Darum gehts
Es ist der Deal seines Lebens: Barend Fruithof, CEO und Co-Aktionär des Schweizer Spezialfahrzeugherstellers Aebi Schmidt, will in den kommenden Monaten die Übernahme des US-Konkurrenten Shyft über die Bühne bringen. Damit kann Aebi Schmidt seinen Umsatz auf 2 Milliarden Dollar verdoppeln und kommt zu einer Börsenkotierung an der US-Börse Nasdaq. Aebi Schmidt ist derzeit die Erfolgsstory im Reich von Peter Spuhler, der mit 66 Prozent Anteil der dominierende Aktionär des Herstellers von Kehrmaschinen und Schneeräumfahrzeugen ist. Der Mann hinter dem Erfolg ist sein Freund Barend Fruithof. Der Ex-Banker empfängt die Handelszeitung im wenig mondänen Firmensitz in Zürich-Oerlikon.
Donald Trump zerstört gerade das Freihandelssystem mit Strafzöllen. Und ausgerechnet jetzt wagen Sie mit Shyft eine transatlantische Transaktion. Ist das eine gute Idee?
Barend Fruithof: Die Idee ist nach wie vor gut. Wir machen unsere Entscheidungen nicht von einem Präsidenten abhängig, sondern vom Marktpotenzial. Und das ist weiterhin vorhanden, wie die Zahlen belegen. Vor acht Jahren hat Aebi Schmidt in den USA 50 Millionen Dollar Umsatz gemacht, im vergangenen Jahr waren es 600 Millionen. Doch im Unterschied zur Bankenbranche sind die Margen im Industriegeschäft in den USA höher als in Europa. Und das Potenzial dort ist längst nicht ausgeschöpft.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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Mag sein, aber die Zölle belasten die Lieferketten. Wie stark trifft das Aebi Schmidt?
Das evaluieren wir gerade. Unser Vorteil ist, dass unsere Auftragsbücher gut gefüllt sind. Wir haben daher wichtige Rohwaren wie Stahl bereits zu garantierten Preisen eingekauft.
Müssten Ihre Stahlzulieferer allfällige Zölle tragen?
Das prüfen wir jetzt, aber ich gehe davon aus, dass unsere Verträge hier keine Lücken aufweisen. Zudem werden uns Zölle auch nicht zu hart treffen, weil wir schon jetzt für viele Aufträge den Buy American Act erfüllen. Der schreibt uns vor, dass wir mindestens 60 Prozent unserer Komponenten in den USA kaufen müssen.
Dennoch könnten Ihre Einkaufspreise für andere Komponenten steigen ...
Natürlich beziehen wir auch Komponenten aus dem Ausland, bei denen ein Zulieferer Vorleistungen zum Beispiel aus China bezieht. Wir haben jedoch Erfahrungen mit volatilen Zeiten, wie etwa mit Covid oder dem Angriffskrieg Russlands. Da stiegen die Preise jeweils auch. Und gerade im US-Geschäft gelingt es in der Regel, höhere Einkaufspreise auf die Produktpreise umzulegen. Die Zollfrage bringt mich also nicht um den Schlaf. Möglicherweise könnten wir in bestimmten Geschäftsbereichen sogar von den Zöllen profitieren.
Wie das denn?
Nehmen Sie unser Flughafengeschäft. Rund 30 Prozent der US-Flughäfen beziehen keine Gelder von der Bundesbehörde FAA, daher gilt für deren Einkäufe nicht der Buy American Act, weshalb hier europäische Wettbewerber, die nicht in den USA fertigen, bei Ausschreibungen mitbieten können. Und deren Angebote dürften sich wegen der Zölle nun verteuern. Das heisst aber überhaupt nicht, dass ich Fan von Zöllen bin.
Die Zölle sorgen für Verunsicherung, und das ist Gift für die Investitionsbereitschaft. Und gerade Ihr Zukaufsziel Shyft ist mit dem Absatz von Zustellfahrzeugen von der Wirtschaftslage abhängig ...
Auch das besorgt mich nicht sehr. Wir kommen gerade aus einer Phase mit höherer Inflation. Eine Kaufzurückhaltung der Kunden haben wir nicht gespürt. Zudem sind wir in verschiedenen Bereichen tätig. Ein Schneeräumfahrzeug ist ein Sicherheitsequipment. Die Vorschriften verlangen, dass eine Landepiste in dreissig Minuten geräumt sein muss. Umgerechnet heisst das, dass die Fläche eines Fussballfeldes in nur dreissig Sekunden schneefrei sein muss. Hier kann der Airport also nicht sparen, sonst können Flugzeuge dort nicht landen.
