Morgen Montag fliegt Bundesrat Guy Parmelin (60) zu einem Arbeitsbesuch nach Berlin. Dort wird er seinen deutschen Amtskollegen Peter Altmaier (62) treffen. Zu den Gesprächsthemen gehören laut Medienmitteilung die «intensiven wirtschaftlichen Beziehungen» der beiden Länder, die Corona-Krise sowie die Europapolitik.
Auf Parmelins Agenda steht aber noch eine weitere, heikle Angelegenheit, wie SonntagsBlick weiss: das Corona-Hilfspaket für die Swiss.
Die Schweiz hat der Fluggesellschaft Kredite von 1,5 Milliarden Franken zugesprochen; Ende April waren die Verhandlungen unter der Leitung von Bundesfinanzdirektor Serge Gaillard (64) unter Dach und Fach.
Nun kursiert in der Verwaltung die Sorge, dass der Schweizer Rettungsplan an Brüssel scheitern könnte. Was nicht an der Schweiz liegt, sondern an den Spannungen innerhalb der EU – und am europäischen Wettbewerbsrecht.
Konkret geht es darum: Deutschland unterstützt die Lufthansa mit insgesamt neun Milliarden Euro. Die EU-Kommission hat die Hilfe aus Berlin Ende Mai nach zähem Ringen bewilligt.
Deutschlands Dominanz wird mit Argwohn betrachtet
Doch der Markteingriff ist in der EU höchst umstritten – obwohl die Wettbewerbshüter für die Limite von neun Milliarden grünes Licht gaben. Deutschlands Dominanz wird mit Argwohn betrachtet, auch in der Aviatik. Die irische Fluggesellschaft Ryanair hat bereits Klage gegen das Hilfspaket eingereicht.
Vor diesem Hintergrund ist sicher: Jede weitere Staatshilfe für die Lufthansa-Gruppe, die über die neun Milliarden hinausgeht, könnte als Verstoss gegen europäisches Wettbewerbsrecht gedeutet werden. Und dem Flugunternehmen ernsthafte Probleme bereiten.
Da die Swiss eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Lufthansa ist, geraten damit auch die 1,5 Milliarden Franken aus der Schweiz ins Visier. Dazu kommen die 600 Millionen Euro aus dem Rettungspaket für die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines, zum Teil aus österreichischen Staatsgeldern.
Noch Anfang Juni beteuerte Berlin zwar, man werde ausländische Hilfen auf das Lufthansa-Paket anrechnen. Und so unter den neun Milliarden bleiben. Doch die Lage verschärfte sich weiter. «Wir werden dieses Volumen tatsächlich brauchen», sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr (53) am Samstag auf die Frage der «NZZ», ob die Lufthansa die ganzen neun Milliarden benötige. Gut möglich also, dass die Schweizer Steuerzahler deutsche Arbeitsplätze retten. Was in Bundesbern für Unmut sorgt.
Als der Schweizer Deal für die Swiss besiegelt wurde, hatte diesen Umstand niemand auf dem Radar. In den vergangenen Tagen allerdings, mit dem Fortschreiten des deutschen Rettungsplans, müssen von der Lufthansa-Spitze andere Signale ausgesendet worden sein.
Der Druck auf die Swiss bleibt
Dass Parmelin am Montagabend mit seinem Amtskollegen die Sache zum Thema macht, bestätigt Sprecher Urs Wiedmer gegenüber SonntagsBlick.
Im Departement von Finanzminister Ueli Maurer (69), in dem das Rettungspaket für die Swiss geschnürt wurde, bleibt man gelassen. Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) habe die Hilfsmassnahmen mit der EU-Kommission geprüft und absegnen lassen. «Unsere Verhandlungen sind abgeschlossen», sagt Ueli Maurers Sprecher Peter Minder.
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Wenn SVP-Magistrat Parmelin am Montag auf CDU-Minister Altmaier trifft, gibt es zumindest einen Grund zur Zuversicht: Den beiden wird ein sehr gutes persönliches Verhältnis nachgesagt. Man kennt sich aus Winternächten in Davos GR.
Schon einmal entpuppte sich dies als Vorteil für die Schweiz. Im März kam es zum offenen Streit, nachdem Berlin die Ausfuhr von Corona-Schutzmaterial gestoppt hatte – bis es den beiden Politikern gelang, den Zwist zu beenden.
Aber auch mit Schweizer Rettung bleibt der Druck auf die Swiss, wirtschaftlich und politisch.
Im Parlament will eine erstarkte Ratslinke mit einem Strauss von Vorstössen die Airline stutzen: SP-Nationalrätin Nadine Masshardt (35) verlangt eine neue Kerosinsteuer. Ihre grüne Ratskollegin Florence Brenzikofer (45) fordert ein Ausbaumoratorium für den Bodenbetrieb. Die Grünen-Fraktion will einen Umwelt-«Masterplan» für die Luftfahrt.
Im Oktober 2019, noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, sagte Swiss-Chef Thomas Klühr (57) im SonntagsBlick: «Wir müssen uns mehr anstrengen, die Bedeutung der Luftfahrt stärker an die Bevölkerung heranzutragen.» Dieser Auftrag wird in nächster Zeit nicht einfacher.