Blick ins Portemonnaie des pensionierten Ehepaars Holzer
«Die Rente reicht nicht – wir brauchen unser Erspartes auf»

Für die Beobachter-Serie legen Leute ihr Einkommen offen. Das Ehepaar Holzer ist pensioniert – und spürt das im Portemonnaie.
Publiziert: 07.09.2024 um 10:30 Uhr
Die Beitragslücke in der AHV macht zu schaffen. Ein Rentner-Ehepaar öffnet das Portemonnaie.
Foto: KEYSTONE

Auf einen Blick

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Katrin Reichmuth
Beobachter

In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigen unterschiedliche Menschen ihren Kontoauszug – und erzählen, wie sie mit ihrem Budget leben. Wie viel Geld steht ihnen zur Verfügung? Wofür geben sie es aus?

Zum Beispiel Pensionär Walter Holzer, der in Wirklichkeit anders heisst.

Unsere Familie: Ich bin 71 Jahre alt, verheiratet und gelernter Feinmechaniker. Seit 4 Jahren bin ich pensioniert. Zuvor habe ich in diversen Firmen als Werkzeugmacher gearbeitet, und das immer in einem 100-Prozent-Pensum.

Anfang 20 habe ich Verwandte in Kanada besucht. Das Land hat mich so fasziniert, dass ich 7 Jahre geblieben bin. Der Wunsch nach einer eigenen Familie hat mich dann in die Schweiz zurückgeholt. Mit meiner ersten Frau war ich knapp 20 Jahre verheiratet. Kinder gab es leider keine.

Artikel aus dem «Beobachter»

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Vor 14 Jahren habe ich meine zweite Frau geheiratet. Sie ist Asiatin und inzwischen 68. Kennengelernt haben wir uns im Internet. Meine Frau hat in ihrem Heimatland als Sachbearbeiterin gearbeitet.

In der Schweiz war es für sie anfangs wegen der Sprache und später wegen ihres Alters schwierig, Fuss im Arbeitsleben zu fassen. Sie arbeitete schliesslich jeweils ein bis zwei Monate pro Jahr als Reinigungskraft im Stundenlohn. Wir wohnen auf dem Land in der Nähe von St. Gallen.

Einnahmen

Wir erhalten als Ehepaar jeden Monat eine AHV-Rente von 2470 Franken. Wobei meine Rente 2080 Franken beträgt und ihre 390 Franken. Dazu kommen meine Schweizer Pensionskassenrente von 1730 Franken und 200 Franken aus Kanada. Das heisst: Uns stehen insgesamt 4400 Franken netto jeden Monat zur Verfügung.

Ich habe knapp 50 Jahre gearbeitet. Davon 7 Jahre in Kanada. Deshalb habe ich eine Beitragslücke in der AHV und erhalte eine niedrigere Rente. Mein höchster Lohn war 7000 Franken, mein tiefster 5500 Franken.

Ausgaben

Wohnen: Wir wohnen seit 8 Jahren in einer Eigentumswohnung mit 5,5 Zimmern und einem Gartensitzplatz. Die Wohnung hat 960’000 Franken gekostet. 650’000 habe ich selber finanziert, indem ich mein vorheriges Haus verkauft habe.

Während meiner Zeit in Kanada hatte ich sehr viel gearbeitet und günstig – teilweise im Camper – gelebt. So konnte ich viel Geld auf die Seite legen und mit Anfang 30 ein Haus bauen. Nach dem Verkauf meines alten Hauses musste ich für den Rest eine Hypothek aufnehmen. Der Hypothekarzins beträgt jeden Monat 285 Franken. Für Unterhalt und Nebenkosten zahle ich nochmals 780 Franken.

Telefon, Internet und Abos: Wir haben einen sehr günstigen Anbieter und zahlen für zwei Handyabos, TV und Festnetz jeden Monat 100 Franken. Dazu kommen 179 Franken pro Jahr für das Beobachter-Magazin.

Versicherungen: Für die Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung sowie die Autoversicherung inklusive Verkehrsrechtsschutz geben wir jeden Monat 170 Franken aus. Wir haben alles schon seit Jahren bei der gleichen Versicherung, sehr wenig Schäden und deshalb ein günstiges Versicherungspaket.

Gesundheit: Wir haben beide die höchste Franchise und das günstigste Hausarztmodell. Die monatliche Prämie für die Grund- und Zusatzversicherung kostet uns beide 715 Franken pro Monat.

Wir rauchen nicht, trinken wenig Alkohol und sind generell mit einer sehr guten Gesundheit gesegnet. Ich war schon Jahre nicht mehr beim Arzt. Zuletzt wegen meiner verletzten Schulter. Da kam ich nicht darum herum. Bei der Konsultation wurden bei mir dann ein hoher Blutzucker und eine Schlafapnoe diagnostiziert – gespürt hatte ich von beidem nichts. Ich kam also kränker nach Hause, als ich ging.

Foto: Grafik: Andrea Klaiber

Anders als ich geht meine Frau lieber einmal mehr zur Ärztin, wenn sie sich nicht gut fühlt. Ich trage eine Brille und messe einmal pro Jahr den Augendruck beim Augenarzt. Alle zwei, drei Jahre kaufe ich mir eine neue Brille. Für Franchise, Selbstbehalt und weitere Gesundheitskosten geben wir nochmals 250 Franken jeden Monat aus.

Mobilität: Für den Einkauf brauchen wir ein Auto. Unseren BMW X3 haben wir vor knapp 10 Jahren als Occasion für 26’000 Franken gekauft. Einmal pro Jahr bringen wir das Auto in den Service. Meistens fallen ein, zwei kleinere Reparaturen an. Für Unterhalt, Reparaturen und Benzin legen wir jeden Monat 125 Franken auf die Seite.

