Viele Hoteliers und Wirte hofften darauf, dass auf den Lockdown ein guter Sommer folge. Eine Saison ohne Gäste aus Amerika und Asien zwar, aber mit deutlich mehr Besuchern aus der Schweiz. Tatsächlich erwirtschaften einige Betriebe in den Bergregionen derzeit gute Umsätze. Doch die Lage für die Gastrobranche bleibt angespannt. Vielerorts ist sie prekär, wie eine aktuelle Umfrage unter mehr als 2000 Betrieben zeigt – Restaurants, Hotels, Bars und Caterern. Durchgeführt wurde sie online, zwischen dem 24. und 28. Juli, vom Branchenverband Gastrosuisse. Gut zehn Prozent der Mitglieder nahmen daran teil. Die Branche habe sich bessere Umsätze erhofft, sagt Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58).
Grosse regionale Unterschiede
Die Befragung zeigt starke regionale Unterschiede. Verglichen mit dem Juli 2019 – einem überdurchschnittlich erfolgreichen Sommermonat – verzeichnen derzeit nicht ganz die Hälfte (43 Prozent) der Betriebe in Bergregionen gleich gute oder sogar bessere Umsätze.
Denn zu denen strömten wie erwartet deutlich mehr Schweizer Sommertouristen. Aber das ist eben nicht überall so: Denn 57 Prozent der Gastrobetriebe in den Bergen machen im Juli dieses Jahres weniger Umsatz als im Juli 2019. Salopp gesagt: Die Zugewinne der einen kompensieren die Ausfälle der anderen nicht. Insgesamt resultiert für die Bergregionen ein Umsatzrückgang von etwa einem Viertel.
Ähnlich sieht es in den Seeregionen aus, dort erzielen 42 Prozent der Wirte in diesem Jahr bessere Umsätze. Die Städte und mit ihnen die Agglomeration aber darben. Geschäftskunden und Touristen aus Übersee werden hier besonders schmerzlich vermisst. Die Betriebe der urbanen Kantone Basel-Stadt, Genf und Zürich beklagen denn auch Rückgänge von 40 Prozent und mehr.
Tessin statt Venedig
Ein besonderes Augenmerk legt die Umfrage auf die Gaststätten im Tessin. Hier, so die Vermutung Anfang Sommer, werde ein grosser Teil der Deutschschweizer schliesslich die Ferien verbringen. «Während die Touristen Venedig, Florenz oder Bergamo meiden, kommen sie zu uns ins Tessin», sagte der Tessiner Tourismus-Chef Aldo Rampazzi (72) vor zwei Wochen im Gespräch mit SonntagsBlick. Aufholen liessen sich die Ausfälle vom Frühjahr aber nicht mehr, fügte Rampazzi an. Die Zahlen geben ihm recht. Faktisch verdienen auch im Südkanton derzeit fast drei Viertel der befragten Betriebe deutlich weniger als im Hochsommer 2019. Nicht anders ist die Lage auch in der Tourismus-Hochburg Wallis und im Kanton Bern.
Nur eine Destination legt zu
Unter den klassischen Destinationen scheint momentan Graubünden der einzige Kanton zu sein, in dem Gaststätten und Hotels breit zulegen können: 37 Prozent setzen mehr um als vor zwölf Monaten.
Die Untersuchung von Gastrosuisse liefert auch neue Angaben über die Corona-Kontrollen der Kantone. 38 Prozent der befragten Betriebe sind demnach bislang unter die Lupe genommen worden. 93 Prozent von diesen, wiesen keine Verstösse gegen die behördlichen Massnahmen auf.