Gold ist so begehrt wie noch nie. Das hat weniger mit den Olympischen Spielen in Paris zu tun, wo seit letztem Freitag die Jagd nach den Goldmedaillen eröffnet ist. Für sämtliche an der Olympiade und bei den anschliessenden Paralympics vergebenen Medaillen braucht es gut fünf Kilogramm Gold – sechs Gramm pro Goldmedaille.
Der Nachfrageboom hat viel mehr mit der geopolitischen Verunsicherung und dem Goldrausch einiger Zentralbanken zu tun. Auch künstliche Intelligenz spielt eine Rolle.
Das führt dazu, dass sich der Goldpreis aktuell nahe beim Mitte Juli erreichten Allzeithoch hält. Schon seit Monaten ist die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall ungebrochen hoch: «Wir haben noch nie ein so starkes zweites Quartal gesehen», erklärt Krishan Gopaul vom World Gold Council, der globalen Lobby-Organisation für die Goldbranche. In den Monaten April bis Juni kletterte die globale Goldnachfrage auf 1258 Tonnen.
Gold ist ein sicherer Wert
Und das, obwohl der Bedarf für Goldschmuck um bis zu einem Fünftel eingebrochen ist. Der hohe Goldpreis schreckt offenbar viele ab, Schmuck zu kaufen. Das hat zum Beispiel auch die Swatch Group zu spüren bekommen, die im ersten Halbjahr deutlich weniger ihrer teureren Zeitmesser verkauft hat.
Andererseits greifen Anleger bei Goldinvestments vermehrt zu. Das gilt insbesondere für grosse Märkte wie Indien oder China. «In China steigt die Verunsicherung über die Entwicklung der Wirtschaft. Sinkende Zinsen, eine schwächere Währung und die Krise am Immobilienmarkt haben die Nachfrage nach Gold zur Absicherung erhöht», sagt Gopaul.
Angst vor US-Schuldenblase
Der Goldmarkt ist zweigeteilt: Rund drei Viertel des Geschäfts wird über den Börsenhandel abgewickelt, der Rest «über den Tresen», wie das ausserbörsliche Geschäft auch genannt wird. Dieser private Handel hat im zweiten Quartal die Goldnachfrage deutlich nach oben getrieben.
Allerdings kann nur gemutmasst werden, wer hinter dem Kauf von Hunderten Tonnen Gold steckt. «Dieser Markt ist sehr intransparent. Wir vermuten, dass sehr vermögende Privatpersonen Gold für die Absicherung ihrer Investments gekauft haben. Viele fürchten sich vor der grossen Verschuldung in den USA», so Gopaul.
Denn platzt die US-Schuldenblase, könnte das zu einer weiteren und dramatischen Abschwächung des Dollars führen. Eine Abschwächung, die im Normalfall durch steigende Rohstoff- und Edelmetallpreise zumindest teilweise kompensiert würde.
Angst vor Sanktionen
Auch der Boom um die Künstliche Intelligenz treibt die Nachfrage nach Gold. Auch wenn in Halbleitern und Computerchips nur minimale Mengen an Gold verbaut werden, so hat die steigende Nachfrage nach Rechenleistung auch den Bedarf an Gold in industriellen Anwendungen erhöht.
Bleiben noch die Zentralbanken. Während viele westliche Notenbanken ihre Goldreserven reduziert haben, kaufen Schwellenländer wieder vermehrt vom Edelmetall. Ein Trend, der bereits kurz nach der Finanzkrise 2010 eingesetzt und sich seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges deutlich verstärkt hat, wie Giovanni Staunovo (47), Rohstoffanalyst bei der UBS, erklärt: «Die Sanktionen gegen Russland haben diesen Ländern vor Augen geführt, wie schnell Guthaben in Dollar bei anderen Zentralbanken blockiert werden können. Diese Gefahr droht bei im eigenen Land gebunkerten Goldreserven nicht.»
Schweizer profitieren weniger stark
Die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall boomt. Ist ein Ende in Sicht? «Wir erwarten eine weitere Steigerung des Goldpreises», sagt Staunovo. «Dies vor allem wegen der bevorstehenden Zinssenkungen in den USA.» Denn sinken die Zinsen, fällt die Rendite der sicheren Staatsanleihen. Da kann in Zeiten von Unsicherheit etwas Gold zur Absicherung der Werthaltigkeit des Portfolios beitragen.
Allerdings gibt Staunovo zu bedenken: «Wir profitieren in unsicheren Zeiten weniger stark vom Anstieg des Goldpreises.» Denn in solchen Zeiten ist nicht nur Gold ein sicherer Hafen, sondern auch der Schweizer Franken. Was dazu führt, dass ein Teil des Wertanstiegs beim in Dollar gehandelten Gold bei der Umrechnung in Franken verloren geht.