In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigen unterschiedliche Menschen ihren Kontoauszug – und erzählen, wie sie mit ihrem Budget leben. Wie viel Geld steht ihnen zur Verfügung? Wofür geben sie es aus? Zum Beispiel Pflegefachfrau Jael Weber, die in Wirklichkeit anders heisst.
Unsere Familie
Ich bin 36, verheiratet und habe einen Sohn (10 Monate). Nach der Fachmittelschule habe ich ein Praktikum in einem Altersheim absolviert und danach die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau angehängt. Die letzten zehn Jahre war ich an diversen Orten in der Pflege tätig.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Seit ich Mutter bin, arbeite ich zu 50 Prozent in einem Ambulatorium. Der Weg zum Kind war nicht einfach. Nach knapp zwei Jahren wurde ich dank einer künstlichen Befruchtung schwanger. Deshalb war es für mich schnell klar: Ich reduziere mein Pensum, um möglichst viel Zeit mit unserem Sohn zu verbringen.
Mein Mann ist 37, gelernter Kaufmann und für einen gemeinnützigen Verein tätig. Er arbeitet vier Tage pro Woche, und das in einem 100-Prozent-Pensum.
Die Schwiegereltern betreuen zwei Tage pro Woche unseren Sohn, einen halben Tag übernimmt mein Mann, und ich kümmere mich die restlichen Tage. Zusammen mit unserem Hund wohnen wir in der Stadt Bern.
So teilen wir unser Geld auf
Jeder hat ein eigenes Lohnkonto. Davon überweist jeder 350 Franken auf das gemeinsame Haushaltskonto. Mein Mann zahlt von seinem Lohnkonto die Miete, die Krankenkassenprämien für unsere Grundversicherung und die Zusatzversicherung von ihm und unserem Sohn.
Ich zahle meine Zusatzversicherung und kaufe das Futter für unseren Hund (75 Franken). 500 Franken hat jeder als «Freizeitgeld» zur freien Verfügung.
Das behalten wir dann auf dem eigenen Lohnkonto. Das hilft mir, nicht mehr Geld für Kleider oder Sonstiges auszugeben, als ich tatsächlich habe. Den Rest überweisen wir auf unser gemeinsames Sparkonto. Das wird für Ferien, Steuern und grössere Rechnungen wie die Autoversicherung gebraucht.
Einnahmen
Ich verdiene 3065 Franken, mein Mann 6480 Franken, und das 13-mal im Jahr. Dazu kommen 230 Franken Kinderzulagen. Wir haben demzufolge zusammen ein Nettoeinkommen von 10’570 Franken pro Monat.
Ausgaben
Wohnen: Wir wohnen in der Stadt Bern in einer 3,5-Zimmer-Wohnung. Ein Altbau mit Charme auf 100 Quadratmetern. Die Miete beträgt 2180 Franken inklusive Nebenkosten.
Telefon, Internet und Abos: 165 Franken pro Monat für Handy, Internet und Netflix. Das ist ein Spezialangebot und läuft noch bis Ende Jahr. Dazu kommen noch die jährlichen Serafe-Gebühren von 335 Franken.
Versicherungen: Nebst der Hausrat- und der Privathaftpflicht haben wir noch eine Rechtsschutzversicherung. Ein Rechtsfall entsteht schnell und ist meistens teuer. Wegen Corona konnten wir eine längere Reise durch Amerika nicht antreten.
Zum Glück hatten wir bei der Buchung eine Reiseversicherung abgeschlossen. Die Kosten für Flüge, Hotel und Mietauto wurden übernommen. Die jährlichen Prämien für alle drei Versicherungen betragen 810 Franken.
Mobilität: Wir haben ein Auto und brauchen es für Ausflüge, die wöchentlichen Einkäufe oder um die Grosseltern auf dem Land zu besuchen. Das ist extrem praktisch.
Unser altes Auto war ziemlich in die Jahre gekommen und zu klein für einen Kinderwagen. Deshalb leasen wir nun seit Februar einen Renault Captur.
Die monatlichen Leasing-Raten belaufen sich auf 310 Franken, für Benzin geben wir nochmals ungefähr 120 Franken aus. Dazu kommt die teure Jahresprämie für die Autoversicherung (Vollkasko) von 1490 Franken und die Parkkarte für unser Quartier von 264 Franken.
