Sie haben einen harten Job, die Hunderte von Päcklikurieren, die Tag für Tag in der Schweiz unterwegs sind. Und das längst nicht mehr nur am Black Friday oder kurz vor Weihnachten. Bis zu 200 Pakete müssen die Kuriere pro Tour zustellen. Vorher haben sie nicht Feierabend. Ihre Tage sind lang und streng durchgetaktet. Bevor die Zusteller sich ans Steuer setzen, müssen sie erst mühsam ihre Lieferwagen beladen.
Wie ihr Arbeitsalltag wirklich aussieht, zeigt eine Reportage von SRF Investigativ am Beispiel von DPD Schweiz. Dazu haben die Reporter mit mehreren aktuellen und ehemaligen Fahrern des grössten privaten Transportdienstes des Landes gesprochen. Sie berichten von grossem Druck und langen Arbeitstagen. 10, 12 oder bis zu 14 Stunden seien an der Tagesordnung. Oft ohne Pausen. Gegessen wird am Steuer, der Gang aufs WC möglichst lange aufgeschoben, um bloss keine Zeit zu verlieren.
Die Fahrer beklagen sich über die gesundheitlichen Folgen des Jobs. Die schweren Pakete – auch Autoräder oder Säcke voll Hundefutter – würden zu Rückenschmerzen führen. Ein früherer Subunternehmer sagt: «Der Job macht dich psychisch kaputt.» Körperlich habe er sowieso Probleme. An Knien, Schultern und den Hüften. Der Polizei sind sogar Fälle bekannt von ausländischen Fahrern, die im Lieferwagen übernachten, um sich die Miete zu sparen.
50 Franken für Kaffeefleck auf T-Shirt
DPD arbeitet mit 65 Subunternehmern, die ihrerseits 700 Fahrer anstellen. DPD selber hat 200 Fahrer angestellt. Und die alle werden streng kontrolliert. In einem sogenannten Abmahnungsformular sind 21 mögliche Vergehen aufgeführt, wofür die Subunternehmen bestraft werden. Dabei geht es etwa um die «unsorgfältige Paketbehandlung». Aber auch Dinge wie ein «schmutziges oder beschädigtes Fahrzeug» oder «ungebührliches Verhalten im Strassenverkehr» werden sanktioniert.
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Sogar für einen simplen Kaffeefleck auf dem T-Shirt müssen die Fahrer büssen, wie SRF Investigativ berichtet. «Unkorrekte oder schmutzige DPD-Bekleidung» heisst das Vergehen. Das gibt einen Punkt auf dem Formular. Pro Punkt zieht DPD dem Subunternehmer 50 Franken ab. Das geht schnell ins Geld.
Der Druck der Subunternehmer ist so gross, dass sie tricksen, um nicht von der Polizei kontrolliert zu werden – und so Zeit zu verlieren. Viele Fahrer sind laut dem Bericht mit überladenen Lieferwagen unterwegs. Anders können sie die grosse Menge an Päckli gar nicht bewältigen. Damit die Fahrzeuge aber nicht überladen ausschauen, verstärken die Subunternehmer deren Federn. Oder sie erhöhen den Druck der Reifen auf das Doppelte des empfohlenen Wertes. Auch von abgefahrenen Pneus ist die Rede.
Einseitig verteilte Rechte und Pflichten
SRF hat die DPD-Verträge Kurt Pärli (61), Professor für Soziales Privatrecht an der Universität Basel, vorgelegt. Ihm fällt auf, dass die Rechte und Pflichten zwischen DPD und Subunternehmer «sehr einseitig» verteilt sind. DPD übertrage das Geschäftsrisiko weitgehend auf den Subunternehmer. Viele Bestimmungen im Vertrag würden aber die Fahrer der Subunternehmer betreffen. DPD behalte so «wesentliche Teile der Macht über die Arbeitnehmenden, über ihr Verhalten, über ihre Arbeitsleistungen». Für Pärli spricht laut dem Bericht viel dafür, dass die bei Subunternehmern angestellten Fahrer eigentlich Angestellte von DPD Schweiz sind.
Was sagt DPD zu den langen Arbeitszeiten? «Wir legen bei DPD Schweiz grossen Wert auf faire und gesetzeskonforme Arbeitsbedingungen.» Zu den Verkehrsvergehen meint der Logistiker, dass er «keine Informationen über Übertretungen seitens der Polizei oder anderen Behörden» habe.
DPD betont: Die Behauptung, dass die Fahrzeuge «fast immer» überladen seien, entbehre «jeder Grundlage». Zu den Abmahnungsformularen will der Logistiker nichts sagen. Verstösse gegen Arbeitsvorschriften würden nicht toleriert. «Wo solche festgestellt wurden, zog DPD die Konsequenzen.»