Foto: Sven Thomann

Langlauf-Geschwister machens alleine
Die Fähndrichs trainieren aktuell nicht mit Swiss-Ski

Die beiden Spitzenlangläufer Nadine und Cyril Fähndrich gehen in der Wintervorbereitung eigene Wege – und nehmen dafür Kompromisse in Kauf. Was hinter der aufsehenerregenden Entscheidung steckt.
Publiziert: 14.10.2024 um 13:07 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2024 um 09:17 Uhr
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Nadine und Cyril Fähndrich sind eine eigene Trainingsgemeinschaft in der Saisonvorbereitung – fernab von Swiss-Ski.
Foto: Sven Thomann

Nach dem letzten Winter hat es in der Schweizer Langlauf-Szene mit einigen (Personal-)Wechseln ordentlich rumort. Zuvorderst: Die beste Langläuferin des Landes und ihr Bruder, ebenfalls Weltcup-Podestläufer der letzten Saison, fehlen auf einmal in der Saisonvorbereitung von Swiss-Ski. Nadine (28) und Cyril Fähndrich (25) machen eigene Sache – losgelöst vom Rest der Athleten trainieren sie selber im kleinen, familiären Rahmen.

Was ist passiert? Blick trifft die Geschwister an einem kalten Herbstmorgen in Magglingen. Hier steht auf einer der Anlagen des Nationalen Sportzentrums hoch über Biel eine Intervall-Einheit auf der Tartanbahn an. Die Fähndrichs schwitzen fast eine Stunde lang, ehe sie sich in der danebenliegenden Turnhalle hinsetzen und ausführlich erklären, was zur aufsehenerregenden Teil-Loslösung vom Verband geführt hat.

Was bereits davor klar war: Der Hauptgrund steht draussen in eine dicke Winterjacke eingehüllt und versorgt das Material: Es ist Ivan Hudac (53), langjähriger Swiss-Ski-Trainer, dessen Vertrag nach der letzten Saison nicht verlängert wurde. Die Beendigung dieser Zusammenarbeit hat die Fähndrichs getroffen. Vor allem Nadine, weil Hudac jahrelang ihr Förderer und Erfolgscoach war. Unter ihm hat sie sämtliche vier Einzel-Weltcup-Siege im Sprint eingefahren und wurde so zur erfolgreichsten Schweizer Langläuferin aller Zeiten. «Es war sowohl mir als auch Cyril enorm wichtig, mit Ivan weitermachen zu können», betont Nadine, «und nachdem wir das grüne Licht von ihm und seiner Familie in Slowenien erhalten hatten, entschieden wir uns, als eigenes Team die Vorbereitung zu bestreiten».

Den Fähndrichs geht es nach eigenen Aussagen um den Plan, den sie für die nächsten zwei Saisons verfolgen. Im Frühjahr 2025 steht die Nordisch-WM in Trondheim (Nor) an, 2026 folgen die Olympischen Winterspiele im Val di Fiemme (It). Nadine Fähndrich erklärt: «Für mich steht fest, dass ich bis Olympia mit Ivan zusammenarbeiten will. Er weiss, wie ich ticke. Wir haben eine genaue Vorstellung, wie mein Weg bis dorthin aussieht.» Und auch Cyril wollte nach der letzten Saison keinen Trainerwechsel, wie er bei Swiss-Ski – Erik Braten Guidon kam für François Faivre – passiert ist: «Ich hatte praktisch jedes Jahr einen neuen Coach. Ich möchte meine nächsten Schritte gerne mit einer gewissen Konstanz im Umfeld tätigen.»

