Darum gehts
- UBS-Übernahme durch ausländische Bank möglich. Regulatorische Verschärfungen beunruhigen Konzernspitze
- UBS warnt vor Wettbewerbsnachteil durch engere Eigenkapitalvorschriften
- Börsenwert könnte bei 50 % höheren Eigenkapitalvorschriften um ein Viertel einbrechen
Gehört die UBS der Schweiz? Gehört die Schweiz der UBS? Im Kleinstaat herrscht das grosse Unbehagen, seit die letzte verbliebene Grossbank die Geschicke der Nation mitbestimmt. Und das tut sie, mit 350 Milliarden Franken an vergebenen Krediten im Land.
Die Furcht vor einem Klumpenrisiko treibt die Politik um; Finma, Nationalbank und Finanzdepartement wollen dem Geldhaus engere Eigenkapitalvorschriften auferlegen; in Bern kommts zum Showdown. Die Konzernspitze um Präsident Colm Kelleher (67) und CEO Sergio Ermotti (64) warnt vor unnötigem Wettbewerbsnachteil. Und letzte Woche hat das Finanzportal Bloomberg mit einer Meldung eine alte Diskussion aufgewärmt: Die UBS drohe mit einem Wegzug aus der Schweiz, sollte das regulatorische Korsett zu eng werden.
Börsenwert könnte um ein Viertel einbrechen
Doch geistert in der Chefetage an der Zürcher Bahnhofstrasse ein ganz anderes Szenario herum, wie Blick-Recherchen zeigen. Heisses Eisen ist nicht der Wegzug, sondern die Übernahme durch eine ausländische Bank. Diese Variante wird von den Strategen offenbar ernsthaft ins Auge gefasst und auch bei der Lobbyarbeit thematisiert. Die Überlegung: Mit 50 Prozent höheren Eigenkapitalvorschriften, wie teils gefordert, könnte der Aktienkurs der UBS um schätzungsweise ein Viertel einbrechen. Gleichzeitig zum gedrückten Börsenwert wäre das Unternehmen grosszügig mit unproduktivem Kapital auf Gruppenstufe versehen, vielleicht in der Höhe von 18 bis 20 Prozent an den sogenannten risikogewichteten Aktiven.
Mit anderen Worten: Die UBS würde zum Schnäppchen. Und wer weiss, ob unter der neuen US-Regierung um Donald Trump (78) und dessen «America First»-Politik nicht ein Wall-Street-Riese wie J.P. Morgan oder Bank of America plötzlich Appetit auf den weltweit grössten Vermögensverwalter entwickeln würde? «Wegzug ist das kleinste Szenario», sagt ein UBS-Insider zu Blick; «der Worst Case heisst Take-over, und der könnte bei einer Kapitalisierung von 15 bis 20 Prozent eintreten». Sicher ist: Das Wealth Management gilt als das Tafelsilber der Bank, das auf dem internationalen Markt durchaus Gelüste weckt.
Das Gesetz könnte erst 2029 in Kraft treten
Dazu kommen die langsamen Mühlen der Schweizer Politik. Bis im Mai will der Bundesrat Eckwerte für seinen Lex-UBS-Entwurf bekannt geben. Bleibt das Ansinnen auf Gesetzesebene, wird bis 2026 eine Vorlage erwartet, die erst 2027 ins Parlament kommen könnte. Möglich wäre auch ein Referendum, was einen definitiven Entscheid bis 2028 oder 2029 verschieben könnte. Das würde lange Jahre der Unsicherheit für eine auf verlässliche Leitplanken angewiesene Branche bedeuten.
Wie ernst gemeint diese Sorge ist und wie sehr sie taktisch überzeichnet wird, ist von aussen schwer zu beurteilen. Eine Übernahme der UBS durch einen US-Konkurrenten könnte zumindest auf dem Papier Sinn ergeben. Die Schweizer Grossbank ist ihrer Vermögensverwaltung in fast allen Teilen der Welt die erste Adresse für sehr reiche Kunden. In den USA dagegen hat sie es bisher nicht geschafft, ein profitables Geschäft aufzubauen.
In der Praxis dagegen sind Bankenfusionen mit grossen Risiken verbunden. Eine in die USA wegfusionierte UBS würde wohl viele ihrer sehr reichen Kunden verlieren. Nicht nur im wichtigen Heimmarkt, sondern auch in anderen Regionen wie Singapur oder Hongkong. Es gibt Gründe, warum begüterte Asiaten ihre Gelder einer Schweizer Bank anvertrauen. Würde die UBS tatsächlich geschluckt, würden helvetische Mitbewerber wie Julius Bär, die ebenfalls in den wichtigsten globalen Reichen-Hotspots vertreten sind, wohl von Neukunden überrannt.
«Das Schweizer Geschäft ist eine der Säulen der Strategie»
Die UBS-Vertreter jedenfalls beissen dem Vernehmen nach bei den Regulatoren und im Finanzdepartement von Karin Keller-Sutter (61) auf Granit. Dort sehe man einzig die Risiken, wird innerhalb der UBS geklagt; über den volkswirtschaftlichen Nutzen rede dort niemand.
Ein Sprecher der Bank will sich zu den Szenarien nicht äussern. Er verweist auf eine Aussage, die CEO Ermotti Anfang Jahr am WEF machte. Dort sagte er zur Frage der Sitzverlegung, dass die Schweizer Herkunft der Bank helfe, sie sei ein «ganz entscheidendes Unterscheidungsmerkmal». Das Schweizer Geschäft sei eine der Säulen der Strategie. «Wir wollen weiterhin erfolgreich von der Schweiz aus operieren. Daher denke ich nicht, dass es für mich zum jetzigen Zeitpunkt ein Thema ist, aus der Schweiz wegzuziehen.»
Ende Mai wird die Landesregierung Farbe bekennen. Dann beginnt das nächste Kapitel im komplizierten Verhältnis zwischen der UBS und der Schweiz.
Zur Gefahr einer Übernahme durch eine andere Grossbank äusserte sich UBS-Chef Ermotti bisher nicht. Fest steht: Das Verhältnis zwischen der UBS und der Schweiz bleibt kompliziert.