Im Oktober erscheint die Biografie von Therese Johaug. Die norwegische Langlauf-Ikone, die im März vom Spitzensport zurücktrat, lässt im Buch «Therese Johaug – Die ganze Geschichte» tief blicken. Und erzählt bei der Präsentation von jenem Tag, der ihr Leben auf den Kopf stellte.
Es ist Oktober 2016, als bei der mehrfachen Weltmeisterin und Olympiasiegerin ein positiver Dopingtest ins Haus flattert. Bei ihr wurde das androgene Steroid Clostebol festgestellt. Ein Mega-Schock für Johaug.
Sie erzählt, dass sie an diesem Tag Zimtschnecken backte. Da wollte Johaug (1,62m ) ihrem Freund, dem 37-jährigen Ruder-Weltmeister Nils Jakob Hoff (1,98m), eine Nachricht schicken. Auf ihrem Handy aber ist der Teufel los. Ein Anruf ihres ehemaligen Nationaltrainers Vidar Löfshus ist drauf. «Es kam nicht oft vor, dass er anrief. Das hat mich etwas stutzig gemacht», schreibt Johaug. Auch mehrere Nachrichten findet sie auf dem Handy: «Die oberste war von Antidoping Norge. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich zuvor eine Nachricht von ihnen erhalten hatte.»
«Ich begann zu heulen und schreien»
Als sie realisiert, worum es sich handelt, erstarrt ihr Körper. Erst denkt sie noch: «Das muss ein Missverständnis sein.» Doch dann bricht eine Welt zusammen: «Ich habe begonnen, zu heulen und zu schreien, als ich mich im Spiegel sah.» Dann rannte ihr Freund in die Wohnung. Von diesem Zeitpunkt an hat Johaug keine Erinnerungen mehr. Doch ihr Freund erzählte ihr: «Ich stand vor meinem Spiegel und wiederholte immer und immer wieder: ‹Ich habe nichts Falsches getan, ich habe nichts Falsches getan›.»
Johaug wurde nach der positiven Probe auf Clostebol für 18 Monate gesperrt. Der norwegische Skiverband erklärte damals, dass die Substanz in einer Lippencrème enthalten war, die der Ausnahme-Athletin während eines Trainingslagers in Livigno (It) von ihrem Mannschaftsarzt gekauft wurde. Sowohl der Arzt, der die Verantwortung auf sich nahm, als auch Johaug übersahen den Doping-Hinweis auf der Verpackung des Präparats.
Im Buch erklärt Johaug, wie sehr sie diese Zeit geprägt habe: «Meine Karriere war kein Spaziergang. Es hat viele und brutale Rückschläge gegeben. Gleichzeitig gab es aber auch fantastische Momente.»
Sie sagt zudem, dass sie die Doping-Affäre stärker und selbstbewusster gemacht habe. Offensichtlich. Denn Johaug wurde nach ihrem Comeback nochmals mehrfache Weltmeisterin und holte bei Olympia 2022 in Peking drei Goldmedaillen. (wst)