Die meisten Wintersport-Asse nutzen den Sommer, um herunterzufahren, Kraft zu tanken und natürlich die neue Saison vorzubereiten. Oft wird der Sommer im Vergleich zum Winter ruhig angegangen. Das sieht bei Pat Burgener anders aus. Der Snowboarder pendelt zwischen London und der halben Schweiz. Mal auf der Bühne, mal im Studio, mal auf dem Brett.
Blick trifft den Lausanner in Avenches VD beim Rock Oz’Arènes, wo eine vollgepackte Woche ihren Abschluss findet. Als er seinen Bus hinter der kleinen Bühne parkt, hängt er als Erstes seine Badesachen zum Trocknen auf. «Ich bin vorhin noch eine Stunde foilen gegangen», sagt er mit einem breiten Grinsen. Foiling ist eine neue Trendsportart, die an Segeln erinnert. Gibt es eine Minilücke in seinem Terminkalender, weiss sie Burgener zu füllen.
Am Montag startet Burgeners zweite August-Woche um 4 Uhr morgens in London. Es geht von der britischen Hauptstadt zurück in die Schweiz. Während vier Tagen hat Burgener hier an seinem Album gefeilt. Im Herbst soll ein erster Teil veröffentlicht werden. Kaum gelandet, gehts mit dem Auto nach Sitten VS auf die Surfanlage. Um am Dienstag vor der Abreise nochmals Wellen reiten zu können, schläft er kurzerhand in seinem «Büssli».
Schlaf dank Bett im Auto
Burgener: «Zum Glück habe ich ein Bett im Auto, sonst käme ich gar nicht mehr zum Schlafen.» Er schätzt die Freiheit mit der mobilen Unterkunft. Nach einem Zwischenhalt zu Hause in Lausanne gehts auf den Airbag in Leysin VD. Trotz aller Musik – Burgener schnallt sich weiterhin das Brett unter die Füsse und legt Kunststücke in der Luft hin.
Für seine beiden Leidenschaften ist aber ein guter Spagat nötig. So kann ein Tagesablauf gestopft sein wie jener Mittwoch: Training auf dem Airbag bis um 16 Uhr, Soundcheck in Morges VD vor dem Auftritt, anderthalb Stunden Foilen vor dem Konzertbeginn um 21 Uhr. Nach zwei Stunden Konzert fällt er schliesslich hundemüde ins (Auto-)Bett.
Schon sechs Jahre lang widmet sich der Snowboarder der Musik, seit zwei Jahren fängt es an, zu laufen. Sein Ziel: sich als Musiker zu etablieren und nebenbei zu snowboarden. «Dann sagen die Leute: ‹Schau mal, Pat fährt auch beim Snowboard-Event mit.›» Wegen der Musik berühmt zu sein, sei anders als wegen des Sports. «Die Musik ist grösser als der Sport. Man kann immer weiter musizieren. Ich könnte dann spielen, bis ich 80 Jahre alt bin.»
«Snowboarden im Kopf abgestellt»
Für sein Ziel gibt Burgener während der Saisonpause ordentlich Gas. Von Ende April bis November wird er über 20 Shows spielen – neben Training und Album. «Nach der Pandemie geniessen jetzt alle wieder die Konzerte. Nach Olympia habe ich Snowboarden während einigen Monaten im Kopf abgestellt. Aber ich weiss, dass ich wieder zurückkommen muss.»
Nach und nach steigt er wieder ins Training ein. Vor seinem zweiten Auftritt der Woche beim Thunfest verbringt er insgesamt drei Tage auf dem Airbag. Ende Woche gehts ums Business. Freitag verbringt er den Tag mit Sponsorenaufnahmen, Samstag hat er ein wichtiges Meeting für seine eigene Kleidermarke. Und dazwischen? Die Bandproben für das Konzert vom Samstag.
Das Herzblut, das Burgener investiert, widerspiegelt sich auch finanziell. «Ich habe noch nie in meiner Karriere so viel verdient – obwohl das Geld für mich nicht wichtig ist. Es ist aber eine gewisse Freiheit, weil ich einfach machen kann, was ich will.» Die Frage, was nach der Sportlerkarriere bei ihm kommt, stellt sich somit nicht.
Anstrengender Lebensstil
Er gibt aber zu: «Mein Lebensstil ist sehr anstrengend.» Auch er braucht einmal eine Pause. Und darum ist sein Highlight der Woche der Mittwochabend, als er in Leysin in einer Seelenruhe dem Sonnenuntergang zusieht und gemütlich Gitarre spielt.
Sonntag, kurz nach 18.30 Uhr hat es Burgener geschafft. Mit einem Rückwärtssalto schliesst er die Show ab. Die Zuschauer von Avenches drehen sich zufrieden von der kleinen Bühne ab, und auch der Sänger ist glücklich. Freunde und Familie haben sich beim Amphitheater eingefunden, doch Burgeners Zeit ist begrenzt.
Bis Montagmorgen muss er im fünf Autostunden entfernten Laax GR sein. Das Training ruft wieder.