Bei einem Fünftel aller Schweizer geht die Hälfte des Lohns drauf
Wie gross darf der Anteil der Miete am Einkommen sein?

Die Mietkosten in der Schweiz steigen rasant und belasten Haushalte enorm. Ist die Faustregel, dass ein Drittel des Einkommens für die Wohnkosten ausgegeben werden soll, noch realistisch?
Publiziert: 07.10.2024 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2024 um 07:30 Uhr
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Früher galt: Für die Miete sollte man etwa ein Drittel des Einkommens ausgeben.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

  • Haushalte mit tiefen Einkommen geben oft die Hälfte für Miete aus
  • Budgetberatung Schweiz hält an der Faustregel fest
  • Caritas fordert eine tiefere Quote
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Robin WegmüllerRedaktor Wirtschaft

«Ich hätte die Hälfte meines Lohns für die Miete ausgeben müssen, um eine anständige Wohnung zu bekommen.» Sarah Kaufmann (43) ist Zugerin durch und durch. Vor drei Jahren musste sie ihren Heimatkanton aber verlassen. Der Hauptgrund: die zu teuren Wohnungen. Kaufmann schaffte es immerhin noch, eine billigere Wohnung in einer anderen Region zu finden. Doch ihre Situation zeigt auf, was uns schon länger alle betrifft.

Für Schweizer Haushalte sind die Mieten der grösste Kostenblock im Budget. Die berühmte Faustregel besagt, dass für die Wohnkosten nicht mehr als 30 Prozent des Bruttoverdienstes ausgegeben werden sollen.

In den vergangenen Jahren hat sich dieser Budgetposten aber massiv verändert. Die Angebotsmieten sind allein 2023 in vielen Kantonen im hohen einstelligen oder gar zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Und auch die Bestandsmieten legten nach den zwei Erhöhungen des Referenzzinssatzes im vergangenen Jahr vielerorts zu. Wie realistisch ist diese Faustregel also noch?

Für Haushalte mit tiefen Einkommen ist das Wunschdenken

Der Dachverband Budgetberatung Schweiz hält an der Regel fest. «Bei den tieferen Einkommen sollte die Miete nicht mehr als ein Drittel des Nettoeinkommens ausmachen», erklärt Geschäftsführer Philipp Frei. «Wir empfehlen im Idealfall sogar ein Viertel des Nettoeinkommens.» In Zahlen: Bei einer Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen unter 5000 Franken sollte der Mietzins nicht mehr als 1650 Franken ausmachen. Bei einer Einzelperson mit weniger als 4500 Franken Einkommen nicht mehr als 1485 Franken.

So stehe man auf der sicheren Seite. Die Prozentangaben sind aber nur Richtwerte. «Man muss immer den Einzelfall anschauen», meint Frei weiter. Unter dem Strich müsse das Budget einfach aufgehen.

Die Budgetberatung spürt, dass die steigenden Mietkosten zunehmend zu einer Belastung werden. Vor allem Haushalte mit einem tiefen Einkommen hätten kaum Optionen. Eine Auswertung der Hochschule Luzern zeigt: Die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte geben im Schnitt die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens allein für die Miete aus. Das einkommensstärkste Fünftel braucht dafür nur 17,2 Prozent für die Bruttomiete. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2021. Die Situation hat sich seither also noch zugespitzt.

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Caritas fordert eine tiefere Quote

Für Caritas ist daher klar: «Die Quote, wonach die Miete nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens ausmachen soll, ist bei Menschen mit einem niedrigen Einkommen eigentlich schon zu hoch.» Da sie sowieso schon weniger Geld für das restliche Leben zur Verfügung haben, sollte der Anteil demnach sogar tiefer als ein Drittel sein. Für viele Mieter ein frommer Wunsch.

«Die gestiegenen Wohnkosten müssen Mieter mit tiefem Einkommen in der Konsequenz in anderen Lebensbereichen wie Ernährung, Gesundheit oder Freizeit einsparen», so Caritas-Sprecherin Daria Jenni. Die Lebensqualität nimmt also ab. An Lösungen für mehr bezahlbarem Wohnraum wird in der Schweiz schon lange getüftelt. Gegriffen haben die Massnahmen noch nicht.

Sollten sich diese Entwicklungen fortsetzen, könnten hierzulande schon bald Phänomene wie in den europäischen Nachbarländern Realität werden. So könnten gemäss der Budgetberatung Schweiz junge Menschen deutlich später von zu Hause ausziehen oder mehr Erwachsene in eine Wohngemeinschaft ziehen – Alternativen, über die sich einige Schweizerinnen und Schweizer wohl oder übel Gedanken machen müssen.

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