119 Franken für einen Skitag! Tourismus-Experte warnt vor dynamischem Preismodell
«Irgendwann hört die Familie mit dem Skisport ganz auf»

Dynamische Preismodelle bessern die Bilanz der Skigebiete auf. Der Durchschnittspreis steigt, vor allem unter der Woche können Gäste aber von Rabatten profitieren. Langfristig könnte das System aber zu einer Gefahr werden, warnt Tourismus-Experte Jürg Stettler.
Publiziert: 21.11.2024 um 15:20 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2024 um 15:22 Uhr
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Die Gäste in der Aletsch Arena VS zahlen unterschiedlich viel für ihren Skipass.
Foto: Zvg

Auf einen Blick

  • Dynamische Preismodelle erhöhen den Durchschnittspreis
  • Darum könnte gemäss Jürg Stettler die Nachfrage langfristig fallen
  • Der Direktor von Seilbahnen Schweiz sieht diesen Effekt momentan nicht
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Robin WegmüllerRedaktor Wirtschaft

Wenn du im Winter einen Skipass online kaufst, begegnest du in jedem zweiten grossen Skigebiet einem dynamischen Preismodell. Ein Ticket ist so an verschiedenen Tagen unterschiedlich teuer. In der Aletsch Arena VS bezahlst du heute für den 18. Dezember 54 Franken, für den 28. Dezember 62 Franken. 

Im Falle der Walliser Destination liegen die Preise für die Skipässe in dieser Saison in der Spanne von 53 bis 81 Franken. Das tönt zuerst nach verlockenden Rabatten. Doch die vergangenen Jahre zeigen: Mit einem dynamischen Preismodell steigt der Durchschnittspreis.

Womöglich schlechte Nachrichten

Schlecht für den Konsumenten, gut für den Anbieter. Die Skigebiete können so ihren Profit maximieren. Für Jürg Stettler (59), Institutsleiter Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern, ist das eine zu kurzfristige Betrachtung. Seine Vermutung: «Die Skigebiete könnten sich mit dem dynamischen Preismodell langfristig selber schaden.»

Schlüsseln wir auf: Bei flexiblen Preismodellen sind die Nachfrage und das Wetter ausschlaggebend für die Anpassungen im Preis. Einfach gesagt gilt bei Wintersport-Pässen: Wer früh bucht, fährt billiger. 

Wenn du in der Hauptsaison kurzfristig auf die Piste willst, zahlst du ordentlich drauf. Um den Frühbucherrabatt zu kompensieren, strafen die Skigebiete die spontanen Gäste ab. Letzten Winter verkaufte St. Moritz die teuerste Tageskarte für Erwachsene am 30. Dezember. Wer damals spontan ein paar Schwünge ziehen wollte, zahlte 118.50 Franken.

Eine ökonomische Betrachtung

Über die ganze Saison gesehen, steigen die Durchschnittspreise. Und das könnte gemäss Jürg Stettler nach hinten losgehen. «Ich vermute, dass langfristig weniger Schweizerinnen und Schweizer Skifahren gehen», so der Institutsleiter. «Das ist eine simple ökonomische Betrachtung. Wenn eine Dienstleistung teurer wird, geht die Nachfrage zurück.»

In der Ski-Realität ist das natürlich nicht ganz so einfach. Doch Stettler erklärt seine Spekulation anhand eines Beispiels: «Eine Familie überlegt sich immer öfters, ob sich der Wintersport für diesen Preis noch lohnt. Am Anfang sind es einfach weniger Skitage pro Saison, irgendwann hört man ganz auf mit dem Schneesport.» Langfristig nimmt so die Nachfrage spürbar ab.

Stoffel ist anderer Meinung

Schweizer Seilbahnen-Direktor Berno Stoffel (54) hält die Spekulation von Stettler nicht für realitätsnah. «In den Zwischensaisons und bei frühzeitigen Buchungen kann der Gast von günstigeren Preisen profitieren. Das fördert die Nachfrage.»

Weiter stützt er sich auf eine kürzlich publizierte Arbeit der Hochschule Luzern. «Die Studie zeigt, dass kein einheitlicher Trend in der Entwicklung der Anzahl Skitage in Gebieten mit dynamischen Preisen festgestellt werden kann.» Einige Gebiete gewinnen an Frequenzen, andere verlieren.

Die These, dass dynamische Preise zur Abnahme der Nachfrage führt, ist also nicht ersichtlich. Die langfristigen Folgen sind aber jetzt auch noch kaum abschätzbar. 

Skitage sind rückläufig

Trotzdem ist die Entwicklung der Anzahl Skitage – auch Skierdays genannt – in der Schweiz nicht gerade erfreulich. In den letzten zehn Jahren hat sie sich zwar auf 23 Millionen Tage stabilisiert. Im Winter 2000/01 verzeichnete die Schweiz aber noch über 30 Millionen Skierdays.

Ein Vergleich mit Österreich zeigt: Auch bei unserem Ski-Erzrivalen blieben die Skierdays in den letzten Jahren konstant. Allerdings ist die Anzahl von 45,6 Millionen bei Jahrtausendbeginn auf 50,1 Millionen im letzten Winter gestiegen. 

Dass die Anzahl Skitage in Zukunft nach oben gehen, ist mit der aktuellen Preisentwicklung unwahrscheinlich. Ob das dynamische Preismodell langfristig einen Effekt aufweist, wird sich zeigen. Für Stoffel ist klar: «Die unterschiedlichen Auswirkungen zeigen, dass viel Sorgfalt bei der Festsetzung der dynamischen Preise erforderlich ist.»

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