8 Tipps, um einen Verkauf zu verhindern
So bleibt das Elternhaus in der Familie

Drei Geschwister erben ein Haus. Ein Bruder möchte es übernehmen. Doch es gibt ein Problem.
Publiziert: 31.01.2024 um 19:47 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2024 um 12:27 Uhr
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Der Streit ums Elternhaus kann schon mal vor Gericht enden.
Foto: imago images/Imaginechina-Tuchong
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Helena Ott
Beobachter

Nadja Schmids Vater ist früh gestorben. Er hinterlässt ein Doppeleinfamilienhaus in den Bergen, in dem Schmid zusammen mit zwei Brüdern aufgewachsen ist. Die Mutter wohnt noch darin und möchte möglichst lange bleiben. Damit sind alle Kinder einverstanden. Ein Bruder möchte das Haus übernehmen. Doch ihm fehlt das Kapital, um die anderen auszuzahlen. Wie Nadja Schmid und ihrer Familie, die eigentlich anders heisst, geht es vielen in der Schweiz: Der Nachlass besteht praktisch nur aus einer Liegenschaft – und kein Erbe kann die anderen einfach auszahlen. Doch für fast jede Konstellation gibt es auch eine Lösung, die das Haus in der Familie bleiben lässt.

8 Optionen: So bleibt das Haus in der Familie

1

Hypothek erhöhen

Um die Miterben auszuzahlen, braucht es Kapital. Das bekommt man etwa, wenn man die Hypothek erhöht. Voraussetzung ist natürlich, dass das Haus nicht oder nicht zu hoch belastet ist. Und: Die neuen Eigentümer müssen sich die Hypothek leisten können. Die Bank prüft die sogenannte Tragbarkeit nach strengen Vorgaben. Es fallen zusätzliche Zinsen und Amortisationszahlungen an. 

2

Vorbezug Altersvorsorge

Für selbst bewohntes Wohneigentum kann man Kapital aus der zweiten und der dritten Säule vorbeziehen oder verpfänden – die sogenannte Wohneigentumsförderung (WEF). Das hat aber einige Nachteile. Wenn Vorsorgekapital ausbezahlt wird, fallen Steuern an, das gilt auch bei der WEF. Zudem sind die Altersleistungen später tiefer. In vielen Fällen wird auch die Leistung bei Invalidität und Tod gekürzt.

Das Geld aus der dritten Säule kann man nicht wieder einzahlen, wenn man das Haus später verkauft. Das ist bei der zweiten Säule anders: Der WEF-Vorbezug darf wieder einbezahlt werden. Nicht zu unterschätzen: Es muss alles vollständig zurückgezahlt sein, erst dann kann man Einkäufe in die Pensionskasse von der Steuer abziehen. 

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3

Darlehen unter Geschwistern

Oft wollen auch die Geschwister, dass das Haus in der Familie bleibt. Und sind vielleicht bereit, ein Darlehen zu geben, indem sie nicht darauf bestehen, dass ihre Anteile sofort ausbezahlt werden. Den Vertrag kann man den finanziellen Möglichkeiten anpassen und zum Beispiel abmachen, dass der Darlehensnehmer das Geld in regelmässigen Raten bezahlt. Oder den ganzen Betrag nach einer gewissen Laufzeit. Einigen muss man sich darüber, ob und in welcher Höhe Zinsen geschuldet sind. Möglich ist natürlich auch, dass jemand ausserhalb der Familie ein Darlehen gewährt, damit die Erben ausbezahlt werden können. 

So oder so: Darlehen verjähren nach zehn Jahren. Durch Zins- oder Rückzahlungen wird die Verjährungsfrist jedes Mal unterbrochen. Aber falls ein frist- und zinsloses Darlehen gewährt wird oder der Darlehensnehmer die geschuldeten Raten nicht leistet, besteht die Gefahr der Verjährung. Notfalls muss der Darlehensgläubiger die Verjährungsfrist rechtzeitig mit einer Betreibung unterbrechen

4

Grundpfand

Damit die Darlehensgeberin eine Sicherheit für ihr Geld bekommt, kann man eine Grundpfandverschreibung auf die Liegenschaft errichten. Sie wird im Grundbuch eingetragen. Dahinter steht der gleiche Mechanismus wie bei der Hypothek, wo die Bank ebenfalls ein Grundpfandrecht bekommt. Der Vorteil für die Gläubigerin ist, dass die Liegenschaft verwertet werden kann, falls der Darlehensnehmer nicht zahlt wie vereinbart. Zudem gibt es beim Grundpfandrecht keine Verjährung. Der Nachteil: Man muss einen Schuldbrief errichten lassen, und das ist ziemlich teuer. 

