Die chinesische Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf. Wie das Pekinger Statistikamt am Mittwoch mitteilte, beschleunigte sich das Wachstum im vierten Quartal 2023 auf ein Jahresplus von 5,2 Prozent. Damit wurde das offizielle Wachstumsziel der Regierung leicht übertroffen.
Allerdings bleibt die Erholung nach der Corona-Pandemie fragil. Ausländische Unternehmen hoffen, dass Peking der Wirtschaft unter die Arme greift – und sich um die grössten Baustellen der zweitgrössten Volkswirtschaft kümmert:
Die Immobilienkrise
Die Immobilienkrise in China zeigt weiterhin ihre Wirkung. Grosse Immobilienentwickler stehen vor massiven Schuldenproblemen, die Risiken für das Bankensystem und die breitere Wirtschaft bergen. Allein der chinesische Immobilienriese Evergrande hat Schulden in Höhe von mehr als 300 Milliarden US-Dollar (rund 259 Milliarden Franken) angehäuft.
Im Januar 2022 kündigte das Unternehmen einen Restrukturierungsplan an, konnte sich aber bisher nicht mit seinen Gläubigern einigen. Der nächste Gerichtstermin steht Ende Januar an. Peking versucht zwar, den Markt zu stabilisieren, doch die Aussichten bleiben ungewiss.
Die Chinesen geben kein Geld aus
Auch weil ihre Wohnungen plötzlich weniger wert sind, halten sich viele Chinesen beim Geldausgeben zurück. Das zeigt sich sowohl an der Ladenkasse als auch bei grösseren Anschaffungen, die wegen der bestehenden Unsicherheiten aufgeschoben werden.
Der Konsum erholt sich nach der Corona-Pandemie langsamer, als es die chinesischen Wirtschaftsplaner gehofft hatten. Unternehmen in Europa stellen sich auf eine Fortsetzung der Hängepartie ein.
Die Gefahr der Deflation
Vor dem Hintergrund der geringen Nachfrage sind die Verbraucherpreise in China im Dezember im Jahresvergleich um 0,3 Prozent gesunken. Es war bereits der dritte Monat in Folge mit einem Minus. Ökonomen sehen in dem Trend ein Warnzeichen, dass China in eine längerfristige Deflation rutschen könnte.
Deflation ist das Gegenteil von Inflation und bezeichnet den Rückgang des allgemeinen Preisniveaus. Ein Preisverfall auf breiter Ebene entsteht, wenn sich Verbraucher in Erwartung immer weiter sinkender Preise mit Käufen zurückhalten, was wiederum Umsatz, Gewinn und Investitionen von Unternehmen drückt.
Die problematische Demografie
China leidet seit langem unter einem starken Geburtenrückgang und einer Überalterung der Bevölkerung. Die Auswirkungen der jahrzehntelangen «Ein-Kind-Politik» werden jedoch immer deutlicher. Bereits das zweite Jahr in Folge ging die Bevölkerung im vergangenen Jahr zurück, wie das Pekinger Statistikbüro am Montag berichtete.
9,02 Millionen Babys kamen in China noch zur Welt. Gleichzeitig stieg die Zahl der Todesfälle auf 11,1 Millionen. Die Lockerung der umstrittenen Geburtenkontrolle hat seit 2016 nur kurzfristig zu einem leichten Anstieg der Geburtenzahlen geführt.
Experten sehen in den hohen Kosten für Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung in China sowie in der sinkenden Heiratsbereitschaft die eigentlichen Gründe für die besorgniserregende Entwicklung.
Der Angstgegner Donald Trump
Unsicherheiten ergeben sich für die chinesische Wirtschaft auch durch die geopolitische Lage. Die chinesische Industrie leidet unter der Blockbildung zwischen Ost und West. So hat Washington etwa im Wettlauf um die Entwicklung Künstlicher Intelligenz verschärfte Restriktionen für Chiplieferungen nach China beschlossen.
Hinzu kommt, dass in den USA in diesem Jahr Wahlen anstehen. Sowohl Republikaner als auch Demokraten schlagen dann für gewöhnlich besonders harte Töne gegen China an. Besonders bitter dürfte es für Peking werden, sollte Donald Trump erneut ins Weisse Haus einziehen. Er war in seiner Amtszeit der Auslöser für die deutlich härtere Gangart gegenüber China. (SDA/wgr)