Jeder kann in die Schuldenfalle geraten. Das zeigt das Beispiel von Beat Stucki* (55). Obwohl er sein Leben lang gearbeitet und gut verdient hat, muss er jeden Monat erfinderisch werden, um nur schon seine Rechnungen bezahlen zu können.
Lange hatte Stucki seine Ausgaben im Griff. Als sein Vater kurz vor seiner Pensionierung plötzlich aus dem Leben gerissen wird, sieht Stucki im Sparen keinen Sinn mehr. «Ich habe gut gelebt und keine Rücklagen gemacht», sagt er zu Blick. In der Ehe mit seiner Frau, mit der er eine Tochter hat, wird er immer unglücklicher. Nach der Arbeit flüchtet er sich vermehrt in einschlägige Zürcher Bars – es fliesst viel Alkohol.
So kommt er vermehrt auch mit härteren Drogen in Kontakt. «Drogen und Alkohol endeten bei mir fast immer in Sex», erklärt Stucki. Auch in Form von Prostitution. So hat er viel Geld vernichtet – Schulden hatte er aber noch keine.
Nach dem Tod seiner Mutter im März 2021 geriet Stucki dann endgültig in falsche Kreise. Er konsumiert mittlerweile regelmässig Kokain, ist süchtig. Das Erbe seiner Mutter ist schnell verprasst.
Wenige Monate später verlässt Stucki seine Familie – für eine neue Frau. «Ich habe mich wahnsinnig verliebt und bin meinem Herzen gefolgt», sagt er. Er lebt zwischenzeitlich illegalerweise in seinem Musikstudio, bei einem Freund oder im Monatshotel. Später findet das Paar eine Wohnung.
Es folgt der nächste verheerende Entscheid: Stucki will seiner Freundin, die massive finanzielle Probleme hat, unter die Arme greifen. Blind vor Liebe nimmt er einen Kredit von 130'000 Franken auf – und das ohne festen Wohnsitz. Eigentlich wollte sich das Paar eine Existenz im Ausland aufbauen. Jetzt sitzt Stucki allein auf den Schulden, seine Freundin meldet sich nicht mehr: Der Kredit kostet ihn monatlich 1580 Franken – noch für die nächsten fünf Jahre.
Workshop gegen die Sucht
Aber es geht ihm besser. Seine damalige Freundin motivierte ihn vor ihrem Verschwinden dazu, einen Suchtworkshop zu machen. Im Fokus: das Thema Sex. Dank des Workshops bekommt Stucki seine Sex- und Drogensucht in den Griff. Er findet dank seiner Freundin zum Glauben und betreibt einen spirituellen Blog. «Dieser hilft mir besser, mit der Situation umzugehen», sagt Stucki.
Obwohl er seine Süchte seit April 2022 komplett im Griff hat, steht er von einem riesigen Schuldenberg. Der Kredit lastet schwer auf ihm. Durch seinen Lebensstil hat er – ausser der dritten Säule – nie gespart. Die Steuern 2020 bezahlte er mit einer neuen Kreditkarte, die Steuern 2021 mit einem privaten Darlehen. Seine Schulden wandern somit von einem Gläubiger zum nächsten.
Seit Mai 2022 zahlt er zudem Alimente und Unterhalt. Seine 16-jährige Tochter bekommt monatlich 2100 Franken Alimente. Seiner Exfrau zahlt er zuerst 2700 Franken Unterhalt, später 1600 Franken.
Dabei wurden die Alimente aufgrund des Einkommens berechnet. Stucki verdient netto zwischen 8000 und 9000 Franken. Dass er einem Schuldenberg von 189'000 Franken gegenübersteht, ist dem Gericht egal. «Sie haben gesagt, die Schulden sind mein Problem. Das stimmt ja auch», gibt Stucki zu.
Klar ist: Früher oder später bringen die hohen Schulden und die zusätzlichen Alimenten- und Unterhaltsleistungen Stucki in Bedrängnis. Wenn er Ende Monat alle Rechnungen bezahlt hat, steht er bereits 500 Franken im Minus. Sonstige Ausgaben wie Essen oder ÖV sind dann noch nicht gedeckt. Immerhin kann er mit dem Velo zur Arbeit fahren.
Auf Ricardo verscherbelt er sein Leben
Sein Schuldenberg beträgt aktuell 140'000 Franken. Die Situation belastet Stucki sehr: «Ich hatte schon einige schlaflose Nächte.» Er wünscht sich psychologische Hilfe – das liegt aber finanziell nicht drin.
Zurzeit hält er sich mit Verkäufen auf Ricardo über Wasser. Als Hobby-Musiker hat er so einiges zu versteigern. Eine Lohnpfändung konnte er bisher abwenden. «Wenn kein Wunder geschieht, muss ich wohl Privatkonkurs anmelden», meint Stucki. Da er das mit allen Mitteln verhindern will, steht zuerst die Schuldenberatung auf seinem Plan.
Momentan ist seine einzige Hoffnung, dass er sich mit 58 Jahren frühpensionieren kann. Da er immer gut verdient hat, liegt sein Rentenguthaben bei über einer Million. Seiner Exfrau steht noch ein gutes Sümmchen zu. Zusammen mit dem Geld aus der dritten Säule will sich Stucki im Ausland eine neue Existenz aufbauen. Schliesslich sind die Lebensunterhaltskosten im Ausland deutlich günstiger. Eignen würden sich Portugal oder Lateinamerika.
Aktuell bereitet ihm das Jahresende Sorgen: Dann kommen wieder Steuern auf ihn zu. Und wie er die dritte Säule bezahlen will, weiss er noch nicht. Ihn nimmt seine Situation sehr mit. Mit seinem Beitrag im Blick will er andere deshalb ermutigen, sich früher professionelle Hilfe zu holen.
*Name geändert