5

Beteiligung Ehegatte oder Lebenspartnerin

Der Ehegatte oder die Partnerin, der Partner kann sich finanziell am Haus beteiligen. Er oder sie kann die Altersvorsorge vorbeziehen oder die eigenen Eltern um einen Erbvorbezug oder eine Schenkung bitten. Bei einem Erbvorbezug ist aber wichtig zu regeln, wem die Eltern ihn geben – nur dem eigenen Kind oder beiden Partnern? Denn falls die Beziehung in die Brüche geht, spielt das eine grosse Rolle. Im Gegenzug für die finanzielle Beteiligung wird der Ehegatte oder die Partnerin normalerweise als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. 

6

Familienpreis mit Gewinnbeteiligungsklausel

Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Gerade wenn das geerbte Haus in einer Stadt wie Zürich, Basel oder Genf steht, kann der Verkehrswert nahezu unerschwinglich sein. Deshalb kann man einen sogenannten Familienpreis vereinbaren – sprich: einen tieferen Preis für das Geschwister. Besonders unfair wäre, wenn die so begünstigte Person das Haus kurz darauf zum viel höheren Verkehrswert verkaufen würde. Um das zu verhindern, kann man den Familienpreis vertraglich mit einer Gewinnbeteiligungsklausel verknüpfen. Und damit der Hauseigentümer das Haus nicht heimlich an den Höchstbietenden verscherbeln kann, wird im Grundbuch ein Vorkaufsrecht eingetragen. So erfahren die anderen Erben, wenn das Haus verkauft werden soll – und zu welchem Preis.

Info

Mehr zu Hausfinanzierung bei Guider

Wer Wohneigentum erwerben will, ist in der Regel auf fremde Mittel angewiesen. Verschiedene Institute gewähren entsprechende Kredite in Form von Hypotheken. Beobachter-Abonnenten erfahren nicht nur, welche es gibt, sondern worauf man generell bei der Finanzierung von Wohneigentum achten sollte.

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7

Haus in Erbengemeinschaft behalten

Es gibt keine gesetzlichen Fristen, bis wann eine Erbengemeinschaft aufgelöst werden muss. So können die Geschwister auch entscheiden, vorerst auf eine Teilung zu verzichten und das Haus in der Erbengemeinschaft zu behalten. Aber: In Erbengemeinschaften steckt viel Konfliktpotenzial, weil man immer einstimmig entscheiden muss. Bei Konflikten können sich die Erben dadurch leicht blockieren. Darum regelt man am besten alle wichtigen Punkte in einem Vertrag: Wer trägt welche Kosten, wie entscheidet man über Investitionen? Zudem können die Erben vereinbaren, dass sie bei Streit eine Mediation machen müssen. Damit kann oft ein Gerichtsverfahren verhindert werden. Und es lohnt sich, einen Mietvertrag abzuschliessen zwischen der Gemeinschaft und dem Erben, der im Haus wohnt. 

8

Einfache Gesellschaft, GmbH oder AG gründen

Statt das Haus in der Erbengemeinschaft zu behalten, kann man diese auflösen und die Liegenschaft in eine einfache Gesellschaft, GmbH oder AG überführen. Vor allem bei Häusern mit mehreren Wohnungen kann das eine gute Lösung sein. Die Erben werden dadurch zu Gesellschaftern, die einfacher entscheiden und ihren Anteil – je nach Regelung in den Statuten – auch veräussern können. Allerdings fallen dabei einige Kosten an: je nach Gesellschaftsform für die Gründung und zusätzlich auch Grundstückgewinnsteuer, Handänderungssteuer und Grundbuchgebühren. 

