Seit Wochen kommt die brisante Anzugs-Diskussion im Skispringen nicht zur Ruhe. Seit ein aktiver Athlet gegenüber Blick ausgepackt hat («Es betrügen praktisch alle, da muss ich mitziehen, sonst habe ich keine Chance») ist der Materialkampf um jeden Zentimeter Stoff das Dauerthema.
Auch die Nordisch-Kombinierer wundern sich über die Auswüchse bei den Spezialisten-Kollegen. «Wir haben das gleiche Reglement und können nicht verstehen, was die Spezialisten für Riesenanzüge springen können. Die sind ja fast mit Wingsuits unterwegs», wird ein Mitglied des deutschen Teams bei ZDFheute zitiert. Und auch der Schweizer Trainer Martin Künzle liess gegenüber Blick bereits durchblicken, dass die Grauzone längst erreicht ist: «Wir müssen ans Limit und darüber hinaus, solange es durchgeht.» Heisst: den Schrittbereich für mehr Tragefläche vergrössern. Wer das nicht tut, scheint schlicht nicht konkurrenzfähig zu sein. Das gilt nicht nur für den Weltcup, sondern nun auch für die WM in Planica.
Wird in Slowenien jetzt schärfer kontrolliert? Blick stattet Material-Chef Christian Kathol (57) einen Besuch in dessen Kontroll-Raum ab. Der Kärtner betont: «Es wird immer scharf kontrolliert. Nicht nur an der WM.»
Wer im Skispringen weit fliegen will, der braucht viel Stoff – und das am richtigen Ort. «Dank wenigen Zentimetern mehr kann der Athlet bis zu zehn Meter weiter springen», erklärt Martin Künzle, der Schweizer Trainer. Ziel eines jeden Athleten ist es, den Schrittbereich voluminöser zu gestalten. Je mehr Stoff, desto stärker wirkt der Segeleffekt.
Ein aktiver Skispringer erklärte gegenüber Blick, wie er sich durch die Kontrolle schummelt: «Ich ziehe den Anzug nach oben, sodass an meinen Schultern vorübergehend deutlich mehr Stoff ist.» Damit dehnt er seine Beinlänge auf das geforderte Mass aus. Plus vier Zentimeter! Denn: «Das Ziel ist es, mit einer möglich kurzen Beinlänge springen zu können. Je kürzer die ist, desto voluminöser der Schritt.»
Wer im Skispringen weit fliegen will, der braucht viel Stoff – und das am richtigen Ort. «Dank wenigen Zentimetern mehr kann der Athlet bis zu zehn Meter weiter springen», erklärt Martin Künzle, der Schweizer Trainer. Ziel eines jeden Athleten ist es, den Schrittbereich voluminöser zu gestalten. Je mehr Stoff, desto stärker wirkt der Segeleffekt.
Ein aktiver Skispringer erklärte gegenüber Blick, wie er sich durch die Kontrolle schummelt: «Ich ziehe den Anzug nach oben, sodass an meinen Schultern vorübergehend deutlich mehr Stoff ist.» Damit dehnt er seine Beinlänge auf das geforderte Mass aus. Plus vier Zentimeter! Denn: «Das Ziel ist es, mit einer möglich kurzen Beinlänge springen zu können. Je kürzer die ist, desto voluminöser der Schritt.»
Kathol bringt kein Verständnis auf für die Aussage des anonymen Athleten, der sagte, er könne die Materialkontrolle «nicht ernst nehmen»: «Ich gebe ihm nicht recht, dass jeder über die Grenzen gehen muss. Ich kenne sehr viele Athleten aus allen Nationen, die alle penibel darauf achten, dass sie innerhalb der Grenzen bleiben.» Doch auch er muss zugeben: «Natürlich gibt es Springer, die darüber hinaus gehen.» In Kathols Kämmerchen wird immer wieder beschissen.
Nicht alle haben ein Pokerface
Es käme regelmässig vor, dass Athleten den Kontroll-Raum nervös betreten würden. Aga Baczkowska, Kontrolleurin bei den Frauen, bestätigt das. Vor allem die unerfahrenen Jungen seien angespannt, aber eben auch manch einer, der womöglich beim Material betrogen hat. Nicht alle haben ein Pokerface.
Die Kontrolleure haben eigene Methoden und Listen, wen sie bei Wettkämpfen herauspicken. Beobachtungen, schlechte Erfahrungen oder das Bauchgefühl sind hier entscheidend.