Hudac wollte eigentlich aufhören

Die Geschwister sind sich bewusst, dass ihr Alleingang nicht überall Anklang findet. «Wir können verstehen, dass es Leute gibt, die wenig Verständnis dafür haben. Letztlich mussten wir aber irgendwann eine Entscheidung fällen», so Nadine Fähndrich. Die Option, nur einen Teil der Trainingslager mit Swiss-Ski zu bestreiten und den Rest alleine mit Hudac, kam wiederum für Swiss-Ski nicht infrage. Die Eigenthalerin meint hierzu: «Es ist für uns ein Weg mit Kompromissen. Der einzige Punkt, wo wir keine Abstriche machen wollten, ist das Training. Wir haben keine Lösung gefunden, mit der wir es wirklich allen recht machen konnten. Also machen wir es uns jetzt selber recht.»

Swiss-Ski nimmt Stellung

Lars Brönnimann, Chef Langlauf bei Swiss-Ski, nimmt gegenüber Blick im Kurz-Interview Stellung zur speziellen Team-Situation nach dem Fähndrich-Alleingang.

Lars Brönnimann, wie haben Sie respektive Swiss-Ski die Entscheidung von Nadine und Cyril Fähndrich aufgenommen?
Lars Brönnimann: Wir haben dies ausführlich mit den beiden diskutiert. Wir verstehen die Beweggründe und ihr Bedürfnis nach Kontinuität in dieser wichtigen Phase in ihrer Karriere. Natürlich würden wir es gerne sehen, wenn die beiden wichtigen Mitglieder unseres Teams auch Teil der Trainingsgruppen wären. Ich bin überzeugt, dass sowohl Nadine und Cyril als auch die anderen Athlet/innen der Swiss-Ski-Kader vom Sparring in der Gruppe profitieren könnten. Dennoch respektieren wir ihre Entscheidung und setzen alles daran, alle bestmöglich zu unterstützen, auch wenn sie nicht mit uns trainieren.

Die Fähndrichs betonen, sich nicht im Bösen vom Verband abgewandt zu haben. Wie sehen Sie die Situation?
Nadine und Cyril haben sich nicht vom Verband abgewandt, sie haben sich bloss entschieden, das Sommertraining auf eigene Faust zu gestalten. Sie sind immer noch Teil des Schweizer Langlauf-Nationalmannschaft, unseres Teams und des Verbandes. Wie gesagt: Wir von Verbandsseite respektieren ihre Entscheidung und werden sie, wie bis anhin, bestmöglich unterstützen. 

Wie sieht die weitere Zusammenarbeit mit den Geschwistern aus?
Für die Weltcup-Rennen und die Nordisch-WM (26. Februar bis 9. März in Trondheim/Nor) werden beide normale Mitglieder der Swiss-Ski-Delegation sein. Wir sind regelmässig im Austausch mit den Athlet/innen, welche ausserhalb der Trainingsgruppen trainieren.

Die Option, dass Nadine und Cyril Fähndrich nur einen Teil der Trainingslager mit Swiss-Ski bestreiten würden – und der restliche Teil alleine mit ihrem Coach Ivan Hudac – kam für den Verband nicht infrage. Warum?
Wir haben mit allen Athlet/innen die Abmachung, dass die Trainingslager grundsätzlich Pflichttermine sind. Es stellte sich rasch heraus, dass sich unsere Planung der Trainingslager nicht mit der individuellen Planung der Fähndrichs kombinieren liess. Es ist wichtig, dass das Training vor, nach und im Trainingslager aufeinander abgestimmt ist. Die Trainingslager sind ein zentraler Bestandteil in der Betreuung unserer Athlet/innen. Hier wollen wir eine Kontinuität in den Trainingsgruppen haben. 

Welchen Grund gab es für die Trennung von Trainer Ivan Hudac nach der letzten Saison?
Es gab unterschiedliche Auffassungen, wie die Kader und Trainingsgruppen zukünftig geführt werden sollen. Die Strukturen, Kader und Athleten von Swiss-Ski haben sich in den letzten Jahren entwickelt. Die Leistungsdichte wird höher und dementsprechend braucht es eine Anpassung in der Strategie. Hier konnten wir uns nicht finden.

Lars Brönnimann, Chef Langlauf bei Swiss-Ski.
keystone-sda.ch

Lars Brönnimann, Chef Langlauf bei Swiss-Ski, nimmt gegenüber Blick im Kurz-Interview Stellung zur speziellen Team-Situation nach dem Fähndrich-Alleingang.

