«Er ist eine absolute Bereicherung»
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Viel Lob für Simon Ammann:«Er ist eine absolute Bereicherung»

Hoffen mit Ammann
Skisprung-Legende kämpft mühevoll um die 26. Weltcupsaison

Ist es für Simon Ammann je wieder möglich, Weltcup-Niveau zu erreichen? Sein harziger Weg zurück ist geprägt von Unwägbarkeiten und einer übervollen Agenda, die den 41-Jährigen immer wieder neu bremst.
Publiziert: 17.12.2022 um 20:30 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2022 um 07:52 Uhr
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Trotz Dämpfer in Engelberg gut gelaunt: Simon Ammann.
Foto: Manuel Geisser
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Marco PescioReporter Sport

Weit kommt er nicht. Immer nur zwei Meter, dann will schon wieder jemand etwas von Simon Ammann. Der Rummel um den vierfachen Olympiasieger in Engelberg ist riesig. Alle TV-Stationen – von SRF über ARD bis hin zum polnischen Sender – wünschen ein Interview mit ihm. Ammann beantwortet geduldig alle Fragen, bleibt auch nach dem offiziellen Teil für einen kurzen Schwatz, einen kecken Spruch, einen Lacher.

Seine Enttäuschung, dass die Rückkehr in den Weltcup-Zirkus schiefgegangen ist, hält sich – zumindest gegen Aussen hin – in Grenzen. Simi hier, Simi da. Die Freude von Fans und Weggefährten, Ammann wieder im Zielgelände zu sehen, hätte einen gefrusteten Abgang durch die Hintertür ohnehin nicht zugelassen.

«Er ist eine Legende»

«Er ist eine Bereicherung für uns. Schön, dass er zurück ist», meint Teamkollege Gregor Deschwanden. Und Dominik Peter sagt: «Er ist der Simon – und er bleibt der Simon. Er ist eine Legende in unserer Sportart.»

Letzterer war noch gar nicht auf der Welt, da war Ammann im Weltcup längst etabliert. In Peters Geburtsjahr 2001 stand der Toggenburger vor seinem internationalen Durchbruch. Das war ein Jahr vor seinem ersten Olympia-Doppelgold.

Jetzt will Ammann in seine sagenhafte 26. Weltcupsaison gehen. Es ist womöglich die schwierigste Aufgabe seiner langen, erfolgreichen Karriere. Denn die Ausgangslage ist gelinde gesagt: schwierig.

Vorbereitung alleine in Einsiedeln

Ammann liess lange offen, ob es nach seinen siebten Winterspielen (zwei 25. Plätze in Peking) noch einmal ein Comeback von ihm geben würde. Er pausierte den Sommer über, werkelte an seinem Haus, widmete sich seinem Studium, das von nun an gegenüber dem Sport klar Priorität geniessen würde.

Die Vorbereitung auf Engelberg dauerte bloss ein paar Wochen. Teilzeit, nicht Vollzeit, versteht sich. Ammann sprang alleine in Einsiedeln, fern ab von jeglichem nationalen oder internationalen Konkurrenz-Vergleich. Im Oktober an den Schweizer Meisterschaften in Kandersteg sprang er nur auf Rang sieben – und damit den besten Schweizern deutlich hinterher.

Dasselbe galt für die Quali in Engelberg vom Freitag. Als 51. verpasste er den Cut um bloss einen Platz und 1,5 Punkte. Sein Trainer Ronny Hornschuh zuckt mit den Schultern, sagt: «Es ist halt schon verdammt schwierig, mit nur ein paar Sprüngen in Einsiedeln hierherzukommen. Er muss überall zulegen, braucht mehr Athletik, mehr Aufbau.» Die Messlatte im Weltcup liege nun mal «sehr hoch». Zu hoch für den grössten Schweizer Skispringer aller Zeiten?

Hört man Ammann zu, wirkt es so, als würde auch er sich nichts vormachen. Das Quali-Out in Engelberg betrachte er als «Standortbestimmung»: «Ich hatte gehofft, dass es reichen würde. Aber ich musste damit rechnen.» Er wisse, dass es «auch neben der Schanze» noch viel zu tun gebe. Die Arbeit im Athletik-Bereich habe zuletzt gelitten. Konkret: «Die Zeit fürs Gym.» Womit der Familienvater, Wirtschaftsstudent und Athlet wieder sein Hauptproblem anspricht. Seine Agenda ist schlicht zu voll.

Anspruchsvolles Studium

Ammann gibt zu, vom schieren Umfang des Lernstoffes immer wieder überrascht zu sein: «Das Studium in St. Gallen ist echt anspruchsvoll. Ich dachte, es ginge mit der Zeit etwas ringer. Aber es warten immer noch Präsentationen und Arbeiten.» Er müsse sich in die Materie teilweise regelrecht hineinkämpfen: «Das Lernen geht mit 41 auch nicht einfacher. Ich muss Dinge beiseite schaufeln und mich zwingen, den Kopf dafür zu haben.»

Das Studium zeige ihm immer wieder: Der Sport steht jetzt hinten an. Seine Trainings- und Wettkampfplanung ist deshalb spontan und immer wieder angepasst an neue Unwägbarkeiten. Welche Fortschritte macht er? Wie macht der Körper noch mit?

Vor dem Quali-Start in Engelberg meinte Ammann, er würde es nur versuchen, wenn es aus seiner Sicht auch Sinn mache. Er findet, das war der Fall, auch wenn diese Rückkehr nicht von Erfolg gekrönt war.

Die Sinnesfrage? Sie wird sich im Verlaufe dieser Saison in Bezug aufs Springen ganz grundsätzlich stellen, sollte Ammann nicht in absehbarer Zeit eine markante Leistungssteigerung hinbekommen.

WM ist das Ziel

Die zahlreichen Fans in Engelberg, die erstmals seit 23 Jahren ohne ihren Liebling auskommen müssen, hoffen es. Und seine Teamkollegen auch. Deschwanden erklärt: «Es wäre schön für alle, wenn Simon künftig nicht nur menschlich eine Bereicherung auf der Tour wäre, sondern auch leistungsmässig.»

Doch zu viel ist aktuell noch fraglich. Fliegt «Simi» überhaupt wieder einmal im Weltcup? Zu Punkten gar? Es ist das erklärte Ziel von Ammann, das lässt er klar durchblicken. Er hat die WM Ende Februar in Planica (Slo) im Visier.

Aber ob er nach einem Sommer ohne Training noch einmal das nötige Niveau erreicht, um eine Quali zu überstehen, weiss niemand. Stand jetzt, auch Ammann nicht. Genauso wenig, wie er nicht beantworten kann, wann es ihn das nächste Mal am Schanzentisch zu sehen gibt. Am Sonntag in Engelberg wieder? Nein. Danach? Offen.

Als Ammann das Areal am Fusse der Titlis-Schanze verlässt, tut er das trotz allem mit einem Lachen. Er posiert noch einmal für eine Kamera. Schmunzelnd meint er: «Das gute Feedback von allen Seiten ist cool. Da wurmt es mich umso mehr, dass ich nur 51. wurde.» Doch Ammann weiss: Um die Chance zu wahren, einst tatsächlich wieder im Konzert der Grossen mitzuspielen, braucht er zunächst Zeit und Geduld. Noch mehr als beim Interview-Marathon in Engelberg. Denn was für die Presse-Zone gilt, gilt bei ihm aktuell auch fürs Skispringen: Weit kommt er nicht.

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