Aber das Geschäft mit Truck-Aufbauten dürfte leiden ...
Dieses Geschäft ist etwas volatiler, macht aber nur 20 Prozent unseres heutigen US-Umsatzes aus. Rechnet man den Verkauf der Trailer dazu, sind es 30 Prozent. Aber auch hier können Ersatzinvestitionen nicht ewig aufgeschoben werden. Und auch in der vergangenen Hochzinsphase wuchs unser Truck- und Trailer-Geschäft in den USA. Dank der Übernahme von Shyft werden wir jetzt für ganz neue Kundengruppen interessant.
Für welche?
Es gibt US-Telekom-Anbieter, die haben über 70’000 Service-Trucks im Einsatz. Die kaufen ihre Fahrzeuge nicht bei einem regionalen Anbieter. Mit der Shyft-Transaktion gehören wir zu den drei nationalen Anbietern in diesem Markt und tauchen so bei solchen Grosskunden nun auf der Liste möglicher Zulieferer auf.
Doch warum ist der Aktienpreis von Shyft seit der Übernahmeankündigung um rund 30 Prozent gefallen?
Ich würde da nicht zu viel hineininterpretieren; das hat wohl nicht mit der Übernahme zu tun, sondern mit der allgemeinen Verunsicherung an den Märkten.
Aber müssten Sie jetzt nicht das Aktienumtauschverhältnis neu verhandeln?
Nein. Wir sind Unternehmer, wir schauen nicht auf die kurzfristige Aktienkursentwicklung, sondern auf die langfristigen Perspektiven. Und die sind intakt. Dank Shyft werden wir weltweit zum zweitgrössten Hersteller von Spezialfahrzeugen, wir werden Marktanteile gewinnen können. Zudem lassen sich 30 Millionen Dollar Synergien erzielen.
Wie soll der neue Konzern eigentlich heissen?
Wir arbeiten noch daran. Wir sind auf gutem Weg, dass der Name Aebi Schmidt im neuen Konzernnamen weiterhin vorkommen wird. Und wir wollen auch an den regionalen Marken festhalten.
Dank der Shyft-Übernahme kommt Aebi Schmidt an die heiss ersehnte Börsennotiz, allerdings an der US-Börse Nasdaq. Ist ein Zweitkotierung in der Schweiz geplant?
Das wäre in einem nächsten Schritt allenfalls zu prüfen. Aber das ist im Moment kein Thema. Da die Eigner von Aebi Schmidt am neuen Konzern 52 Prozent halten werden, wäre die Liquidität, die für eine Zweitkotierung nötig wäre, wohl aber eher am unteren Ende.
Durch die Übernahme von Shyft stammt künftig weit über die Hälfte des Umsatzes aus dem US-Geschäft, die Aktie ist in den USA notiert – wird dann auch der Firmensitz in die USA zügeln?
Nein. Wäre die Verlegung des Sitzes in die USA eine Bedingung für die Übernahme gewesen, dann hätten wir den Deal nicht gemacht. Aebi und Schmidt sind Traditionsfirmen mit einer starken lokalen Verwurzelung. Hätten wir den Sitz in die USA verlegt, hätte dies sicher Auswirkungen auf unsere Kunden gehabt. Ausserdem verschafft uns der Standort Schweiz bei der Finanzierung einen Vorteil. Wir bekommen in der Schweiz Finanzierungen zu tiefen und stabilen Zinsen. So haben wir jüngst einen Konsortialkredit über 600 Millionen Franken erhalten, bei dem die UBS bei der Syndizierung den Lead übernommen hat. Und schliesslich bietet der Schweizer Standort steuerliche Vorteile: Wir können die Dividenden aus den Kapitalreserven zahlen, und die bleiben damit steuerfrei.
Auch Sie profitieren: Sie halten künftig rund 5 Prozent an einem börsenkotierten Konzern, dadurch werden Sie zu einem Multimillionär. Was macht das mit Ihnen?
Wir – Peter Spuhler, Gero Büttiker und ich –, die Aktionäre von Aebi Schmidt, machen den Börsengang nicht, um Geld zu verdienen. Wir machen den Börsengang, weil wir so das Geschäft in die nächste Dimension heben können. Dank des Zugangs zum Kapitalmarkt haben wir die Chance, das Unternehmen noch grösser und erfolgreicher zu machen.
