Auf einen Blick
- Korruptionsskandal bei SBB: Ehemaliger Baustellenleiter angeklagt wegen Bestechung und Amtsmissbrauch
- Architekt soll Aufträge im Umfang von 65'000 Franken erhalten haben und zahlte 20'000 Franken Bestechungsgeld
- SBB-Bauleiter nutzte Arbeit-Mailadresse für Kommunikation mit befreundetem Architekten
Es ist ein weiterer unrühmlicher Meilenstein: Ein neuer Korruptionsskandal erschüttert die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Heinz P.* ist ehemaliger Baustellenleiter in der Immobilienabteilung der SBB. Ein befreundeter Architekt soll ihm über Jahre hinweg Bestechungsgelder von fast 20'000 Franken übergeben haben. Als Gegenleistung hat ihm Heinz P. Aufträge erteilt und dafür überhöhte Honorare ausgezahlt, wie CH Media berichtet.
Die Bundesanwaltschaft klagt den 68-Jährigen an. Er habe sich bestechen lassen, sein Amt ungetreu geführt und Amtsgeheimnisse verletzt. Am Mittwoch kommts zum Prozess. Auch der Architekt Urs S.* sieht sich dann vor Gericht – angeklagt wegen Bestechung und Gehilfenschaft zur ungetreuen Amtsführung.
Kommunikation mit der SBB-Mailadresse
Der Fall kam überhaupt ans Licht, weil die beiden etwas zu genau dokumentierten. Der Architekt verbuchte Abrechnungen auf ein privates Schwarzgeldkonto seines SBB-Freundes unter der Rubrik «Provisionen» – mit dem Vermerk «SBB». Die eidgenössische Steuerverwaltung stiess zufällig auf die verdächtigen Flüsse und erstattete Anzeige.
Heinz P. handelte nicht viel vorsichtiger. Zur Kommunikation mit Urs S. soll er seine offizielle Arbeit-Mailadresse verwendet haben. Der Austausch der beiden liegt Ermittlern vor. So schrieb der SBB-Bauleiter unter anderem: «Ich melde mich sicher frühzeitig bei dir, sobald ich oder auch meine Kollegen etwas auf den Tisch bekommen. Bei mir bist du ja der richtige Favorit für solche Arbeiten.»
Urs S. konnte in vier Jahren Aufträge im Umfang von 65'000 Franken für die SBB ausführen. Gemäss Anklageschrift konnte Heinz P. bei Aufträgen bis 10'000 Franken selbst entscheiden, wer den Zuschlag erhält. Eigentlich gilt für die Freigabe jeder Rechnung mindestens das Vier-Augen-Prinzip. In einigen Fällen scheinen jetzt aber zwei Augen gereicht zu haben. So sollen die Freunde nicht nur die Konkurrenz ausgestochen, sondern auch überhöhte Honorare ausgehandelt haben. Urs S. soll dem SBB-Mann Zahlungen in vier Tranchen gezahlt haben.
Imageproblem der SBB
Der SBB-Bauleiter und der Architekt streiten alle Vorwürfe ab. Sie wollen sich gegenüber CH Media nicht äussern. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die SBB meinen: «Nach Compliance-Fällen überprüft die SBB konsequent, ob ihre Abläufe und Kontrollen verbessert werden können.» Man sei eine Vorreiterin, was Compliance angeht. «Die Mitarbeitenden sind durch die getroffenen Massnahmen sensibilisiert und kennen die Vorgaben. Bei rund 35'000 Mitarbeitenden kann aber nicht komplett verhindert werden, dass es zu einzelnen Verstössen kommt.»
Das Verfahren ist ein langwieriges. Vor Gericht behandelt die Justiz Straftaten von vor mehr als zehn Jahren. Der mutmassliche finanzielle Schaden ist für die SBB verkraftbar. Doch der Prozess schadet dem Image – erneut.
Denn bereits in der Vergangenheit hatten die SBB mit solchen Fällen zu kämpfen. Der wohl berühmteste: Der Ex-Elvetino-Chef Wolfgang Winter (68) hat sich an der SBB-Kasse bedient. Er wurde im Oktober 2024 zu 36 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
* Namen geändert