Aldi verkauft Schweizer Produkt mit Fleisch aus Polen
Wenn das Mostbröckli zum Ostbröckli mutiert

Wo liegt Appenzell? Wo Polen? Eine kleine Lektion in Sachen Trockenfleisch – auch für Aldi.
Publiziert: 21.02.2024 um 08:41 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2024 um 10:38 Uhr
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«Mostbröckli»: Ein urschweizerischer Begriff. Aber das Fleisch kommt aus Polen.
Foto: Beobachter
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Andrea M. Haefely
Beobachter

59.50 Franken kostet das Kilogramm Mostbröckli bei Aldi. Das ist ein Fakt. Weitere Fakten sind:

  1. Die Ostschweiz liegt im Osten der Schweiz.
  2. Das Appenzellerland liegt in der Ostschweiz.
  3. Das Mostbröckli ist ein regionaler Leckerbissen aus dem Appenzellerland.
  4. Mostbröckli wird geräuchert.
  5. Polen hat mit all dem nichts zu tun.

Dann wird die Faktenlage rund um das schmackhafte Dörrfleisch schwammiger, zum Beispiel hinsichtlich des verwendeten Fleisches. Rind oder Kuh (meistens), Pferd (seltener). Auch Hund wurde früher in ländlichen Gegenden zu dieser Delikatesse verpökelt. Aber keine Angst, durchgesetzt hat sich das nicht, schon gar nicht im Verkauf. Hundefleisch zu essen, ist in der Schweiz zwar nach wie vor erlaubt, der kommerzielle Handel damit aber verboten.

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Um die Fleischwirrungen noch ein wenig auszureizen: Mostbröckli galt früher als Ersatz für das beliebtere Schweinefleisch. Das war in der Ostschweiz Mangelware, weil die dortigen Bauern meist Milchwirtschaft betrieben und deshalb mehr Kühe hielten als Schweine.

Fleisch aus Polen

Zur Namensgebung gibts Folgendes zu berichten: Der Begriff «Bröckli» ist angesichts des verwendeten Fleischstücks nachvollziehbar, doch der Zusatz «Most-» gibt bis heute Rätsel auf. Das Patrimoine Culinaire, das Inventar der helvetischen Kulinarik, bietet zwei Deutungen an. Erstens: Früher soll man zum Mostbröckli gern Most getrunken haben. Zweitens: Weil nicht die besten Stücke zur Herstellung verwendet wurden, habe man der Pökellake Most beigefügt, denn Säure macht Fleisch mürbe. Zudem hemmt sie die Entwicklung von Bakterien – ein durchaus willkommener Nebeneffekt. Verdorbenes Fleisch entwickelt das Nervengift Botulinum, das lebensbedrohliche Vergiftungen hervorrufen kann.

Und ja, das ist das gleiche Zeug, das sich manche Zeitgenossen zwecks optischer Verjüngung als Botox unter die Haut spritzen lassen.

Zu guter Letzt aber noch dieser Fakt: Das Mostbröckli ohne den Zusatz «Appenzeller» auf der Packung, das Aldi geschnitten und vakuumiert verkauft, ist eher ein Ostbröckli: Das Fleisch stammt laut Deklaration aus Polen. Und das liegt bekanntlich deutlich östlicher als die Ostschweiz.

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