Mit Grossanlässen kennt sich Chris Franzen aus. Als Direktor des Waldorf-Astoria-Resort in Doha war der Walliser im Jahr 2022 hautnah dran an der winterlichen Fussball-WM von Katar.
Seit Anfang April ist Franzen, der schon Hotels in Dubai, Mumbai und Maskat geführt hat, Managing Director des Bürgenstock-Resorts hoch über dem Vierwaldstättersee. Und wieder winkt ein Grossevent: die Ukraine-Friedenskonferenz, die Mitte Juni auf just diesem Berg über die Weltbühne gehen soll.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Ukraine-Friedenskonferenz: Zwei Monate Vorbereitungszeit
Fussball-WM und Ukraine-Weltkonferenz – zwei global beachtete Anlässe, die aber nicht nur aufgrund von Thema und Hosenlänge der Teilnehmenden unterschiedlich seien, sagt der Zermatter Hotelier: «Man kann das nicht vergleichen. Die Fussball-WM konnte man in Katar zehn Jahre lang vorbereiten, hier sind es zwei Monate.»
Zwei Dinge kann Franzen zum Politgipfel heute schon mit Sicherheit sagen. Erstens einmal, dass Bundesbern für Protokoll und Kontrolle auf dem Bürgenstock sorgen wird: «An den zwei Tagen der Konferenz von Mitte Juni wird das Hotel für zwei Tage und zwei Nächte vom Bund übernommen.»
Zweitens: Im Bürgenstock-Resort, das insgesamt 383 Zimmer bietet, werde es in jenen Tagen und Nächten eng, sehr eng sogar: «Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer können wir hier oben aus Platzgründen nicht aufnehmen. Einige davon werden in Luzern oder anderswo am Vierwaldstättersee übernachten. Das wird für die ganze Region eine grosse und einträgliche Sache.»
Mitte Juni ist touristische Hochsaison in Luzern
Wenn man denn Platz findet für alle Beteiligten. Denn in Luzern herrscht im Juni bereits Hochsaison, viele Betriebe sind heute schon stark gebucht. Das weiss man auch bei Luzern Tourismus: «Wir freuen uns, dass die Region Luzern/Vierwaldstättersee die einmalige Chance hat, sich international zu präsentieren.» Allerdings räumt man bei der touristischen Vermarktungsorganisation auch ein: «Es wird logistisch und organisatorisch natürlich auch einige Herausforderungen geben.»
Wie Franzen glaubt man auch bei Luzern Tourismus, dass nicht alle Teilnehmenden auf dem Bürgenstock übernachten können, und man weiss, dass viele Hotels in der Stadt Luzern für Mitte Juni bereits heute sehr gut gebucht sind. Dank den vielen Übernachtungsmöglichkeiten in der Region sei man aber zuversichtlich, für alle eine Lösung zu finden, die eine rechtzeitige Anreise zur Konferenz auf dem Bürgenstock ermöglicht.
Das Herausfordernde an der aktuellen Situation: Hoteliers und touristische Vermarktungsorganisationen können ihre Buchungssysteme in der Regel mit den Daten der Vergangenheit füttern und basierend darauf Nachfrage und Zahlungsbereitschaft für kommende Jahreszeiten und Saisons bis auf die einzelnen Tage recht gut vorhersagen und damit auch berechnen.
Aber ein Grossanlass wie die Ukraine-Friedenskonferenz lässt sich nicht realitätsnah in die Systeme einspeisen, weil es dafür keine oder nur sehr wenig Erfahrungswerte gibt. Letztmals stand der Bürgenstock im Jahr 2004 im Zentrum der politischen Öffentlichkeit, damals mit der Durchführung der weltweit beachteten Zypern-Gespräche.
«Von 100 Röhren noch 43 frei»
Kommt dazu: Dass die Konferenz tatsächlich auf den Bürgenstock kommt, ist erst seit zwei Wochen bekannt. Dass man aktuell noch nicht genau weiss, aus welchen Ländern wie grosse Delegationen teilnehmen werden, macht die Planung noch schwieriger. «Bei uns kommen aktuell massig Juni-Buchungen rein», sagt ein Hotelier, «wir buchen jetzt mal ein, was wir haben, ungeachtet der Ukraine-Konferenz.»
Zur Not müssen Konferenzteilnehmende, so sie in Luzern nächtigen wollen, wohl auf eines der zwei Kapselhotels ausweichen. Der eine Betrieb mit 20 Schlafröhren sei zwar fast schon voll, heisst es seitens der Luzerner Capsule Company, doch beim zweiten Betrieb seien 42 der 80 zwei Quadratmeter kleinen Schlafplätze noch zu haben. Oder, etwas klarer: «Von 100 Röhren noch 43 frei.»
Nach der Hochsaison: Hoffnung für die Nebensaison
Die Zahl der freien Zimmer und freien Röhren wird wohl mit jedem Tag kleiner. Derweil aber wächst die Hoffnung von Bürgenstock-Hotelier Chris Franzen.
Nicht nur für eine erfolgreiche Konferenz, sondern auch für die positiven Effekte, die Public-Relations-(PR-)Wirkung, die sich für die Zeit danach ergeben werde: «Die PR-Wirkung wird sehr gross sein. An Polittouristen und -touristinnen glaube ich weniger, dafür aber sehr viel stärker daran, dass wir einen Aufschwung bei grossen Meetings und Businessanlässen erleben werden, die uns durch die Nebensaison helfen.»
Dort ein Meeting oder eine Tagung abzuhalten, wo – im positivsten aller Fälle – eine historische Einigung erreicht worden ist, das könnte tatsächlich Sogwirkung entfalten. Zumal der Planet während der Ukraine-Konferenz wohl mit attraktiven Bildern vom Bürgenstock geflutet werden wird.
Bürgenstock und seine Katar-Connection
Das Bürgenstock-Resort ist Teil der Katara Hospitality, der in der Schweiz im Rahmen der Bürgenstock Collection weitere Hotels wie der Schweizerhof in Bern oder das Royal Savoy in Lausanne gehören. Die entscheidenden Dinge würden in der katarischen Hauptstadt eingefädelt, sagt Franzen: «Die Bürgenstock Collection hat zwar ein Schweizer Büro in Oberbürgen NW, doch ich rapportiere direkt an Katara Hospitality in Doha.»
Jüngst wurde bekannt, dass der ehemalige Katara-Hospitality-Präsident in einem Korruptionsprozess in seinem Heimatland zu sechs Jahren Haft verurteilt worden ist. Nicht gerade die Sorte News, die man sich auf dem Bürgenstock zwei Wochen vor Beginn der Ukraine-Friedenskonferenz gewünscht hatte. Franzen sagt, dass er nichts Genaueres wisse, weist aber darauf hin, dass der Verurteilte schon länger keine Rolle mehr gespielt habe im Unternehmen: «Scheich Nawaf bin Jassim bin Jabor Al-Thani ist 2021 aus der Katara Hospitality Group ausgeschieden.»