Dem Mann fiel nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern eine ganze Geröllhalde. Nach langen Monaten des Bangens konnte Globus-Chef Franco Savastano seinen Getreuen am Montag kurz vor der Pranzo-Primetime auf dem Karriere-Netzwerk Linkedin melden: «Central Group wird Globus vollständig übernehmen. Damit ist die Zukunft des führenden Schweizer Warenhauses gesichert!»
Monatelang hatte ein Heer von Beratern mit Tos Chirathivat, dem Chef der thailändischen Central Group, über den Globus-Deal verhandelt. Im Jahr 2020 hatten die Thais die Schweizer Warenhaus-Gruppe hälftig zusammen mit dem Tiroler Unternehmer René Benko von der Migros übernommen. Mit dem Zusammenbruch von Benkos Signa-Gruppe ab Ende 2023 wurde klar, dass es wohl nur die Thais sein könnten, die Benkos Hälfte an Globus übernehmen würden. Deshalb konnten es sich die Drahtzieher der Central Group erlauben, auf Zeit zu spielen und so einen für sich guten Deal herauszuhandeln. Einen Deal notabene, der momentan erst den operativen Globus-Betrieb umfasst, nicht aber die Immobilien.
Teil einer europaweiten Luxuswarenhausgruppe
Der wahre Wert der Globus-Gruppe, darin sind sich Warenhaus- wie Immobilienprofis einig, steckt in den Gebäuden, nicht im operativen Geschäft. Letzteres dürfte den Thais, schätzt ein Profi, «nicht viel mehr als eine symbolische Million Euro» wert gewesen sein. Dies auch deshalb, weil Globus in den roten Zahlen steckt, wie Savastano Ende 2023 in einem TV-Interview eingestand. Damals gab er sich zuversichtlich, die Gewinnzone in zwei bis drei Jahren wieder zu erreichen.
Aus Schweizer Sicht mag Globus eine Ikone der hiesigen Warenhauskultur sein – doch im internationalen Reich der Central Group sind die Schweizer kleinere Player. Immerhin gehören den Thais seit 2011 die italienischen Rinascente-Warenhäuser, ebenso die deutsche Kadewe-Gruppe und die britischen Selfridges-Warenhäuser.
Mit der vollständigen Eingemeindung der Schweizer wird Globus nun definitiv Teil eines kontinentalen Verbunds, der bei Central Group «Luxury Department Store Group» genannt wird. Insgesamt vierzig hoch positionierte Warenhäuser in sieben Ländern umfasst die Gruppe, die vom Schweizer André Maeder geleitet wird. Während die einzelnen Häuser in 36 europäischen Städten ihren lokalen Fokus und ihre Tradition wohl weiterpflegen werden, dürfte es im Backstagebereich darum gehen, Synergien zu heben, also etwa den gemeinsamen Einkauf zu verstärken und gruppenweite Funktionen zu vereinheitlichen.
Konkurrenten lauern allüberall
Wird Globus in dieses europaweite Netz der Luxus-Warenhäuser eingegliedert, dürfte das die bisherige Schweizer Eigenständigkeit einschränken. Dem Vernehmen nach soll sich Helene Budliger Artieda, heutige Seco-Chefin und vormalige Botschafterin in Thailand, in Bangkok für eine starke Rolle Zürichs innerhalb der europäischen Warenhausgruppe eingesetzt haben. Das Rennen wird aber wohl anders laufen. Als Zentralen für die Europa-Aktivitäten sind gemäss engen Beobachtern Mailand – Rinascente ist das älteste europäische Warenhaus-Investment der Central Group – und London gesetzt.
Ein Spaziergang wird es für die Thai-gesteuerte europäische Luxuswarenhausgruppe nicht. Das zeigen nicht nur die roten Zahlen von Globus in der Schweiz, sondern das zeigt sich auch darin, dass touristenabhängige Standorte wie London oder Mailand weiterhin darunter leiden, dass die als «Big Spender» bekannten chinesischen Touristinnen und Touristen noch immer nicht so zahlreich auftreten, wie sie das bis 2019 taten. Um bei der anspruchsvollen Kundschaft begehrenswert zu bleiben, sind ständig neue Investitionen nötig.
Eine spezielle Art der Zusammenarbeit ergibt sich für die luxuriösen Warenhäuser mit den Luxusmarken dieser Welt. Louis Vuitton & Co. steuern zwar ihren Teil an die Investitionen in die Warenhäuser bei, sind mit ihren Monomarken-Boutiquen an den besten City-Lagen aber gleichzeitig auch Konkurrenten von La Rinascente, Selfridges, der Kadewe Group und von Globus. Zu vermuten ist zudem, dass die Thais vor allen an Lagen in Grossstädten interessiert sind. Wie dazu zum Beispiel ein Haus in St. Gallen passt, wird sich noch weisen.
Sehr offline und sehr top-down
In der Online-Welt haben die Warenhäuser der europäischen Central-Group-Warenhäuser bisher keine allzu grossen Stricke zerrissen. Ihr Merkmal ist es vielmehr, die physischen Geschäfte als gehobene Wohlfühlzonen für Gutbetuchte zu positionieren. Das Unternehmen muss hier aufpassen, den Nachwuchs im Bereich Kundschaft nicht an E-Portale wie Mytheresa zu verlieren.
Beim Nachwuchs sehen Warenhaus- und HR-Profis denn auch eine weitere Herausforderung. Die Managementmethoden der Central Group sind bestimmt durch ein striktes Top-down-Regime. Ein Vorgehen, das beim Nachwuchs-Kader der Generationen Y und Z unbeliebt ist. Wenn sich das Unternehmen in Europa verjüngen will, muss es sich den Luxus leisten, vom Top-down-Regime abzurücken.
Warten auf den Immobilien-Deal
Der nun finalisierte Globus-Deal umfasst nur das operative Warenhausgeschäft. Die Besitzverhältnisse bei den Immobilien, in denen die Warenhäuser eingemietet werden, werden zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt. Hinter den Kulissen sind die Arbeiten schon weit gediehen, doch weil hier die Besitz- und Mietverhältnisse kompliziert sind, dürfte hier wohl erst 2025 eine Lösung vorliegen. Eile gibt es nicht, die Mieten werden regelmässig bestritten.
Diverse der neun Schweizer Globus-Geschäfte sind bei Dritten eingemietet, bei Swiss Prime Site, bei Swiss Life und bei Wildegg Immobilien, die der St. Galler Modedynastie Kriemler gehört. Diese Mietverhältnisse laufen weiter.
Hingegen muss in der Zukunft für die Hauptfiliale in Zürich, sowie jene in Basel und Bern eine Lösung über die Eigentümerschaft gefunden werden. Wahrscheinlich ist, dass Central Group das Flaggschiff der Gruppe, das markante Geschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse – interner Name dafür ist «G1» –, voll übernimmt.