Blick-Leser David S.* staunt, als er Anfang letzter Woche in der Migros einen abgepackten Bio-Broccoli auf die Waage legt. 400 Gramm steht gross auf dem Etikett, das Gemüse ist abgepackt. Drin sind allerdings nur gut 360 Gramm, wie das Display der Waage anzeigt.
Stimmt etwas mit der Waage nicht oder leidet der Broccoli unter Gewichtsverlust? Der Kunde S. ist verdutzt und konfrontiert die Migros via Twitter. Die Detailhändlerin verspricht, die besagten Produkte in der Filiale in Pfäffikon ZH und die Waage zu prüfen.
Unterdessen spricht Blick mit der Migros. Die Detailhändlerin spielt den Fall herunter. Solche Abweichungen bei Naturprodukten seien normal, und Kunden hätten in einem solchen Fall stets das Recht auf ein Ersatzprodukt mit der richtigen Menge. Mit der Waage ist offensichtlich alles in Ordnung. Einige Fragen bleiben dennoch offen.
Nur wegen Wasserverlust?
Die Migros sagt, dass frische Produkte wie Obst oder Gemüse während der Lagerung und dem Transport ständig Wasser verlieren würden. Daher der Gewichtsverlust. Aber wieso rechnet man dann den erwarteten Wasserverlust nicht einfach obendrauf?
Dazu sagt die Migros, dass es klare Gesetze gäbe. Sprich: Es ist geregelt, wie gross die Gewichtsdiskrepanz zwischen Etikette und wahrhaftigem Gewicht der frischen Ware sein darf. «Bei Importprodukten muss die Packung das aufgedruckte Gewicht beim Passieren der Grenze vorweisen, bei Inlandprodukten zum Zeitpunkt des Abpackens», sagt der Sprecher der Migros. Aber darf ein Broccoli im Laden 40 Gramm leichter werden?
Wie gross diese Abweichung rechtlich sein dürfe, beantwortet die Migros auch auf mehrfaches Nachfragen nicht. Da es sich bei besagtem Broccoli aber um ein italienisches Produkt handelt, müsste das Gewicht beim Abpacken in der Schweiz noch 400 Gramm betragen haben. Ein Gewichtsverlust von zehn Prozent innerhalb weniger Stunden scheint unwahrscheinlich. Zumal Obst und Gemüse ja täglich frisch in die Filialen geliefert werden.
Unterschiedliche Erklärungen
Gegenüber David S. erwähnt die Migros via Twitter dann auch mögliche Abpackfehler. «Wir haben die Bestände im Laden kontrolliert und die fehlerhaften Artikel aus den Regalen genommen. Wir geben das Thema an die Fachstelle der Früchte und Gemüse zur Abklärung weiter», schreibt die Migros via Twitter.
Dies führt zu der Frage: Sind solche Abweichungen nun Standard oder nicht? Wären sie Standard, dann müsste die Migros dies wohl nicht an eine Fachstelle zur Prüfung weiterleiten. Weiter impliziert die Twitter-Nachricht der Migros, dass es sich um mehr als nur ein einzelnes Produkt handelt.
Es lohnt sich also, bei abgepacktem Obst und Gemüse genauer hinzuschauen. Oder die Produkte vor dem Kauf noch einmal auf die Waage zu legen.
*Name der Redaktion bekannt