Ersetzen dereinst Roboter meinen Job? Diese jahrzehnte alte Angst hat sich teils schon bewahrheitet, etwa in der Industrie. Doch jetzt geht es erst richtig los. Nur sind es nicht mehr mechanische Roboter, sondern Algorithmen und darauf aufbauende künstliche Intelligenz (KI), die wir zu befürchten haben.
Am Ursprung der neuen Befürchtungen ist der Textroboter ChatGPT. Dieser fasziniert mit seinen ausgeklügelten Antworten auf alltägliche Fragen. So sehr, dass beispielsweise an Schulen der Einsatz von ChatGPT bereits verboten wird. Das führt zu nachgelagerten Fragen: Was kann künstliche Intelligenz bald besser als der Mensch? Wie wird damit der Arbeitsalltag verändert? Für welche Jobs können Arbeitgeber künftig verstärkt auf KI setzen?
60-80 Prozent der Arbeitnehmer gefährdet
Mit diesen Fragen haben sich zwei Studien auseinandergesetzt. Die erste Studie stammt von den Machern von ChatGPT selbst: Forscher des Start-up-Unternehmens OpenAI haben sich mit Wissenschaftlern der University of Pennsylvania zusammengetan, um herauszufinden, auf welche Jobs sich ChatGPT am stärksten auswirkt. Folgende Berufsgruppen werden genannt:
- Buchhalter
- Mathematiker
- Programmierer
- Dolmetscher
- Schriftsteller
- Journalisten
KI kann zumindest einen Teil von deren bisherigen Aufgaben übernehmen. Obwohl die KI-Systeme derzeit bei ihren Antworten oft noch fehlerhafte Fakten liefern, bringen sie bei Aufgaben wie Übersetzung, Klassifizierung, kreativem Schreiben und Generierung von Computercodes auch jetzt schon beachtliche Ergebnisse.
Die Forscher von OpenAI und der University of Pennsylvania gehen davon aus, dass die meisten Arbeitsplätze in irgendeiner Form durch die KI-Sprachmodelle verändert werden. Rund 80 Prozent der Arbeitnehmer (in den USA) seien in Berufen tätig, in denen mindestens eine Aufgabe durch generative KI schneller erledigt werden könne. Unter «generativer KI» werden Computerprogramme verstanden, die neue Ideen, Inhalte oder Lösungen erstellen können, anstatt nur vordefinierte Regeln oder Anweisungen abzuarbeiten.
In einer weiteren Studie hat die Bank Goldman Sachs errechnet, dass etwa zwei Drittel der derzeitigen Arbeitsplätze einem gewissen Grad an KI-Automatisierung ausgesetzt sind. Generative KI könne somit bis zu einem Viertel der derzeitigen Arbeit ersetzen. Auf die ganze Welt hochgerechnet könnte generative KI das Äquivalent von 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen automatisieren.
Sie haben weniger zu befürchten
Experten sehen aber auch Arbeiten und Berufe, in denen KI nur eine untergeordnete Rolle spielen wird. Dazu gehören primär handwerkliche Berufe, aber auch andere Berufsgruppen, etwa:
- Köche
- Mechaniker
- Forstwirtschaft
- Landwirtschaft
- Justiz
- Medizin
- Steuerberatung
- Vermögensverwaltung
Die KI treffe viele Aussagen mit grosser Überzeugungskraft, obwohl die Fakten oft fehlerhaft seien. Dieses Problem ist längst nicht behoben.
Mehr zur Angst vor Künstlicher Intelligenz
Darüber hinaus gibt es systemische Einschränkungen. KI benötigt gewaltige Rechnerkapazitäten und damit auch riesige Mengen an Energie. Das hat sowohl aus finanzieller als auch aus klimatischer Sicht viele Nachteile.
Angst bei Unternehmern
Als Faustregel kann man festhalten: Je repetitiver ein Job ist und je weniger rein humane Faktoren wie Empathie benötigt sind, desto höher ist die Chance, dass KI bald übernimmt. Selbst wenn Jobs nicht vollständig wegfallen, so werden diverse Aktivitäten zumindest ergänzend von KI übernommen.
Klar ist zudem, dass der grossflächige Einsatz von KI zu profunden Veränderungen des Alltagslebens führen wird. Veränderungen, für die noch wenige regulatorische Leitplanken vorhanden sind. Das hat zahlreiche, teils namhafte Unternehmer wie Elon Musk (51) oder Steve Wozniak (72) dazu geführt, einen offenen Brief des Future of Life Institute zu unterzeichnen, in welchem eine Sistierung der KI-Entwicklung gefordert wird. Auch Schweizer Politiker haben bereits unterzeichnet. Der KI-Wandel beginnt erst richtig.