Bereits zum zweiten Mal seit 2008 muss der Schweizer Staat für die Rettung einer Grossbank eingreifen. Dafür stellen sowohl die Schweizerische Nationalbank (SNB) als auch der Bund Milliarden zur Verfügung. Falls die neue XXL-UBS einen Verlust erleidet, müssen auch die Steuerzahler mit neun Milliarden Franken geradestehen.
Da stellt sich die Frage, ob die Verantwortlichen bei der CS nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Schliesslich haben sie jahrelang Boni kassiert.
«Rückwirkend ist bei den Boni sehr wenig möglich», sagt Klaus Wellershoff (59), ehemaliger UBS-Chefökonom und Bankenexperte, gegenüber BlickTV. «Es wird aber in Zukunft sicher eine Bonusregelung geben. Ich hoffe auf eine Strafnorm. Dann könnte man, wenn ein Banker seine Bank an die Wand fährt und der Bund eingreifen muss, mittels Geldstrafe auf seine Boni zurückgreifen.»
Eine Bankenkrise der anderen Art
Dabei sei es aber nicht so einfach, einen Schuldigen zu finden. «Wir sind in einer andersartigen Bankenkrise als 2008», meint der Experte. Damals waren Kreditausfälle das Problem.
«Die Situation jetzt ist entstanden, weil die Nationalbanken die Zinsen viel zu lange sehr tief gehalten haben», sagt Wellershoff. Die tiefen Zinsen hätten das Kreditvolumen und die Bankenbilanzen aufgeblasen. Dann kam die Inflation. «Auch das ist kein Zufall bei den tiefen Zinsen.»
Wellershoff will aber nicht mit dem Finger auf die SNB zeigen. Die Inflationsrate sei hierzulande relativ klein, weshalb die Nationalbank die Zinsen sehr spät angehoben habe. «Darum hatten wir bis jetzt in der Schweiz auch noch kein Bankenproblem – ausser das Vertrauensproblem bei der CS.»
In den USA sei das Problem jedoch klar: Die US-Notenbank Fed stehe im Mittelpunkt der Verantwortlichkeit, so Wellershoff. Auch in Europa ist der Zinsdruck gross: «Es dürfte bei einigen europäischen Banken wackeln.» Denn die steigenden Zinsen zerstören das Eigenkapital und ruinieren so die Bilanzen der Institute.
Kultur der Credit Suisse führte zu vielen Skandalen
In den USA ist es wegen der Krise zur zweit- und drittgrössten Bankverstaatlichung der Geschichte gekommen. Daraufhin, sagt Wellershoff, sei das Augenmerk auf andere mögliche Wackelkandidaten gefallen. «Aufgrund der Skandale der Vergangenheit zählt die Credit Suisse zu den schwachen Banken, die schon viel Vertrauen verloren haben», sagt Wellershoff. Den Grund dafür sieht auch Wellershoff in der Kultur der CS.
Mit der Übernahme der CS durch die UBS ist der Ökonom nicht glücklich. Wettbewerbstechnisch sei es eine unmögliche Situation. «Mantramässig wird erwähnt, dass es die einzige Lösung war», sagt er. Wellershoff sieht es anders: Wenn man früh genug die wahre Lage der CS gekannt hätte, wäre eine Verstaatlichung möglich gewesen.
«Da hat man geschlafen, ganz einfach», erklärt Wellershoff. Wer konkret besser aufpassen hätte müssen, müsse nun in Ruhe untersucht werden. «Man wird schauen, was bei der Fimna passiert ist und inwiefern die SNB noch mitgeredet hat. Und man wird auch das Finanzdepartement anschauen.»