Mit dem Auto in die Stadt zu fahren, ist mühsam und auch umständlich. Wir geben zusammen pro Jahr nochmals 460 Franken für unsere Halbtax-Abos sowie Bus- und Zugbillette aus.
Gesundheit: Die Krankenkassenprämien (Grund- und Zusatzversicherung) für die ganze Familie betragen 1080 Franken pro Monat.
Meine Versicherung kostet 475 Franken, mein Mann zahlt 450 Franken, und das Baby kostet 155 Franken. Über den Daumen gerechnet geben wir 400 Franken für weitere Gesundheitskosten aus.
Darin enthalten sind die Kosten für die Kontaktlinsen meines Mannes, unsere Besuche bei der Dentalhygiene und drei, vier Arztbesuche pro Jahr.
Die Krankenkasse hat die Kosten für die künstliche Befruchtung nicht übernommen. Wir haben dafür knapp 15’000 Franken aus unserem Ersparten ausgegeben. Das konnten wir dann aber von den Steuern abziehen.
Mehr zur Serie
Haushalt inklusive Verpflegung ausser Haus: 700 Franken stehen uns jeden Monat auf dem Haushaltskonto zur Verfügung. Damit kaufen wir Lebensmittel, Milchpulver und Brei. Windeln, Waschmittel und andere Hygieneartikel kaufen wir in Deutschland.
Wenn wir uns an unseren Menüplan halten und nur das einkaufen, was wir dafür brauchen, geht die Rechnung auf. Aber haben wir eine grössere Gruppe von Freunden zu Besuch oder ein Geburtstagsfest, geht die Rechnung bereits nicht mehr auf.
Dann muss ich jeweils Ende Monat circa 150 Franken vom gemeinsamen Sparkonto nehmen. Das kommt jeden dritten Monat vor.
Einerseits bin ich entspannt, und es kümmert mich nicht, dass wir unser eigenes Haushaltsbudget nicht einhalten, andererseits haben wir jetzt ein Kind, und ich möchte Geld auf die Seite legen. Das gibt mir eine gewisse Sicherheit.
Ich koche jeden Abend ausser jeden zweiten Sonntag. Da bestellen wir eine Pizza oder essen unterwegs etwas. Je nachdem, wo wir essen oder bestellen, kann das zwischen 50 und 150 Franken kosten.
Diese Beträge bezahlt manchmal er, manchmal ich, oder wir nehmen das Geld vom Haushaltskonto, sofern dort noch was zu holen ist. Mein Mann ist drei Tage die Woche im Homeoffice, dann kocht er sich was. An seinem Bürotag isst er für circa 15 Franken in der Kantine.
Das bezahlt er aber aus seinem «Freizeitgeld». Ich komme – auch wenn ich arbeite – über die Mittagszeit nach Hause, gehe eine Runde mit dem Hund raus und esse kurz was.
Freizeit inklusive Kleidung: Mein Mann und ich haben beide jeden Monat 500 Franken zur freien Verfügung. Er gibt sein Geld gerne für Fussball aus. Das heisst: für die Saisonkarte, Bier und Verpflegung an den Spielen.
Bei Kleidung und Schuhen ist er sehr bescheiden. Er hat seinen Grundstock an Kleidungsstücken. Von Zeit zu Zeit ersetzt er sich was, zum Beispiel hat er sich kürzlich im H&M für 100 Franken drei neue kurze Hosen gekauft.
Zu Beginn der Schwangerschaft war ich im Shoppingwahn. Ich war voller Vorfreude – auch weil ich lange Zeit nicht wusste, ob wir jemals ein Kind haben werden – und kaufte für etwa 1500 Franken Kleider und anderes Babyzeugs. Dazu kam noch ein Kinderwagen für 700 Franken.
Als unser Kind dann da war, wurde mir bewusst: Babys wachsen so schnell und können die Kleider nur für kurze Zeit tragen. Seither kaufe ich bewusst ein, meistens auch in einer Kinderkleiderbörse.
Im Schnitt gebe ich für Kinderkleider ungefähr 80 Franken pro Monat aus. Das Geld nehme ich meistens aus meinem «Freizeitgeld». Ich hingegen kaufe mir fast nie etwas. Das letzte Mal habe ich mir für die Taufe meines Kindes ein Kleid für 70 Franken online bei Asos bestellt.
