Die Hilfsaktion des Bundes für die deutsche Lufthansa-Tochter weckt böse Erinnerungen. Nach dem Swissair-Grounding griff er der Swiss mit über einer Milliarde Franken unter die Flügel – 2005 wurde sie für 310 Millionen Franken an die Lufthansa verscherbelt. Seither lieferte die Airline über 5 Milliarden Franken Gewinne an die Besitzer in Deutschland ab.
Bei der Corona-Hilfe des Bundes soll alles besser sein und die Schweiz von der Staatshilfe profitieren. Der Bund knüpfte seine 1,3-Milliarden-Franken-Bürgschaft für die Lufthansa-Tochter deshalb an Bedingungen für den Luftfahrtstandort Schweiz. Auch damit die Deutschen nicht zulasten von Swiss die Corona-Krise überwinden können.
Lukrative Langstreckenflüge entscheidend für Swiss
Doch wozu genau hat sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr (53) verpflichtet? Das soll unter dem Deckel bleiben, wie BLICK-Recherchen zeigen. Der Kreditvertrag wie auch der Vertrag zu den standortpolitischen Auflagen sind jetzt vom Bund, der Lufthansa und Swiss unterzeichnet, bestätigt Philipp Rohr, Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD). Aber er führt aus: «Die Verträge werden nicht veröffentlicht.»
Bisher gab die Regierung in Bern zu den Bedingungen nur bekannt, dass sich beim Wiederaufbau die Langstreckenziele am Flughafen Zürich proportional zu den Flughäfen Frankfurt und München entwickeln sollen. Doch wie die künftige Profitabilität der Swiss gesichert wird, bleibt unklar. Entscheidend ist etwa, wie stark Swiss die Frequenzen bei den lukrativen Langstreckenverbindungen nach Nordamerika erhöhen kann. Wie das konkret im Standortvertrag sichergestellt wird, möchten auch die Angestelltenverbände der Piloten und des Bodenpersonals wissen.
Ohne Transparenz ist Überprüfung gar nicht möglich
Der Präsident der Gewerkschaft des Bodenpersonals SEV-GATA, Philipp Hadorn (53), fordert: «Der Standortvertrag sollte zumindest den Sozialpartnern en détail bekannt gegeben werden.» Swiss-Sprecherin Karin Müller entgegnet, Swiss habe dem Pilotenverband Aeropers diese Woche die Eckwerte des Vertrags transparent gemacht. Weitere Verbände folgten.
Aeropers-Geschäftsführer Henning Hoffmann (48) genügen die Eckwerte allerdings nicht: «Wir haben ein hohes Interesse am Inhalt der Verträge und etwaiger Bedingungen.»
Transparenz verlangen sowohl der Präsident als auch der Vizepräsident der Verkehrskommissionen von National- und Ständerat, Stefan Engler (60, CVP) und Jon Pult (35, SP). Sie fordern, dass das Parlament die Verträge zur Kontrolle einsehen können muss.
Vertrauensklausel als Hindernis
Dagegen sieht Nationalrat und Linienpilot Thomas Hurter (58, SVP) keinen Grund, den Vertrag publik zu machen. Die Bedingungen, die die Lufthansa erfüllen müsse, damit am Flugverkehrsstandort Schweiz nicht überdurchschnittlich abgebaut werde, seien sehr strikt. «Für die Swiss ist das ein sehr harter Vertrag», erklärt Hurter.
Die Swiss-Sprecherin ergänzt, dass der rund 250-seitige Vertrag einer Vertrauensklausel unterstehe.