgebliches Gegenüber, sagt Herzog.

Bei Transgourmet versucht man, die Bedenken zu zerstreuen. «Wir verstehen, dass Veränderungen im Markt Fragen und Unsicherheiten aufwerfen können», sagt eine Mediensprecherin. Ziel der Saviva-Übernahme sei es, «durch Synergien und eine effizientere Logistik noch besser auf die Bedürfnisse der Branche eingehen zu können.» Der Wettbewerb im Schweizer Markt bleibe bestehen und sie seien überzeugt, «dass wir gemeinsam sowohl ein besseres Angebot als auch bessere Preise bieten können». Herzog ist davon nicht überzeugt: «Auch wenn Transgourmet grundsätzlich als faires Unternehmen geschätzt wird, ist diese neue Dominanz keine befriedigende Situation. Und dem Wettbewerb nützt es auch nicht.»

In der Onlinedebatte vertritt auch Hans-Peter Oettli, Präsident des Verbands Cafetiersuisse, diese Sicht: «Mit dem Zusammengehen von Transgourmet und Saviva entsteht eine marktbeherrschende Stellung.»

Weko segnete den Saviva-Deal ab

Macht der Saviva-Deal Transgourmet zum wettbewerbsverzerrenden Marktdominator? Die Wettbewerbskommission (Weko) schaute sich die Übernahme an. Resultat der Prüfung: «Die Weko prüfte den Zusammenschluss und liess ihn im Rahmen einer einmonatigen vorläufigen Prüfung beziehungsweise ohne viermonatige vertiefte Prüfung zu», meldet die Pressestelle.

In der Weko-Begründung heisst es unter anderem, dass die beiden Parteien ihren Anteil auf dem schweizweiten absatzseitigen Grosshandelsmarkt auf 10 bis 20 Prozent schätzen. Was die Wettbewerbshüter unter anderem dazu brachte, in diesen Zusammenschluss keine Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auszumachen.

Ebneter sieht es anders: «Im Bereich des Liefergrosshandels mit Vollsortiment halte ich Transgourmet für marktbeherrschend.» Die Weko, so der Gastro-Profi, «bezieht lokale und auf einzelne Warengruppen spezialisierte Grossisten ein, was das Bild verzerrt.» So sehen das auch andere Gastronomen, die ihren Namen nicht in der Zeitung sehen wollen. Zwar gebe es in der Schweiz eine regionale Vielfalt an Anbietern, doch wer landesweit tätig sei, sehe sich nun einem allzu grossen Grosshändler gegenüber.

In Ebneters Fazit könne auch eine auf dem Papier starke Nummer zwei hier nicht Remedur schaffen: «Tatsache ist jedenfalls, dass der härteste und aggressivste Konkurrent von Transgourmet im Lieferbereich verschwindet. Pistor kann hier nur beschränkt in die Lücke springen, da sie logistisch und bei vielen Frischwaren nicht mithalten kann.» Ebneter und seine Leidensgenossen bleiben wachsam.

Damit Transgourmet nicht zum helvetischen Transgourmand wird.

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