Bevor ich Mutter wurde, habe ich pro Monat 200 Franken mehr für Kleider, Schuhe und Ohrringe ausgegeben. Auch hier haben sich meine Bedürfnisse geändert.
Ich möchte mein Geld lieber für das Baby ausgeben oder, noch besser, für ihn auf die Seite legen. Des Weiteren gehe ich alle drei Monate zum Coiffeur (waschen, schneiden, föhnen und färben) und gebe pro Besuch 260 Franken aus. Zudem färbe ich alle acht Wochen meine Augenbrauen. Das macht pro Mal 30 Franken.
Ferien: Seit wir ein Baby haben, sehen unsere Ferienpläne anders aus. Während wir die letzten Jahre mindestens einmal im Jahr für ein Wochenende in eine Stadt reisten und dazu noch für zwei Wochen ans Meer flogen, fuhren wir diesen Frühling lediglich eine Woche nach Südfrankreich.
Für Wohnung, Benzin und Verpflegung haben wir knapp 2300 Franken ausgegeben. Die restlichen Ferien bleiben wir zu Hause und planen Tagesausflüge in die Romandie oder ins Tessin. Das ist für uns viel entspannter und günstiger.
Ich schätze, wir geben für Aktivitäten und Essen zwischen 80 und 150 Franken aus. Ausserdem haben die meisten Freundinnen ebenfalls Kinder und nicht mehr das Interesse, mit mir zusammen irgendwo hinzufliegen.
Altersvorsorge: Mein Mann und ich haben die letzten zehn Jahre immer den Maximalbetrag in die dritte Säule (Bankkonto) einbezahlt.
Seit wir Eltern sind, möchten wir nicht nur fürs Alter sparen, sondern auch eine finanzielle Absicherung für die Familie im Todesfall oder bei einer Erwerbsunfähigkeit haben. Deshalb haben wir bei unserer Versicherung eine Spar-Lebensversicherung abgeschlossen.
Mein Mann zahlt jeden Monat 588 Franken (Maximalbetrag), ich 300 Franken. Je nachdem, wie viel Geld wir Ende Jahr auf der Seite haben, zahle ich dann noch mehr ein.
Steuern: Letztes Jahr waren es 14’000 Franken. Aber damals hatte ich auch noch 80 Prozent gearbeitet respektive eine Mutterschaftsentschädigung erhalten.
Seit diesem Jahr arbeite ich weniger, und wir können einen vollen Steuerabzug für unseren Sohn machen. Wie viel das steuerlich ausmacht, wissen wir noch nicht. Wir legen schon einmal 1000 Franken pro Monat auf die Seite.
Spenden: Wir sind Rega-Gönner (80 Franken) und Mitglieder bei der Paraplegiker-Stiftung (90 Franken). Ab und zu gebe ich jemandem auf der Strasse oder vor einem Einkaufsladen einen Fünfliber.
So fühle ich mich
Wir können uns nicht beklagen. Ich hatte 16 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Dazu kamen zwei Wochen Ferien und acht Wochen unbezahlter Urlaub. Das war schon ein komisches Gefühl, als ich keinen Lohn mehr hatte.
Wir haben uns mal ein Budget gesetzt und schauen Schritt für Schritt, ob das aufgeht. Ich gebe weniger Geld für mich aus, sondern lieber mal fürs Baby oder einen Familienausflug. Wir haben sehr grosses Glück, dass unsere Eltern unseren Sohn betreuen.
Müssten wir eine Kita bezahlen, würde die Situation ganz anders aussehen. Wir könnten sicherlich noch sparsamer mit dem Geld umgehen. Wir versuchen es immer wieder, fallen aber oft in «alte Muster». Aber mir ist Zeit mit unserem Sohn viel wichtiger als Geld.
Wir sprechen in letzter Zeit immer wieder darüber, von der Stadt aufs Land zu ziehen – mehr Ruhe, Natur und Platz. Bisher haben wir noch nichts Passendes gefunden. Es gibt wenig freie Wohnungen, und die Mieten sind auch auf dem Land nicht viel günstiger.