Von der mit 3,5 Prozent höchsten Inflation seit fast 30 Jahren im August 2022 zu mittlerweile 1,3 Prozent: Die Teuerung in der Schweiz hat abgenommen und drückt den Schweizer Arbeitnehmenden weniger aufs Portemonnaie. Doch ohne Lohnerhöhung bleibt Ende Monat nach wie vor immer weniger übrig. Angestellte Schweiz lanciert den Lohnherbst und fordert deshalb eine Erhöhung um 2,2 Prozent, wie die Arbeitnehmerorganisation mitteilt.
Begründet wird der Entscheid mit den Nachwirkungen der erwähnten Inflation. «Der Kaufkraftverlust ist immer noch da. Viele Arbeitnehmende spüren die Auswirkungen steigender Preise, insbesondere bei Lebensmitteln, Mieten und Krankenversicherungsprämien», erklärt Manuela Donati, Sprecherin von Angestellte Schweiz. Die Organisation vertritt vor allem Beschäftigte in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie der Chemie- und Pharmabranche.
Deutlicher Rückgang der Reallöhne
Die Reallöhne der Arbeitsbevölkerung sind in den letzten drei Jahren im Durchschnitt deutlich geschmolzen. 2023 betrug der reale Lohnrückgang 0,4 Prozent, das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Schon 2022 gab es einen Kaufkraftverlust – und zwar gleich um 1,9 Prozent. Im Jahr zuvor waren die Löhne real um 0,8 Prozent zurückgegangen. Diese «wirtschaftlich schwierigen Jahre» haben die Arbeitnehmerinnen unter Druck gesetzt, betont die Arbeitnehmerorganisation.
Der Schweizerische Arbeitgeberverband dämpft die Erwartungen und stellt tiefere Lohnerhöhungen als die geforderten 2,2 Prozent in Aussicht. «In den vergangenen vier Jahren gewährten die Betriebe trotz grosser Herausforderungen zum Teil substanzielle Nominallohnerhöhungen», sagt Simon Wey (47), Chefökonom des Arbeitgeberverbands.
Aussichten der Firmen sind tiefer
Die aktuelle Lohnumfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH zeigt: Die Nominallöhne dürften in diesem Jahr um durchschnittlich 1,9 Prozent und im kommenden Jahr um 1,6 Prozent steigen.
Wey hebt hervor, dass sich die momentan rückläufige Inflationsrate für Arbeitnehmende vorteilhaft auswirken dürfte. Die Reallöhne sollten kontinuierlich ansteigen.
Die Lohnrunde in den kommenden Monaten darf mit Spannung erwartet werden. Gemäss Donati verzeichneten tiefere Lohngruppen in den letzten Jahren einen etwas höheren Lohnanstieg als mittlere Lohnniveaus. «Dies gilt es in der bevorstehenden Lohnrunde zu berücksichtigen, damit sich das Risiko der Verarmung in den mittleren Gehaltsgruppen nicht erhöht», so die Sprecherin. Der Schweizer Mittelstand darf hoffen.