Barend Fruithofs Laufbahn ist ungewöhnlich: vom gelernten Landwirt zum Banker und dann zum Industrie-CEO. Seit März 2017 führt er den Spezialfahrzeughersteller Aebi Schmidt. Diesen Posten verdankt er seinem Freund Peter Spuhler. Fruithofs Mission: Er soll aus dem mittelständischen Spezialfahrzeughersteller einen internationalen Player formen, der das Zeug für eine Börsenkotierung hat. Dafür kaufte Fruithof mehrere Firmen zu und steigerte den Umsatz von Aebi Schmidt auf rund 1 Milliarde Franken. Mit dem Shyft-Deal kommt der Konzern nun auch an die Börsennotiz.
Nach der Lehre zum Landwirt stiess Fruithof zum Zürcher Bauernverband. Nach einem MBA startete er seine Karriere als Banker, zunächst bei der Zürcher Kantonalbank. Bei der Raiffeisen Schweiz war er von 2004 bis 2007 Finanzchef. Anschliessend arbeitete er sieben Jahre als Chef des Firmenkundengeschäfts der Credit Suisse Schweiz. 2015 wechselte Fruithof zu Julius Bär und wurde dort Schweiz-Chef. Das Engagement endete aber nach nur einem Jahr. 2017 vertraute ihm Spuhler die Leitung von Aebi Schmidt an und machte ihn dort auch zum Co-Aktionär.
Barend Fruithofs Laufbahn ist ungewöhnlich: vom gelernten Landwirt zum Banker und dann zum Industrie-CEO. Seit März 2017 führt er den Spezialfahrzeughersteller Aebi Schmidt. Diesen Posten verdankt er seinem Freund Peter Spuhler. Fruithofs Mission: Er soll aus dem mittelständischen Spezialfahrzeughersteller einen internationalen Player formen, der das Zeug für eine Börsenkotierung hat. Dafür kaufte Fruithof mehrere Firmen zu und steigerte den Umsatz von Aebi Schmidt auf rund 1 Milliarde Franken. Mit dem Shyft-Deal kommt der Konzern nun auch an die Börsennotiz.
Nach der Lehre zum Landwirt stiess Fruithof zum Zürcher Bauernverband. Nach einem MBA startete er seine Karriere als Banker, zunächst bei der Zürcher Kantonalbank. Bei der Raiffeisen Schweiz war er von 2004 bis 2007 Finanzchef. Anschliessend arbeitete er sieben Jahre als Chef des Firmenkundengeschäfts der Credit Suisse Schweiz. 2015 wechselte Fruithof zu Julius Bär und wurde dort Schweiz-Chef. Das Engagement endete aber nach nur einem Jahr. 2017 vertraute ihm Spuhler die Leitung von Aebi Schmidt an und machte ihn dort auch zum Co-Aktionär.
Der Aktienkurs ist Ihnen egal?
Natürlich nicht! Mein Job ist, Kunden und Mitarbeitende zufrieden zu machen. Dann sind auch die Aktionäre happy. Ich persönlich lebe bereits jetzt schon ganz angenehm.
Ohne Peter Spuhler wären Sie nicht an der Spitze von Aebi Schmidt. Sie beide gelten als das Duo Infernale der Schweizer Industrie. Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?
Das war vor Jahren auf einer Weintour. Damals war ich noch Banker. Wir haben uns immer geschätzt. Er ist ein supersmarter Denker und Unternehmer. Zudem ein sehr guter Stratege, sehr pragmatisch, mit einem guten Gespür für den Markt. Das hat mich immer an ihm fasziniert. Was er an mir schätzt, das müssen Sie schon ihn selbst fragen.
Und die Übernahme von Aebi Schmidt, war das Ihre oder seine Idee?
Peter Spuhlers Grundidee war, aus der Firma mehr zu machen. Sie hatte Topprodukte und Topmitarbeitende. Spuhler sah jedoch, dass noch deutlich mehr möglich war. Seine Idee war, aus dem eher regionalen Player in Europa einen globalen Player zu formen – mit einem starken zweiten Heimatmarkt in den USA. Er hat mich dann gefragt, ob ich den Plausch hätte, das zu machen. Ich habe ihm zugesagt, ihm aber auch erklärt, dass ich gern selbst unternehmerisch tätig sein möchte. Und so haben wir uns gefunden.
