Soll ich eine Berufslehre machen oder doch lieber ins Gymi? Diese Frage haben sich viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger gestellt. Während die Lehre konstant die erste Wahl bleibt, hat das Gymnasium 2023 etwas an Ansehen verloren.
«Die Lehre ist und bleibt ein Erfolgsmodell», sagt Martina Mousson (43). Sie arbeitet als Projektleiterin bei GFS Bern und ist zuständig für den Nahtstellenbarometer. Dieser zeigt, dass im April 63 Prozent der Lehrstellen vergeben waren. Die Zahl bleibt damit konstant zum Vorjahr.
«Es wurden zu diesem Zeitpunkt auch schon mehr Lehrstellen vergeben, aber die Zahl ist nicht alarmierend», sagt Mousson. Aber es sei schwer zu sagen, ob dieses Jahr wirklich weniger Lehrstellen vergeben werden – oder einfach später. Im Tessin startet das Lehrjahr beispielsweise erst Ende August.
Gleich viele Lehrstellen wie 2022
«Für einige Firmen ist es aber schwerer geworden, Stellen zu besetzen», weiss Mousson. Es gibt deshalb einige Firmen, die weniger Lehrstellen anbieten. 85 Prozent der Unternehmen bieten 2023 gemäss dem Nahtstellenbarometer aber gleich viele oder mehr Stellen an als im Vorjahr.
76'881 Lehrstellen sind dieses Jahr im Angebot. Davon werden aber nicht alle besetzt werden können. Während sich über die Hälfte der Jugendlichen für eine Lehre entscheiden, wählen über 30 Prozent das Gymnasium.
«In den letzten Jahren sind im Durchschnitt jeweils zwischen 7000 und 10’000 Lehrstellen unbesetzt geblieben, also zirka 10 Prozent», erklärt Stefanie Näf (28), Sprecherin bei Yousty. Ende letzter Woche waren beim Stellenportal Yousty noch 10'398 Stellen offen. Diese Zahl bewegt sich also im Rahmen.
«Es gibt ein Überschuss an Lehrstellen», sagt Näf. Das sei vor allem für die Lernenden ein Vorteil. Denn der Lehrstellenmarkt bietet somit Auswahlmöglichkeiten.
Pandemie hinterlässt Spuren
Seit der Covid-Krise hat sich aber auch bei den Jugendlichen einiges getan. «Die meisten Branchen hatten währenddessen mehr Mühe, ihre Lehrstellen frühzeitig zu besetzen, besonders betroffen waren die Gastronomie und das Baugewerbe. Es herrschte viel Unsicherheit, die in diesen beiden Branchen teilweise noch nachhallt», sagt Mousson. Im Angesicht des Fachkräftemangels ist es in diesen Branchen aber besonders wichtig, junge Talente zu finden.
«Man muss die Jugendlichen früh abholen und sie in der Branche behalten», sagt Näf von Yousty. Dafür sei es wichtig, die Schulabgänger jugendgerecht und innovativ anzusprechen. In Anbetracht des Überschusses an Lehrstellen sei es gar noch wichtiger geworden. «Man muss die Jugendlichen dort erreichen, wo sie sich aufhalten.» Also beispielsweise über die sozialen Medien wie Instagram, Tiktok und Youtube.