Trotzdem können Kathol und sein Team nie alle Springer überprüfen. Maximal 80 bis 85 Prozent pro Wettkampfwochenende. Heisst: Deutlich unter 50 Prozent pro Bewerb. Da ist die Chance gross, mit irregulärem Material durchzukommen.
Das in diesem Winter oft gebeutelte Schweizer Skisprung-Team schafft an der WM in Planica ein kleines Erfolgserlebnis. Alle vier Springer qualifizieren sich für den Wettkampf von der kleinen Schanze am Samstag.
Der Älteste ist der Beste: Simon Ammann klassiert sich mit einem Sprung auf 99,5 m im 13. Rang. So gut war der vierfache Olympiasieger und Weltmeister von 2007 in dieser Saison im Weltcup noch nie. Gregor Deschwanden (96 m) folgt auf Platz 22, Killian Peier (92,5 m) im 31. Rang. Als 50. und letztem gelingt auch dem Schwyzer Remo Imhof (90 m) die Qualifikation. Im Weltcup kam der Teenager noch nie zum Einsatz.
Im Tal der Schanzen ist am Samstag ein Volksfest zu erwarten. Anze Lanisek als Sieger und Timi Zajc als Dritter melden die Ambitionen der Einheimischen deutlich an. (SDA)
Das in diesem Winter oft gebeutelte Schweizer Skisprung-Team schafft an der WM in Planica ein kleines Erfolgserlebnis. Alle vier Springer qualifizieren sich für den Wettkampf von der kleinen Schanze am Samstag.
Der Älteste ist der Beste: Simon Ammann klassiert sich mit einem Sprung auf 99,5 m im 13. Rang. So gut war der vierfache Olympiasieger und Weltmeister von 2007 in dieser Saison im Weltcup noch nie. Gregor Deschwanden (96 m) folgt auf Platz 22, Killian Peier (92,5 m) im 31. Rang. Als 50. und letztem gelingt auch dem Schwyzer Remo Imhof (90 m) die Qualifikation. Im Weltcup kam der Teenager noch nie zum Einsatz.
Im Tal der Schanzen ist am Samstag ein Volksfest zu erwarten. Anze Lanisek als Sieger und Timi Zajc als Dritter melden die Ambitionen der Einheimischen deutlich an. (SDA)
Kathol zeigt Blick in Planica anhand eines Vorspringers, wie kontrolliert wird. Allerdings nicht während eines Wettkampfes, sondern vor der Quali für das Springen auf der kleinen Schanze. Während des Bewerbes sei der Betrieb zu gross, rechtfertigt es Kathol, zudem dürfe niemand bei der Kontrolle dabei sein. Nicht einmal die Trainer der ausgesuchten Springer.
Kathol ist es im Zuge der heissen Material-Diskussionen dennoch ein Anliegen, transparent zu sein: «Ich habe nichts zu verstecken.» Dass er von seinem Vorgänger Sepp Gratzer (67) scharf kritisiert und als unerfahren abgestempelt wurde, will er nicht erneut kommentieren. Er wehrte sich Anfang Februar bereits, indem er Gratzer unter anderem mangelnde Kommunikation vorwarf.
«Ob es mir gefällt oder nicht, ist nicht relevant»
Unter Gratzer waren die Kontrollen noch im Stehen durchgeführt worden. Neu passiert das in liegender oder sitzender Position, womit deutlich mehr Manipulationsmöglichkeiten bestehen. «Ein Fehler», wie einige in der Szene sagen. Kathol, der seit 2005 bei der FIS arbeitet, aber erst seit letztem Juli den jetzigen Job innehat, sind hier die Hände gebunden, wie er sagt: «Das ist eine Entscheidung des Sprungkomitees vom letzten Frühling. Ich arbeite mit dieser Methode. Ob es mir gefällt oder nicht, ist nicht relevant.»
Er lässt aber durchblicken, dass eine geplante Änderung in der Messmethode ihn bald besser schlafen lasse. Schon in diesem Frühling soll ein 3D-System eingeführt werden, womit die Springer – also Grösse, Schritt, Volumen – automatisch gemessen werden. Und ganz wichtig: Das Ganze passiert wieder im Stehen. «Neutraler gehts nicht», meint Kathol, der ganz grundsätzlich mehr Kontrollen fordert. Am Start, aber auch im Zielbereich. Ein Versuch in Sapporo im Januar habe ihm da bereits «neue Blickwinkel» eröffnet.
Dass die Diskussionen mit dem 3D-System verschwinden, glaubt Kathol aber nicht. Schmunzelnd sagt er: «Die hats eh schon immer gegeben.»