Für Ausflüge ins Tessin, nach Zermatt oder in die Bündner Berge nehmen wir lieber den Zug. Wir haben je ein Halbtax-Abo. Das kostet 380 Franken pro Jahr (ohne Treuebonus von 20 Franken).

Haushalt inklusive Verpflegung ausser Haus: Wir gehen zweimal pro Woche zusammen einkaufen. Ich sammle alle Quittungen und trage die Ausgaben in ein Excel-Dokument ein. So habe ich den Überblick, wie viel Geld wir monatlich für Lebensmittel, Putz- und Waschmittel und andere Dinge des täglichen Lebens ausgeben. Im Schnitt sind es 600 Franken pro Monat. Wir kaufen vor allem bei Aldi, Lidl und Migros ein.

Pasta, Reis und andere Lebensmittel, die man gut in grossen Mengen lagern kann, holen wir uns bei Aligro. Ein Freund von uns hat eine Kundenkarte. Die dürfen wir dort benutzen. Wir essen mehr Fisch als Fleisch, und es müssen nicht unbedingt Bio-Produkte sein.

Kosmetikartikel und Coiffeurbesuche schreibe ich separat auf meiner Liste auf. Letztes Jahr haben wir 500 Franken dafür ausgegeben. Meine Frau färbt sich drei-, viermal pro Jahr die Haare. Eine Freundin von ihr ist Coiffeuse und macht das jeweils zu einem Freundschaftspreis von 60 Franken. Mein Haarschnitt kostet hingegen nur 30 Franken.

Ebenfalls 500 Franken geben wir für Restaurantbesuche aus. Wir gehen eigentlich nur an unseren Geburtstagen auswärts essen und maximal zweimal pro Jahr mit Freunden. Meistens zum Asiaten. Dort bekommt man leckeres Essen zu einem vernünftigen Preis. Ansonsten essen wir am liebsten zu Hause. Manchmal laden wir Freunde ein.

Kleidung und Schuhe: Früher habe ich mir ab und zu eine neue Hose oder ein Hemd gekauft. Heute spare ich mir dieses Geld lieber. Wenn ich Geld ausgebe, dann für Schuhe oder Unterwäsche. Zum Beispiel habe ich mir dieses Jahr ein neues Paar Mokassins aus schwarzem Leder für 100 Franken gekauft.

Meine Frau kauft sich ebenfalls lieber Schuhe als Kleidung. Budgetiert habe ich 500 Franken für Kleidung und Schuhe pro Jahr.

Freizeit: Meine Frau tanzt Linedance. Sie geht jede Woche bei uns in der Nähe in einen Kurs. Für zehn Lektionen zahlt sie 150 Franken. Ich spiele Bassgitarre in einer Blues-Rock-Band. Wir proben einmal pro Woche in unserem Bandraum.

Die Miete beträgt monatlich 100 Franken pro Bandmitglied, und einmal pro Jahr kaufe ich mir neue Saiten für zirka 80 Franken. Des Weiteren übe ich jeden Tag mindestens zwei Stunden zu Hause

Ferien und Ausflüge: Seit der Pensionierung haben wir immer Ferien und viel freie Zeit. Diese verbringen wir zu Hause. Einmal pro Jahr fahren wir mit einem befreundeten Ehepaar für ein Wochenende nach Österreich oder ins Tessin, wo mein Patenkind eine Ferienwohnung hat. Das ist praktisch und günstig.

Für Unterkunft, Reinigung, Zugbillett und auswärts Essen geben wir ungefähr 600 Franken aus. Alle zwei Jahre gehen wir für mindestens zwei Wochen entweder nach China oder Kanada. Wir wohnen dann bei Freunden oder bei der Familie.

Letztes Jahr waren wir in Kanada und haben bei meiner Cousine gewohnt. Für zwei Wochen haben wir 260 Franken für Kost und Logis ausgegeben. Dazu kommen natürlich die Flüge. Wir versuchen jedes Jahr 2000 Franken für Ferien auf die Seite zu legen.

Steuern: Letztes Jahr haben wir 5800 Franken bezahlt. Das macht pro Monat 483 Franken.

So hat sich mein Budget verändert

Vor 4 Jahren hatte ich noch über 100’000 Franken auf meinem Sparkonto. Stand heute nur noch 70’000 Franken. Das heisst: Wir haben jedes Jahr 7500 Franken zu wenig. Unsere laufenden Lebenskosten können wir mit unseren Altersrenten abdecken.

Sobald aber eine grössere Rechnung ins Haus flattert, wird es eng, respektive müssen wir auf unser Erspartes zurückgreifen. Zum Beispiel haben wir bei uns in der Tiefgarage eine E-Ladestation eingebaut. Jede Partei musste dafür 8000 Franken zahlen.

Der grösste Luxus, den ich mir leiste

Die Eigentumswohnung, nur schon vom Preis her.

So fühle ich mich

Wir bekommen keine Ergänzungsleistungen und keine Prämienverbilligung bei der Krankenkasse, weil wir Wohneigentum haben. Ansonsten würden wir finanzielle Unterstützung erhalten. Ich habe 40 Jahre in der Schweiz gearbeitet und Steuern bezahlt. Angesichts dessen fällt meine Rente kleiner aus.

Wir haben wenig Einkommen und mussten unsere Ausgaben entsprechend anpassen. Wenn die Krankenkassenprämien oder der Hypothekarzins steigen, wird es knapp für uns.

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