Das bedeutet Bersets Ski-Plan
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Besucherzahlen beschränken:Das bedeutet Bersets Ski-Plan

Bergbahnen erteilen Bersets Ski-Konzept Totalabfuhr
Aufstand der Skigebiete!

Die Bergbahnen weisen die geplanten Beschränkungen des Bundesrats zurück. Sie seien nicht nur ruinös, sondern auch nicht umsetzbar. In Andermatt UR, Gstaad BE, Engelberg OW und anderswo wurden die Bahnkapazitäten bereits mit eigenen Massnahmen zünftig reduziert.
Publiziert: 02.12.2020 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2020 um 07:52 Uhr
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Matthias In-Albon, Direktor der Bergbahnen Destination Gstaad BE, sagt: «Wir haben jeweils erst am Abend eine Auswertung der Gästezahl im Gebiet, eine Prozentreduktion ist nicht durchführbar.»
Foto: Peter Gerber
Claudia Gnehm

Bundesrat Alain Berset (49) muss gegenüber dem Ausland signalisieren, dass die Schweiz weder Skischmarotzerin sein will noch einen Grossandrang bei den Bergbahnen zulässt. Doch seinen zwei Vorschlägen zur Beschränkung der Wintersportler erteilen die Bergbahnen eine Totalabfuhr.

Bereits grössere Skigebiete bringt die vorgeschlagene Beschränkung der Skigäste auf 80 Prozent respektive zwei Drittel der Gäste gegenüber den Vorjahren ins Schlingern. Matthias In-Albon (35), Direktor der Bergbahnen Destination Gstaad BE, sagt zu BLICK: «Wir haben jeweils erst am Abend eine Auswertung der Gästezahl im Gebiet, eine Prozentreduktion ist nicht durchführbar.»

Das Skigebiet habe – wie etliche andere auch – viele Eintrittsorte und könne die Zahl der Gäste nicht in Echtzeit erfassen. «Mehrtageskarten- und Saisonabonnements-Besitzern können wir zudem nicht den Zutritt verwehren», betont er.

Eigene realisierbare Beschränkungen

Gstaad hat auf diese Wintersaison hin unabhängig von Corona eine eigene Gäste-Beschränkung für Spitzentage eingeführt. Man wolle keine Tagespässe verkaufen für stundenlanges Anstehen. Das Kontingent des sehr variablen Tageskartenverkaufs wurde deshalb auf 5000 pro Tag limitiert. Letzte Saison zeigte, dass sich erst ab 5000 Tagesbesuchern Warteschlangen bildeten.

Laut In-Albon würde es selbst über die Feiertage nur an einzelnen Toptagen wie etwa dem 27. Dezember und dem 2. Januar ohne Limiten wirklich eng werden. Sein Fazit: «Die Vorschläge waren wohl gut gemeint, aber bei unseren Bergbahnen und Systemen nicht umsetzbar.»

Gstaad und andere Skigebiete haben diverse Massnahmen für den Corona-Winter eingeführt: Sie lassen die Bahnen länger laufen, setzen auf den Onlineverkauf von Skipässen und Reservationen für Bergrestaurants. Die Bergbahnen wollen nichts anbrennen lassen, die Saison rollt erst an.

Betrieb bereits gefährdet

Im Saastal VS wiederum ist ein Covid-19-Security-Team an den Talstationen im Einsatz, um Menschenansammlungen zu verhindern. Die Vorschläge aus Bern führen in Saas-Fee VS nur zu Kopfschütteln. In kurzer Zeit eine Reservationsplattform zu entwickeln, die für eine geordnete Reduktion der Besucherzahl nötig wäre, sei kaum machbar, erklärt Mattia Storni von Saastal Tourismus.

Angespannt schauen auch die Verantwortlichen der Titlis Bergbahnen auf die neuen Covid-19-Vorgaben aus Bern. Der Druck auf den Bund hat aber zugenommen, seit gestern bekannt wurde, dass Österreich offenbar Hotels und Restaurants in den Bergen über die Feiertage nicht öffnen will.

«Bereits jetzt, vor den zusätzlichen Einschränkungen, ist die Profitabilität unseres Betriebs stark gefährdet», sagt Urs Egli von den Titlis Bergbahnen. Für die Gondel auf den Titlis etwa sei die Kapazität bereits freiwillig um einen Viertel gesenkt worden.

Es sei wichtig, dass die Regelungen für den öffentlichen Verkehr (ÖV) mit gleichen Ellen gemessen werden, betont Egli. Und: «Das Coronavirus erkennt nicht, ob es in einem Zug oder einer Bergbahn ist.»

Wenn, dann sei der zweite Berset-Vorschlag mit einer Kapazitätsbegrenzung auf 80 Prozent des Durchschnitts der Weihnachtsfeiertage in den letzten fünf Jahren passabler. Aber in Engelberg frage man sich schon, warum diese Beschränkung im ÖV kein Thema sei.

Gästebeschränkung allein verhindert keine Ansammlungen

Widerstand rufen die Vorschläge auch in der Skidestination Swiss Alps in Andermatt UR hervor. Da Andermatt-Sedrun die Bahnkapazitäten die letzten zwei Jahre massiv ausgebaut habe, wäre eine Begrenzung gegenüber der letzten fünf Jahre eine wirtschaftliche Katastrophe, erklärt Andermatt-Swiss-Alps-Sprecher Stefan Kern.

Die Variante mit Reduktion auf zwei Drittel der Gäste gegenüber den Spitzen-Feiertagen des Vorjahres wäre knapp akzeptabel. Das Skigebiet sei zwar technisch ausgerüstet, um die Gästezahl am Berg jederzeit eruieren zu können. Doch wenn alle im Tal seien und anstünden, nütze eine Reduktion der Gäste im Skigebiet sowieso nichts.

Deshalb hat Andermatt diese Saison für die stark besuchte Pendelbahn Andermatt-Gemsstock ein Reservationssystem eingeführt. Nur wer reserviert hat, kriegt einen Platz in der Gondel. Auf der App sehen die Besucher, wann ihr Platz frei wird. «Somit können Menschenansammlungen in der Talstation verhindert werden», führt Kern aus.

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