Nun sind Sie CEO und Co-Aktionär, er ist Präsident und einer der Hauptaktionäre. Kann man mit seinem Boss befreundet sein?
Diese Firma wird nicht von Peter Spuhler und von mir allein geführt. Er ist ein Teamplayer, das hängt vielleicht auch mit seiner Vergangenheit als Eishockeyspieler zusammen. Peter Spuhler ist nicht jemand, der sagt: «Ihr macht das jetzt so und so.» Wir haben intensive Diskussionen im Verwaltungsrat. Und wir sind nicht immer gleicher Meinung. Aber dann diskutieren wir das aus. Manchmal nehmen wir seinen Weg, manchmal meinen.
Also mehr Sparringspartner als Buddy?
Wir wissen, wie der andere tickt. Und jeder weiss, wer welche Kompetenzen hat. Es ist eine grosse Qualität von Peter Spuhler, dass er die Kompetenzen akzeptiert, die jemand mitbringt. Er hört sehr gut zu, ist ein extrem guter Coach. Wir machen einmal im Jahr auch einen Strategieworkshop im Verwaltungsrat, das ist sehr intensiv, und jeder bringt sich ein. Wir haben einen sehr aktiven Verwaltungsrat mit sehr starkem Teamgeist.
Sie haben mit Spuhler auch bei Swiss Steel zusammengearbeitet, Sie sollten dort Verwaltungsratspräsident werden, bis sich Spuhler im Streit mit Martin Haefner zurückzog. Sind Sie froh darüber? Wegen der Shyft-Übernahme hätten Sie doch gar keine Zeit für andere Jobs?
Es ist eine hypothetische Frage, ob wir den Deal mit Shyft trotzdem gemacht hätten, wenn ich Verwaltungsratspräsident der Swiss Steel geworden wäre. Nur so viel: Ich habe immer Verschiedenes nebeneinander gemacht. Peter Spuhler und ich hatten bei Swiss Steel einen Plan. Den haben die anderen Beteiligten nicht umsetzen wollen. Hauptaktionär Martin Haefner hat dann viel eigenes Geld in die Hand genommen und einen anderen Weg beschritten. Nun wird man sehen, ob sein Plan zum Erfolg führt.
Sprechen Sie mit Spuhler eigentlich auch über seine anderen Beteiligungen wie zum Beispiel Autoneum oder Stadler Rail?
Wir tauschen uns aus, aber das hat natürlich auch seine Grenzen, da diese Firmen an der Börse kotiert sind.
Vor Ihrer Industriekarriere waren Sie Banker, auch bei der Credit Suisse. Die Bank galt als führend im Bereich Firmenkundengeschäft. Wie gross ist hier nun die Lücke?
Also, in diese Debatte, ob da nun ein Loch entstanden ist oder nicht, möchte ich gar nicht einsteigen. Ich fange mal weiter vorn an. Was ist das Erfolgsrezept der Schweiz? Es gibt ein paar politische Faktoren: den liberalen Arbeitsmarkt, den Föderalismus, den Steuerwettbewerb. Das ist das eine.
Und das andere?
Wir haben ein Wirtschaftsmodell aufgebaut, das einmalig ist und dem wir Sorge tragen müssen. Wir haben eine Symbiose aus Finanz- und Werkplatz. Das ist ein starker Erfolgsfaktor. Die Firmen sind nicht nur wegen der günstigen Steuern hier. Sondern auch wegen des starken Finanzplatzes. Dank den hohen Mittelzuflüssen im Private Banking hat die Schweiz im internationalen Vergleich tiefe Zinsen. Und davon profitieren dank günstigen Krediten wiederum die Unternehmen auf dem Werkplatz.
Das Modell ist doch nicht tot, nur weil es die CS nicht mehr gibt?
Nun gibt es aber eine Debatte, welche Konsequenzen aus dem Crash der CS zu ziehen sind, vor allem mit Blick auf die Regulierung. Und hierbei sollte man schauen, dass man durch die Verschärfung der Regulierung das Schweizer Geschäftsmodell nicht kaputtmacht.
Mit der CS fällt aber nun eine Bank weg, die eine internationale Expansion finanzieren kann ...
Genau, und deswegen sollte man der letzten Grossbank die Rahmenbedingungen geben, damit sie weiter mit uns geschäften kann. Wir bei Aebi Schmidt sind das beste Beispiel dafür, dass wir in der Schweiz die UBS brauchen. Denn sie hat den Löwenanteil unseres Konsortialkredites gezeichnet.
