Das neue Aussichtsrestaurant auf dem Eggishorn hätte zusammen mit der neuen Seilbahn zum Aushängeschild eines der grössten Skigebiete im Oberwallis werden sollen. Viele Jahre lang mussten sich die Aletsch Bahnen anhören, viel zu wenig aus der sensationellen Aussichtsplattform auf den Aletschgletscher zu machen. Dann nahm das Prestigeprojekt für 35 Millionen endlich Gestalt an. Zumindest, bis gegen ein involviertes Architekturbüro heftige Vorwürfe erhoben wurden.
Absender war der Geschäftsführer des Seilbahnunternehmens Obereggen Latemar im Südtirol, Italien. Das geplante Aussichtsrestaurant auf dem Eggishorn glich der Berghütte Oberholz, die den Bahnen gehört, wie ein eineiiger Zwilling. Der gleiche dreiteilige, geschwungene Grundriss, die Terrasse, die dreieckige Fensterform: Die Ähnlichkeiten waren derart frappant, dass ein Zufall mehr als abwegig scheint. Der «Walliser Bote» hat darüber im Februar berichtet. Gemäss Urhebergesetz darf ein Gebäude nicht einfach so kopiert werden.
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Architekturbüro verliert den Auftrag
Die Bergbahnen stoppten das Projekt. Zur grossen Überraschung beauftragten die Bergbahnen dasselbe Oberwalliser Architekturbüro, ein neues Restaurant zu entwerfen. In dieser Woche ziehen die Bergbahnen dann aber doch die Notbremse und lancieren einen nationalen Architekturwettbewerb im Einladungsverfahren, wie sie auf ihrer Homepage bekannt geben.
Mit dem bisherigen Architekturbüro habe man eine Einigung erzielt. «Man hat miteinander vereinbart, keine weiteren Details offenzulegen», schreiben die Aletsch Bahnen in der Mitteilung. Damit bleibt offen, ob das Büro für die Kopierarbeit bezahlt worden ist. Der Arbeitsaufwand für das eingereichte Projekt dürfte sich aber zumindest in Grenzen gehalten haben.
Suche nach neuem Büro sorgt für Gesprächsstoff
Damit dieses Mal nichts schiefläuft, haben die Bahnen ein externes Büro mandatiert, das die Architekturbüros kontaktieren und für den Wettbewerb einladet. Das sorgt bereits für neuen Gesprächsstoff: «Wenn ich Bauherr wäre, würde ich doch zwischen möglichst vielen Projekten auswählen wollen. Das erreicht man nur mit einem Projektwettbewerb im offenen Verfahren», sagt Ivo Bösch (50), Architekt und Autor bei der Fachzeitschrift «Hochparterre» zum «Walliser Boten». Auf diese Weise könnten die Bahnen das bestmögliche Projekt finden. Beim nun geplanten Vorgehen sei dies nicht gegeben. Die Bahnen würden am Ende darüber entscheiden, welche Architekturbüros tatsächlich eine Einladung erhalten.
Die Suche nach einem neuen Projekt setzt die Bahnen auch mit Blick auf den Zeitplan unter Druck. Man versuche, am Baubeginn im Jahre 2025 festzuhalten, heisst es in der Mitteilung. Doch allein der Architekturwettbewerb wird mehrere Monate in Anspruch nehmen. Und das anschliessende Bewilligungsverfahren dürfte erfahrungsgemäss ebenfalls reichlich Zeit beanspruchen. Wegen des Kopier-Skandals haben die Aletsch Bahnen die geplante Eröffnung der neuen Seilbahn und des Restaurants bereits um ein Jahr verschoben. Doch auch eine Inbetriebnahme Ende 2026 scheint überaus sportlich.