Beizen fürchten zweiten Lockdown
Corona kostet die Wirtschaft 40 Milliarden – bis jetzt

So hart trifft Corona die Wirtschaft. Das haben die KOF-Ökonomen berechnet. Vor allem Tourismus und Gastgewerbe tragen schwer am Konjunktureinbruch.
Publiziert: 28.10.2020 um 00:33 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2020 um 20:53 Uhr
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KOF-Chef Jan-Egbert Sturm warnt: «Die heutige Unsicherheit, kreiert durch die Pandemie, ist für die Wirtschaft eindeutig Gift.»
Foto: Siggi Bucher
Christian Kolbe und Claudia Gnehm

40 Milliarden, 10 Milliarden, 100'000! Die Zahlen sind gigantisch und stehen für die grosse Wirtschaftskrise, die die Schweiz gerade mit voller Härte erfasst.

40 Milliarden Franken – so viel hat die Schweiz bis jetzt an Wertschöpfung, also an Einnahmen, seit Ausbruch der Corona-Pandemie verloren. Braucht es aus gesundheitlichen Gründen einen zweiten Lockdown, dann könnten nochmals weitere 30 Milliarden dazukommen. Diese düstere Prognose stellt Jan-Egbert Sturm (51), Leiter der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich. Sturm ist auch Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes.

Unsicherheit ist Gift für Wirtschaft

Schon jetzt ist der Einbruch schärfer, und die Erholung dauert länger als nach der Finanzkrise. «Die heutige Unsicherheit, kreiert durch die Pandemie, ist für die Wirtschaft eindeutig Gift», warnt Sturm. Das Problem: Solange nicht absehbar ist, wie lange die Corona-Krise noch dauert, können Firmen nicht planen, sehen schwarz für die Zukunft, erlahmt der Durchhaltewille, eine Pleitewelle droht.

10 Milliarden Franken – so viel Geld muss sich allein die Tourismusbranche im Jahr 2020 wegen Corona ans Bein streichen. Denn die Schweizer Gäste können den Ausfall der ausländischen Touristen nicht annähernd wettmachen.

Corona radiert im Tourismusjahr 2020 13,3 Millionen Logiernächte weg, so die KOF-Schätzung. Das entspricht einem Minus von 33,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In städtischen Gebieten fallen die Einbussen allerdings deutlich höher aus als in den Bergregionen.

Gastrogruppe in Zürich legt Beizen still

Allein die Hotellerie erwartet 2020 einen Umsatzverlust von 1,6 Milliarden Franken. Besonders hart trifft die Krise die Gastrobranche insgesamt, also Restaurants, Bars oder auch Clubs. In diesem Jahr brechen die Umsätze gegenüber 2019 um über 28 Prozent ein. Auch im nächsten Jahr droht ein dickes Minus von über 12 Prozent!

100'000 Jobs – so viele Stellen könnte die Corona-Krise im Gastgewerbe noch zusätzlich kosten. Casimir Platzer (58), Präsident von Gastrosuisse, über die miese Stimmung in der Branche: «Es brennt, die Verzweiflung ist gross.»

Eine Branchen-Umfrage zeigt, wie dramatisch die Lage ist: Die Hälfte aller Gastrobetriebe stehe auf der Kippe, zwei von fünf Betrieben dürften das nächste halbe Jahr nicht überstehen, warnt der oberste Beizer der Schweiz. Deshalb brauche es nun rasche Hilfe für Härtefälle, keine zusätzlichen Auflagen und schon gar keinen Lockdown, ist er überzeugt. «Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist halb zwei.»

Zwar spüren inzwischen auch die Fressbeizen auf dem Land die Krise, doch besonders hart trifft Corona die städtische Gastronomie. In Zürich und Umgebung legt die Gastro-Gruppe Holenstein alle Betriebe mit insgesamt 180 Angestellten vorübergehend still. Das betrifft etwa die legendäre Bierhalle Wolf oder die Big-Ben-Pubs. Mit der Einführung der Maskenpflicht in Bars und Restaurants seien die Umsätze nochmals deutlich eingebrochen, sagt Holenstein-Chefin Nicole Holenstein (45) zu Radio 1.

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