Also sind Sie gegen erhöhte Eigenmittelanforderungen, um die UBS sicherer zu machen?
In der Debatte wird jetzt ein Wert von 25 Milliarden Franken herumgereicht, den die UBS zusätzlich an Eigenkapital aufbauen soll. Es muss doch allen klar sein, wer die Kosten für diese zusätzlichen Eigenmittel tragen wird: Das sind wir Kunden. Und das wiederum würde unsere Standortbedingungen deutlich verschlechtern.
Was sagen Sie zum Vorwurf, die UBS nutze ihre Dominanz im Firmenkundengeschäft aus, die sie mit der Übernahme der Credit Suisse erlangt hat?
In unserem Fall hat sie das nicht gemacht. Ob sie das mit anderen macht, weiss ich nicht. Ich glaube, dass sich das jetzt eingependelt hat. Ich glaube, dass die UBS verstanden hat, dass sie dem Schweizer Wirtschaftsstandort Sorge tragen muss. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die UBS international wettbewerbsfähig bleibt. Wir dürfen nicht auch noch diese Bank verlieren.
Ein Wegzug ist doch illusorisch, Swiss Banking funktioniert nur aus der Schweiz heraus.
Das schon, aber sie könnte übernommen werden. Wenn die UBS 25 Milliarden Franken zusätzliches Kapital halten muss, dann wird das den Aktienpreis massiv belasten. Und dann droht die UBS zu einer Übernahmekandidatin zu werden. Ein US-Wettbewerber könnte sie kaufen – und wäre erst noch nicht von den Schweizer Regeln betroffen.
Dennoch muss die Schweiz doch Konsequenzen aus dem CS-Desaster ziehen?
Dabei werden oft Äpfel mit Birnen verglichen. Die CS ging unter, weil ihr Geschäftsmodell nicht nachhaltig war und die Kunden das Vertrauen in die Bank verloren haben. Das ist bei der UBS nicht der Fall. Deren Geschäft basiert auf dem risikoarmen Private Banking – die Investmentbank macht nur knapp 30 Prozent der Bilanz aus.
Aber die neue UBS ist fast doppelt so gross wie die Schweizer Wirtschaftsleistung. Das ist doch ein Risiko?
Grösse an sich ist kein Risiko. Die Frage ist, wie die Bank die Risikoallokation vornimmt. Die ist bei der UBS viel ausgewogener, als sie es bei der CS je war.
Sie reden schon wie Sergio Ermotti …
Das ist einfach so.
Aber Ermotti ist irgendwann weg, und was ist, wenn in zehn oder zwanzig Jahren ein neuer CEO bei der UBS wieder bei den Risiken Gas gibt?
Dann muss die Aufsicht einschreiten.
Wie denn? Die Aufsicht sucht den CEO nicht aus.
Es müsste klare Regeln geben, wie die Führungsorgane von Banken zusammengesetzt sein müssen und welche Voraussetzungen hier gelten. Etwa, dass genügend internationale Banking-Erfahrung im Verwaltungsrat vorhanden sein muss. Ein zweiter Punkt wäre, die Risikoallokation zu regulieren. Ein Ansatzpunkt könnte hier sein, dass eine Grossbank nicht mehr als 30 Prozent ihrer risikogewichteten Aktiven in der Investmentbank investieren darf. Wird das Risikoprofil darüber hinaus erhöht, steigen die Eigenmittelanforderungen sofort an.
Welche weiteren Konsequenzen sollten noch aus dem CS-Crash gezogen werden?
Ich halte die Idee der Einführung eines Senior-Manager-Regimes für richtig. Das Management einer Bank muss persönlich leichter zur Verantwortung gezogen werden können. Dann muss die Aufsicht so organisiert sein, dass sie die Geschäftsmodelle und die Risikoallokation einer Bank wirklich beurteilen kann. Ich halte es für vernünftig, die Abwicklungsfähigkeit einer Bank zu erhöhen. Aber das geht nicht nur über mehr Eigenkapital.
Letzte Frage: Sie sind gelernter Landwirt, wurden dann Banker, jetzt leiten Sie einen Industriekonzern. Was kommt als Nächstes? Politiker?
Nein, ich denke, ich bin als Politiker ungeeignet. Ich habe mich eher darauf fokussiert, an den Schnittstellen zur Politik zu arbeiten – zum Beispiel beim Arbeitgeberverband oder jetzt bei Swissmem. Ich glaube, als Politiker wäre ich viel zu ungeduldig.