Spektakuläres Projekt im Wallis
Aus diesem Berg soll ein riesiger Gasspeicher werden

Die Schweiz hat keine eigenen Gasspeicher. Ein Westschweizer Energieunternehmen will das ändern und plant einen riesigen Gasspeicher in den Walliser Bergen. Das Projekt erhält durch den andauernden Ukraine-Krieg neuen Schub. Doch wie nachhaltig ist es?
Publiziert: 20.06.2022 um 00:57 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2022 um 09:52 Uhr
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In Oberwald VS soll mitten im Berg ein riesiger Gasspeicher entstehen.
Foto: Gaznat
Martin Schmidt

In Oberwald VS träumte man einst davon, zu einer Tourismus-Hochburg wie St. Moritz GR zu werden. Der glamouröse Aufstieg blieb nach der Eröffnung des Furkatunnels im Jahr 1982 jedoch aus. Das oberste Dorf des Gommertals könnte jetzt aber zum Gas-Reduit der Schweiz werden – zumindest, wenn es nach den Plänen von Gaznat geht.

Das Westschweizer Energieversorgungsunternehmen plant im Bergmassiv bei Oberwald einen Gasspeicher. Es wäre der erste in der Schweiz. Für rund 400 Millionen Franken sollen dabei vier grosse Hohlräume, sogenannte Kavernen, tief in den Granitfels des Grimselmassivs geschlagen werden, die innen mit Stahl ausgekleidet werden. Von aussen wäre davon kaum etwas zu sehen.

Die Kavernen würden Gas für 1,5 Terawattstunden Strom fassen. Eine Energiemenge, die 430'000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen kann.

Alle Vorgängerprojekte gescheitert

Gaznat möchte seine Abhängigkeit von den Schwankungen des Gaspreises bereits seit Jahren reduzieren. Nun wittert CEO René Bautz (65) die Chance: «Mit der neuen geopolitischen Situation ist das Interesse an einer solchen Anlage stark gestiegen.»

Der Ukraine-Krieg hat die Versorgungssicherheit mehr denn je in den Fokus gerückt. «Ein solcher Speicher würde einen Teil dazu beitragen», sagt Bautz. Geht es nach ihm, bräuchte die Schweiz drei bis vier Anlagen dieser Art.

Das Projekt stösst auf Interesse. Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) begrüsst den Gasspeicher, «wenn die Voraussetzungen gegeben sind», sagt VSG-Sprecher Thomas Hegglin. Bis anhin sind alle Ideen für Gasspeicher in der Schweiz an technischen oder wirtschaftlichen Hürden gescheitert.

Oberwald scheint nun zumindest in technischer Hinsicht alle Anforderungen zu erfüllen – das haben Probebohrungen gezeigt. Auch für Zu- und Abtransport wäre dank der grossen Transitgasleitung, die durch den Ort führt, bereits gesorgt.

Entsprechend wird das Projekt auch beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) beobachtet. «Alle Massnahmen oder Projekte, die zur Erhöhung der Versorgungssicherheit beitragen, werden vom BWL mit grossem Interesse verfolgt», sagt eine Sprecherin.

Gas als fossiler Brennstoff noch zeitgemäss?

Gaznat führt derzeit eine Machbarkeitsstudie durch, deren Ergebnisse bis Ende Jahr vorliegen sollen. Einerseits wären da die extrem hohen Kosten, die einen wirtschaftlichen Betrieb erschweren. «Es gibt verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten. Wir sind auch im Kontakt mit dem Bund, um Szenarien zu evaluieren», sagt Bautz.

Doch die Versorgung der Schweiz mit Gas ist in erster Linie in der Verantwortung der Privatwirtschaft. Der Bund greift nur ein, wenn die Versorgung nicht sichergestellt werden kann. So hat der Bund den Schweizer Gasgesellschaften aufgetragen, in ausländischen Gaslagern sechs Terawattstunden Gas zu reservieren.

Kann die Gaznat die Finanzierung stemmen, stellt sich jedoch noch eine weitere Frage: René Bautz schätzt, dass der Gasspeicher in Oberwald bis ins Jahr 2030 realisiert werden könnte. Doch die Schweiz will im Rahmen der Energiestrategie 2050 die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen deutlich reduzieren.

Käme der Gasspeicher da nicht zur Unzeit? «Erdgas wird im Lauf der kommenden Jahre und Jahrzehnte sukzessiv durch Biogas, synthetisches Methan und grünen Wasserstoff ersetzt. Wenn in der Schweiz Gasspeicher gebaut werden, könnten diese auch für erneuerbare Gase genutzt werden», sagt VSG-Sprecher Hegglin dazu. Auch beim BWL ist man überzeugt, dass ein Gaslager weiterentwickelt werden könnte.

Gegen ein Blackout

Und dann wäre da noch die Gefahr, dass der Schweiz ab 2025 der Saft ausgeht, weil uns die EU ab dann weniger Strom liefern will. Im Februar hat der Bundesrat im Kampf gegen die drohende Stromlücke seine Pläne für den Bau eines oder mehrerer Gaskraftwerke bekannt gegeben.

Als Reserve sollen sie im Extremfall ihre Brenner anwerfen und ein Blackout verhindern. Doch das geht nur, wenn die Gasversorgung der Kraftwerke jederzeit gewährleistet ist. Beispielsweise durch ein Gas-Reduit in den Walliser Bergen.

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