Die Werbung war etwas provokant: Lange Zeit machte die Bettmeralp VS mit dem Slogan «Bettmeralp – The better Alp» Werbung. Viele Gäste und Einheimische konnten dem voll zustimmen. Doch das war einmal. Heute geht es den Einheimischen auf der Bettmeralp so gar nicht mehr besser als in anderen Tourismusgemeinden. Wer hier eine bezahlbare Wohnung sucht, ist arm dran. «Die Situation ist katastrophal», sagt Gemeindepräsident Martial Minnig (38) zur Lokalzeitung «Walliser Bote».
Ein Blick auf Immobilienportale bestätigt das düstere Bild. Der Markt ist ausgetrocknet. Eine einzige Mietwohnung ist zu finden: 3,5 Zimmer für 1900 Franken pro Monat. Dazu ein Chalet mit 5,5 Zimmern und 142 Quadratmetern. Verkaufspreis: 2,75 Millionen Franken. Und ein Stück Bauland mit rund 700 Quadratmetern für knapp 600'000 Franken. Das Land ist damit x-fach teurer als in vielen anderen Oberwalliser Gemeinden. Das liegt nicht etwa daran, dass hier ein Luxuschalet entstehen könnte. Es ist nur der Bau eines Erstwohnsitzes erlaubt.
Fehlender Wohnraum künftiges Problem für die Schule
Der fehlende bezahlbare Wohnraum für Einheimische und Tourismuspersonal stellt die Zukunft der Gemeinde auf wacklige Füsse. Er erschwert auch die Rückkehr für Weggezogene – sei es zum Studieren oder Arbeiten. Gemeindepräsident Minnig freut sich über die 61 Schulkinder, die auf 480 Einwohner kommen. «Die grosse Herausforderung ist allerdings, diesen Bestand und die Schule langfristig zu halten», sagt er zur Lokalzeitung.
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Das Problem: Erstwohnungen, die am 11. März 2012 bereits standen oder bewilligt waren, dürfen ohne Einschränkungen in Ferienwohnungen umgenutzt werden. Das treibt die Preise auch bei alten Objekten durch die Decke. Davon haben vor Ort viele profitiert. «Denn auch Einheimische haben laufend Wohnungen verkauft oder vermieten diese als teure Zweitwohnungen», so Minnig.
Doch wer verzichtet bei einem Verkauf schon auf viel Geld? Das funktioniert vielleicht innerhalb der engsten Familie. Aber geht es nur schon um einen Onkel oder eine Tante, dürfte es mit dem Entgegenkommen rasch vorbei sein.
Was die Gemeinde tun könnte
Der Gemeinderat will für die Wohnungsnot eine Lösung suchen. Im Frühling soll der Bevölkerung an der Urversammlung ein Projekt für den Bau von bezahlbaren Wohnungen vorgestellt werden. Einfach dürfte das kaum werden. Die Gemeinde besitzt selbst kaum mehr Bauland oder eigene, leerstehende Immobilien. Zudem sei das Bauen oben auf dem Aletschplateau mindestens ein Drittel teurer als im Talgrund.
Die Gemeinde könnte auch bei den hohen Wohnungspreisen ansetzen. «Die nötigen Instrumente dafür bestehen in der Nutzungsplanung bereits heute», erklärte Damian Jerjen (50), Direktor des Schweizer Verbands für Raumplanung Espace Suisse, Anfang Januar gegenüber Blick.
«Umnutzungen sind bewilligungspflichtig. Die Gemeinden können so in Einzelfällen oder in einem ganzen Dorfperimeter Umnutzungen untersagen», so Jerjen.
Eine weitere Möglichkeit: Die Gemeinde legt in einer Zone einen Erstwohnungsanteil fest. Wird dieser unterschritten, dürfen keine Wohnungen mehr in Feriendomizile umgenutzt werden.
Ganzjährig belebte Dorfkerne
Darf im Dorfkern nicht mehr umgenutzt werden, sinken die Immobilienpreise. Damit können sich Einheimische wieder eher einen Kauf leisten. Oder aber die Wohnungen kommen zu bezahlbaren Mieten auf den Markt. Ein schöner Nebeneffekt: «Die Dorfzentren werden mit Erstwohnungen das ganze Jahr belebt. Aktuell trifft man hier vielerorts während neun Monaten im Jahr kalte Betten an», so Jerjen.
Neben Einschränkungen können Gemeinden auch auf Anreize setzen. So könnten Bauherren mit einem Dichtebonus und damit mehr Wohnfläche belohnt werden, wenn sie preisgünstige Erstwohnungen bauen.