Chaos-Service der Star Alliance
Passagier strandet am Flughafen von Bogotá

Dank Blick: Gestrandeter Flugpassagier und seine Partnerin erhalten wegen «Fehlbuchung» eine Entschädigungszahlung von der Swiss.
Publiziert: 16.06.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2024 um 14:15 Uhr
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Beim Abschied aus dem Ferienparadies beginnen die Probleme. Simon Peter* und seine Partnerin kommen pünktlich am Check-in im kolumbianischen Provinzflughafen Valledupar an. Die Route: Über Bogotá geht es in gut 17 Stunden wieder nach Hause in die Schweiz. Zuerst bringt sie die kolumbianische Airline Avianca in die Hauptstadt, von dort ein Edelweiss-Flieger direkt nach Zürich.

Es kam anders. Es begann eine regelrechte Irrfahrt, die im Verlauf kafkaeske Züge annahm. Die Probleme begannen, als ihnen der Star-Alliance-Mitarbeiter beim Check-in in Valledupar mitteilte, die Maschine nach Bogotá habe rund 40 Minuten Verspätung. Sie machten sich keine Sorgen, da sie trotz der Verspätung noch genügend Zeit bis zum Anschlussflug hatten. Was sie jedoch stutzig machte, war die Tatsache, dass der Mitarbeiter ihr Gepäck nicht durchchecken wollte. Dem Drängen des Paares, die Koffer bis Zürich weiterzuleiten, kam er nicht nach.

Trotz der zusätzlichen Umstände mit dem Gepäck schafften sie es rechtzeitig zum Check-in für ihren Flug von Bogotá nach Zürich. Doch zu ihrer Überraschung teilte ihnen dort ein Lufthansa-Mitarbeiter mit, dass sie nicht mitfliegen dürften. Er wimmelte sie ab und verwies sie an die Zubringer-Airline, die für die Verspätung verantwortlich sei. Avianca, wohlgemerkt, gehört zur Star Alliance des Lufthansa-Konzerns.

Was Simon Peter und seine Begleiterin nicht wussten: Sie waren bereits Stunden zuvor auf einen anderen Flug über Barcelona nach Zürich umgebucht worden. Das erfuhren sie erst viel später, als ihre Edelweiss-Maschine bereits in der Luft war. Da der Flug via Barcelona erst am nächsten Tag gestartet wäre, bemühten sich die gestrandeten Passagiere um einen Ersatzflug.

Doch niemand wollte ihnen helfen. Ein Mitarbeiter verwies auf einen Chatbot, mit dem man sprechen könne. Auf eigene Faust machte sich das inzwischen ziemlich genervte Paar auf die Suche nach den Büros der Lufthansa am Flughafen, «die wir dann irgendwo im vierten Stock des Flughafengebäudes fanden». Das tippt Simon Peter einige Tage später in das Beschwerdeformular der Swiss ein.

«An eine verschlossene Tür geklopft»

«Wir haben dann an eine verschlossene Türe geklopft, bis uns eine Mitarbeiterin öffnete», schreibt er weiter. Im Büro hätten ein Dutzend Angestellte gesessen und sich ausgelassen unterhalten. Die Dame, die ihnen die Tür öffnete, habe nur gesagt, dass im Gang auf einem Zettel an der Wand eine Telefonnummer der Swiss in der Schweiz stehe. Dort sollten sie ihr Glück versuchen.

Es konnte ihnen tatsächlich ein Swiss-Mitarbeiter weiterhelfen, der sie nach fünf Minuten auf einen Alternativflug über Frankfurt umbuchte. Mit insgesamt zehn Stunden Verspätung kamen sie dann doch in Zürich an.

Noch mehr als die Verspätung ärgert Simon Peter die Verweigerung der Hilfe. «Alle Mitarbeiter der Star Alliance in Bogotá haben sich nicht um uns gekümmert oder waren nicht in der Lage, eine Lösung zu finden. So einen katastrophalen Service habe ich noch nie erlebt», schreibt er in seiner Beschwerde. Dass die Swiss ihre Kunden im Stich lässt, nachdem sie das Chaos selbst verursacht hat, hätte er nicht erwartet.

Nur wenige Tage später erhielt Simon Peter eine Antwort von einem «Customer Feedback Consultant» der Swiss. Dieser schrieb in unverständlichem Beamtendeutsch, dass die Airline sein Entschädigungsgesuch im Zusammenhang mit der EU-Verordnung EU261/2004, Artikel 2b) weder bearbeiten noch eine Rückerstattung für Betreuungsleistungen im Zusammenhang mit der «Flugunregelmässigkeit» anbieten könne.

Swiss hat die Buchung «zu früh» geändert

Anfang Woche stellte Blick der Swiss mehrere Fragen zu diesem Fall. Am Mittwoch teilte ein Swiss-Sprecher mit, dass Consultant gar nicht für den Fall zuständig gewesen wäre, da es sich um einen Edelweiss-Flug handelte. Er gab den Fall an die Swiss-Schwester weiter. Am Freitag klärte ein Edelweiss-Sprecher den Sachverhalt dann wie folgt auf: Die Buchung seitens Swiss sei «zu früh geändert» worden, weil man von einem «Misconnex», einem Nichterreichen des Anschlussfluges, ausgegangen sei.

Und deshalb stehe dem Passagier und seiner Partnerin eine Ausgleichszahlung zu, so der Sprecher. Da die «Fehlbuchung» durch die Swiss erfolgt sei, werde nicht Edelweiss, sondern die Swiss für die «anfallenden Kosten» aufkommen. Wie hoch diese sind, sagte der Sprecher nicht. Simon Peter wurde eine Entschädigung in Aussicht gestellt. Wie hoch diese sein wird, wurde ihm nicht gesagt.

«Drastische Zunahme der Beschwerden»

Die Beschwerden im Zusammenhang mit Flugreisen hätten «drastisch zugenommen», sagt Walter Kunz, Ombudsman Touristik, auf Anfrage mit. Am häufigsten würden sich Passagiere über Verspätungen, Flugausfälle, mangelnde Betreuung vor Ort und Gepäckverlust beschweren. Gründe für die Zunahme sieht Kunz im Personalmangel bei Fluggesellschaften und Flughäfen.

Nach Angaben eines Sprechers des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) hat die Zahl der Beschwerden über Fluggastrechte in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Mit insgesamt 55'078 Klagen im letzten Jahr haben sie aber noch nicht das Niveau von vor Corona erreicht. Insgesamt hat das Bundesamt 2023 62 Bussen wegen Verletzung der Passagierrechte ausgesprochen. Gebüsst werden Fluggesellschaften, wenn sie Passagieren eine Entschädigung verweigern, die diesen gesetzlich zusteht. Das Bazl macht keine Angaben zu einzelnen Fluggesellschaften.

* Name geändert 

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