Vorgehen bei der Übernahme des Elternhauses

  1. Wert der Liegenschaft bestimmen: Als Erstes müssen sich die Erben über den Wert des Hauses einigen. Dazu braucht es eine aktuelle Schätzung. Idealerweise geben die Erben die Schätzung gemeinsam in Auftrag und machen vorgängig ab, das Resultat anzuerkennen. Falls es keine Fachperson gibt, die allen passt, kann man auch zwei Schätzerinnen beauftragen und vereinbaren, den Mittelwert beider Schätzungen zu nehmen.
  2. Finanzierungsoptionen klären: Der Erbe, der das Haus übernehmen möchte, muss sich einen Überblick über seine finanziellen Möglichkeiten verschaffen. Und falls er die Hypothek erhöhen will: mehrere Banken anfragen und die Angebote vergleichen. Zudem gilt es abzuklären, ob der Erbe die Hypothek alleine tragen kann oder ob allenfalls der Ehegatte oder eine andere Person mit ihm gemeinsam für die Hypothek haften könnte oder gar müsste. In der Regel verlangt die Bank, dass die mithaftende Person auch als Miteigentümerin im Grundbuch erfasst wird.
  3. Optionen besprechen: Oft scheitern Erbengemeinschaften an der Kommunikation. Wenn die Stimmung schlecht ist, gehen viele davon aus, dass die anderen ohnehin ablehnen. Oder man will nicht als Bittsteller auftreten. Es ist aber wichtig, die Optionen gemeinsam zu besprechen und alle Miterben auf den gleichen Stand zu bringen. Selbst wenn es schwierig wird: Ein Vorschlag, den man nie macht, hat von vornherein keine Chance.
  4. Mediation: In der Erbengemeinschaft stehen sich oft unterschiedliche Interessen gegenüber. Und oft spielen auch alte Rollen innerhalb der Familie und tatsächliche oder empfundene Ungerechtigkeiten eine Rolle. So ist es schwierig oder gar unmöglich, sachlich und lösungsorientiert zu verhandeln. Aus dieser Pattsituation kann eine Fachperson heraushelfen. Eine Mediatorin unterstützt die Erbengemeinschaft dabei, eine gute Lösung auszuhandeln und dabei auf einer sachlichen Ebene zu bleiben. Natürlich setzt dies voraus, dass alle Erben bereit sind, gemeinsam an einen Tisch zu sitzen und an einer Lösung zu arbeiten.

Doch keine Einigung?

Wenn sich die Erben nicht einigen können, bleibt oft nur, das Haus zu verkaufen. Aber selbst daran können Erbengemeinschaften scheitern: Dem Verkauf müssen alle zustimmen und am Ende unterschreiben. 

Jede Erbin und jeder Erbe kann jederzeit auf Teilung des Erbes klagen und so das Ganze vor Gericht bringen. Das Verfahren ist aber sehr teuer und aufwendig. Und kommt deshalb meist nur in Betracht, wenn alle Teilungsversuche gescheitert und die Erben heillos zerstritten sind. 

Wenn der Nachlass nur noch aus der umstrittenen Liegenschaft besteht, darf das Gericht das Haus nicht einem Erben zuweisen. Es muss den Verkauf an den Meistbietenden anordnen. Kleiner Trost: Die Erben dürfen bei der Versteigerung mitbieten und haben somit nochmals eine letzte Chance, das Haus zu erwerben.

Die Lösung im konkreten Fall

Die Familie von Nadja Schmid konnte sich schliesslich einigen und hat eine Lösung gefunden, die für alle stimmt. Die Mutter erhält das Nutzniessungsrecht am Haus, der Bruder wird Eigentümer. Die Geschwister geben ihm ein Darlehen. Gemeinsam mit einem Notar haben sie einen Darlehensvertrag aufgesetzt. Der Bruder muss das Geld den Geschwistern ratenweise zurückzahlen – aber erst ab jenem Zeitpunkt, an dem die Mutter auszieht. Nadja Schmid ist zufrieden mit diesem Arrangement. Und froh, dass das Haus in der Familie bleibt: «Man muss einander entgegenkommen für eine gute Lösung – sonst lässt sich so etwas gar nicht realisieren.»

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