Riebli zeigt den Berg hinauf. Da oben, auf der Alp Jänzimatt, weit hinten im Kanton Obwalden, werde er heute übernachten. Ganz alleine. Ohne Handy. Einfach Entspannen. «Nur das Handörgeli, ein bisschen Brot, Käse und Anke – und ich», sagt der 24-Jährige schmunzelnd. Es ist ein warmer Herbsttag, als Blick den aufstrebenden Langläufer in seiner Heimat Giswil trifft. Und eine der letzten Wochen, die für ihn noch freier gestaltbar sind, bevor die Saisonvorbereitung definitiv anzieht.
Aber es ist typisch für Riebli, dass er auf eine Alp flüchten muss, um tatsächlich nichts zu tun. Denn wenn er mal zu Hause auf dem Bauernhof in Giswil ist, packt er gerne mit an. Fast zu viel für einen, der als Profisportler ohnehin schon ein enormes Pensum an den Tag legt und der eigentlich auf gute Regeneration angewiesen ist.
Riebli ist gelernter Landwirt. In Davos, wo er heute noch in einer Vierer-WG lebt, hat er die Ausbildung dazu absolviert. Im elterlichen Bio-Hof setzt er das Gelernte im Kuh- oder Hühnerstall um: «Ich muss mich manchmal selbst bremsen, aber es macht mir einfach Spass, mit den Tieren zu arbeiten.»
Riedli verkauft Käse in seinem Fanshop
Was aber noch mehr in die Arme geht, ist das Käsen. Die Familie vertreibt in einem kleinen Lädeli verschiedene eigene Sorten. Ein Tag im Keller mit den Hunderten aufgebahrten 12-Kilo-Brocken ist anstrengend, zumal jeder einzelne Laib Pflege benötigt. Riebli bietet den Käse auch in seinem eigenen Online-Fanshop an, genauso wie die «Luisbiobäwurst», einer Art Landjäger.
Ob der Obwaldner Lausbube die Nachfrage in diesem Winter mit sportlichem Erfolg steigern kann? Wenns um die Ziele für die aktuelle Saison geht, wird der Mann mit dem breiten Grinsen und den breiten Schultern etwas ernster. Er sagt: «Es geht jetzt um den Durchbruch.» Nun, da mit Dario Cologna der Star und Resultatbringer des Teams zurückgetreten ist, sind die Augen mehr auf jene Athleten gerichtet, die bis zur letzten Saison noch in der zweiten Reihe standen.
Riebli, dessen Stärken klar im Sprint liegen, weiss das: «Ich hoffe, dass wir weiterhin Ergebnisse bringen können. Und ich hoffe auch, dass die Leute nicht enttäuscht sind von unseren Auftritten. Man darf nicht vergessen: Es ist noch gar nicht so lange her, da konnten wir froh sein, dass überhaupt jemand in die Punkte gelaufen ist.»
Rieblis Fernziel sind die Olympischen Spiele 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo. Peking im letzten Februar hatte er noch knapp verpasst. Jetzt will er im Weltcup den nächsten Schritt machen. Als Nächstes bei der am 31. Dezember im Val Müstair startenden Tour de Ski, bei der er die ersten beiden Etappen in Angriff nimmt. Zusammen mit anderen jungen Hoffnungsträgern wie etwa Valerio Grond, der wie Riebli in diesem Winter auch schon in einem Sprint-Halbfinal stand.
Mit vereinzelten Top-10-Ergebnissen hat Riebli sein Potenzial schon angedeutet. Doch bei der Frage nach dem Druck winkt er ab: «Ach was, ich mache mir selbst deutlich mehr Druck als er von aussen kommt.» Und wenn es ihm trotzdem mal zu viel wird, weiss er ja: Mit dem Handörgeli und ein bisschen Proviant auf die Alp – hilft immer.