Das Ehepaar Jean-Paul (68) und Martine (67) Clozel und ihr Biotech-Unternehmen Idorsia gehen durch ein Tal der Tränen. Vor einer Woche kündigte das Unternehmen ein drastisches Kostensenkungsprogramm an. Vor allem bei der Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente gibt es Abstriche, dem Herzstück eines Biotech-Unternehmens wie Idorsia.
Nur noch die vielversprechendsten Medikamentkandidaten in der Pipeline sollen weiter verfolgt werden. Bis zu 500 der 1200 Jobs könnten dem Sparprogramm zum Opfer fallen. Ziel ist, den Cash-Burn um die Hälfte zu reduzieren. Zudem trennte sich Idorsia für 400 Millionen Franken von seinem Asien-Geschäft, das an die britische Sosei Heptares verkauft wurde.
So krass ist die finanzielle Misere
Nun offenbaren die Halbjahreszahlen das ganze Ausmass der finanziellen Misere:
- Die Umsätze kamen auch im zweiten Quartal nicht vom Fleck. Im ersten Halbjahr lagen die Verkäufe damit bei nur 51 Millionen Franken. Vor allem das Schlafmittel Daridoxerant, auf dem viele Hoffnungen ruhen, kommt nicht auf Touren. Es machte im ersten Halbjahr nur 11,8 Millionen Franken Umsatz. Immerhin: In den USA wird das Medikament nun von zwei grossen privaten Versicherungen abgedeckt. Ein Antrag auf Abdeckung durch die öffentliche Krankenversicherung Medicare wurde eingereicht.
- Der Cash-Burn ist enorm. Der operationelle Verlust lag im ersten Halbjahr bei 375 Millionen Franken (nach US-GAAP), gegenüber 405 Millionen Franken in der Vorjahresperiode. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die Verluste bis Ende des Jahres auf 735 Millionen Franken zu begrenzen – «unvorhergesehene Ereignisse ausgeschlossen», wie es in der Pressemitteilung heisst.
- Entsprechend düster sieht es bei der Liquidität aus: Ende Juni verfügte Idorsia noch über flüssige Mittel von 33 Millionen Franken. Ende März hatte die Liquidität noch 212 Millionen Franken betragen, Ende Dezember 2022 waren es 466 Millionen Franken. Immerhin: Mit dem Verkauf des Asien-Geschäfts ist jetzt für Abhilfe gesorgt.
- Vor dem Eigenkapital steht mittlerweile ein dickes Minus von mehr als 1 Milliarde Franken, gegenüber 661 Millionen Franken per Ende 2022.
- Rentabilitätsziele: Sie werden angesichts der schwierigen finanziellen Situation ausgesetzt, wie Idorsia heute bekannt gab.
Jean-Paul Clozel und seine Frau Martine versuchen, ein Biotechunternehmen ganz aus dem Nichts aufzubauen; etwas, an das sich die meisten gar nicht wagen. In aller Regel lizenzieren Newcomer ihre Wirkstoffe an Big Pharma aus, sobald es teuer wird, weil die Medikamente an Patienten und Patientinnen getestet werden müssen. Bei einem solchen Abenteuer sind Durststrecken unvermeidlich. Doch solche Zahlen sind selbst für einen Vollblutunternehmer wir Clozel eine Herausforderung.
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Das sieht offenbar auch die Börse so. Sie quittierte die Halbjahreszahlen aus Allschwil BL heute Morgen mit einem Minus von 12 Prozent. Am späten Vormittag lag die Aktie bei 6 Franken.