Lehrlinge verdienen im ersten Lehrjahr normalerweise zwischen 400 und 1200 Franken pro Monat. Bei gut verdienenden Lernenden sind es im letzten Lehrjahr schon mal 1700 Franken. Bei vielen Jobs liegt das Einkommen aber auch zum Ende der Ausbildung monatlich noch unter 1000 Franken.
Das will der Bell-CEO Lorenz Wyss (64) ändern. Sein Vorschlag ist revolutionär: «Ein Lehrling verdient im ersten Lehrjahr 2000 Franken, im zweiten 3000 und im dritten den Mindestlohn von 4200 Franken – jeweils zusammengesetzt aus einem Basisteil und einer Leistungskomponente», sagt er im Interview mit dem «Tagesanzeiger». Denn der Lohn ist gemäss Wyss nicht mehr zeitgemäss. Mit dem höheren Einkommen sollen Jugendliche den Familienhaushalt unterstützen – und beispielsweise schon früh eine dritte Säule anlegen können.
Die Suche nach Lernenden wird zunehmend schwieriger: «Wir haben gerade 20 Lehrlinge angestellt. Davon einen Metzger. Das ist katastrophal, aber der Trend. Darum sage ich: Wir brauchen dreimal so viele Lehrlinge, wenn wir nachhaltig gut aufgestellt sein wollen.» Auch sein Coiffeur finde kaum noch Auszubildende.
Vom Metzger zum CEO
Gemäss dem Bell-CEO könne es deshalb nicht sein, dass ein Ungelernter mehr verdient als ein Lehrling im dritten Lehrjahr – denn die geleisteten Arbeiten sind vergleichbar. «Wir müssen den Lernenden sagen: Du bist wertvoll, du bist wichtig, auf dich setzen wir – weil wir ja wollen, dass du nach der Lehre bei uns bleibst.» Schliesslich hat sich Wyss selbst von der Metzgerlehre zum Geschäftsführer hochgearbeitet. Der Lohn sei zwar nur eine Komponente – aber eine wichtige.
Der Arbeitgeberverband Region Basel begrüsst, dass sich Bell für das Lehrlingswesen einsetzt. Jedoch gibt es auch Vorbehalte: Man müsse auch an die Branche denken, heisst es im Artikel. Denn nicht alle Unternehmen könnten sich derart massive Lehrlingslöhne leisten. (kae)