Auf einen Blick
- «Soft Girls» wollen reiche Männer und klassische Rollen übernehmen
- Reaktionärer Feminismus als Trotzreaktion auf ungleiche Arbeitsteilung
- Vilma Larsson (25) ist Speerspitze der Soft-Girls-Bewegung in Schweden
Hat die Emanzipation in den letzten Jahren wirklich etwas bewegt? Sprich: Übernehmen Frauen vermehrt die Rolle der Familien-Versorgerin und wünschen sich Männer Partnerinnen mit deutlich höherem Gehalt als sie selber? Nicht wirklich.
In Schweden ist nun eine grosse Diskussion um moderne Frauenbilder entbrannt, wie die «SonntagsZeitung» dokumentiert. Vilma Larsson (25) ist die Speerspitze von sogenannten Soft Girls, die sich einen reichen Mann angeln und gerne wieder die klassische Rolle einnehmen: Da sein für den Partner und sich um den Haushalt kümmern.
In sozialen Medien präsentieren sich diese Soft Girls als fortschrittliche Frauen: Sie streben nach einem stressfreien Leben ohne Karrieredruck, ihre Welt dreht sich um Selfcare, Yoga und andere Annehmlichkeiten. Was gerade von vielen Frauen harsch kritisiert wird, nennen Experten «reaktionären Feminismus».
Warum sich abmühen, wenn sich nichts ändert?
Die «SonntagsZeitung» zitiert Genderforscherin Jilly Kay, die diese Art Trotzreaktion zu erklären vermag. Viele junge Frauen hätten miterlebt, wie ihre Mütter trotz Berufstätigkeit weiterhin für Haushalt und Familie hauptverantwortlich blieben – und sich damit oft am Rande der Erschöpfung bewegten. Die Bilanz von Aufwand und Ertrag war schlecht. Man kennt das: Weil mehr Frauen Teilzeitarbeit leisten, stehen sie zudem im Alter finanziell schlechter da.
Warum also sollten sie sich diese Plackerei antun, wenn die Welt immer noch nach männlichen Regeln funktioniert? Es sei eine Abkehr vom «Girlboss-Feminismus», der Emanzipation vor allem mit beruflichem Erfolg gleichsetzt. Manche Expertinnen, die sich vom Girlboss-Feminismus distanzieren, argumentieren sogar, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen biologisch bedingt und damit unveränderbar seien. Die jahrelange Gleichmacherei habe den Frauen eher geschadet. Warum sich nicht die patriarchalische Struktur zunutze machen?
Zudem sei es gerade die Emanzipation, die Frauen oft zum Wunsch nach finanzieller Absicherung durch einen Mann treibt. Weil Frauen, die Kinder und Karriere wollen, ein finanzielles Fundament brauchen, um überhaupt einem Beruf nachgehen zu können. Geld ist ein Mittel der Freiheit. Aber viele wünschen sich den Aufwand, der mit dieser Freiheit verbunden ist, nicht – und verzichten nun lieber auf die finanzielle Freiheit.
Vorsicht Falle!
Doch Expertinnen warnen: Den Beruf aufzugeben, um Hausfrau zu werden, sei kein zukunftsfähiges Konzept. Das finanzielle Risiko sei immens, besonders da die Ehe als Versorgungsmodell ausgedient habe.
Klar wird: Die Debatte um Feminismus und Geschlechterrollen ist längst nicht abgeschlossen. Ob dieser «reaktionäre Feminismus» mehr als nur ein vorübergehender Trend ist, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Er stellt viele Errungenschaften der Frauenbewegung infrage und sorgt für hitzige Diskussionen – in Schweden und darüber hinaus.
DEINE MEINUNG HIERZU? Melde Dich unter blickwirt@ringier.ch