Lars Brönnimann, wie haben Sie respektive Swiss-Ski die Entscheidung von Nadine und Cyril Fähndrich aufgenommen?
Lars Brönnimann: Wir haben dies ausführlich mit den beiden diskutiert. Wir verstehen die Beweggründe und ihr Bedürfnis nach Kontinuität in dieser wichtigen Phase in ihrer Karriere. Natürlich würden wir es gerne sehen, wenn die beiden wichtigen Mitglieder unseres Teams auch Teil der Trainingsgruppen wären. Ich bin überzeugt, dass sowohl Nadine und Cyril als auch die anderen Athlet/innen der Swiss-Ski-Kader vom Sparring in der Gruppe profitieren könnten. Dennoch respektieren wir ihre Entscheidung und setzen alles daran, alle bestmöglich zu unterstützen, auch wenn sie nicht mit uns trainieren.

Die Fähndrichs betonen, sich nicht im Bösen vom Verband abgewandt zu haben. Wie sehen Sie die Situation?
Nadine und Cyril haben sich nicht vom Verband abgewandt, sie haben sich bloss entschieden, das Sommertraining auf eigene Faust zu gestalten. Sie sind immer noch Teil des Schweizer Langlauf-Nationalmannschaft, unseres Teams und des Verbandes. Wie gesagt: Wir von Verbandsseite respektieren ihre Entscheidung und werden sie, wie bis anhin, bestmöglich unterstützen. 

Wie sieht die weitere Zusammenarbeit mit den Geschwistern aus?
Für die Weltcup-Rennen und die Nordisch-WM (26. Februar bis 9. März in Trondheim/Nor) werden beide normale Mitglieder der Swiss-Ski-Delegation sein. Wir sind regelmässig im Austausch mit den Athlet/innen, welche ausserhalb der Trainingsgruppen trainieren.

Die Option, dass Nadine und Cyril Fähndrich nur einen Teil der Trainingslager mit Swiss-Ski bestreiten würden – und der restliche Teil alleine mit ihrem Coach Ivan Hudac – kam für den Verband nicht infrage. Warum?
Wir haben mit allen Athlet/innen die Abmachung, dass die Trainingslager grundsätzlich Pflichttermine sind. Es stellte sich rasch heraus, dass sich unsere Planung der Trainingslager nicht mit der individuellen Planung der Fähndrichs kombinieren liess. Es ist wichtig, dass das Training vor, nach und im Trainingslager aufeinander abgestimmt ist. Die Trainingslager sind ein zentraler Bestandteil in der Betreuung unserer Athlet/innen. Hier wollen wir eine Kontinuität in den Trainingsgruppen haben. 

Welchen Grund gab es für die Trennung von Trainer Ivan Hudac nach der letzten Saison?
Es gab unterschiedliche Auffassungen, wie die Kader und Trainingsgruppen zukünftig geführt werden sollen. Die Strukturen, Kader und Athleten von Swiss-Ski haben sich in den letzten Jahren entwickelt. Die Leistungsdichte wird höher und dementsprechend braucht es eine Anpassung in der Strategie. Hier konnten wir uns nicht finden.

Das Trainingskonzept bis Olympia hat auch Hudac überzeugt, sich von den Fähndrichs anheuern zu lassen. Der erfahrene Coach sagt: «Eigentlich wollte ich aufhören – doch mit dem Plan bis 2026 mache ich mit ihnen gerne noch weiter.»

«Wir sind kein echtes Privatteam»

Die Fähndrichs betonen derweil, sich nicht im Bösen vom Verband abgewandt zu haben: «Wir suchen immer noch den Austausch und freuen uns auch immer über Sparring-Partner.» Wie in diesem Intervall-Training in Magglingen, bei dem sich Lea Fischer (26) und Candide Pralong (34), die ebenfalls unabhängig vom Verband die Vorbereitung bestreiten, anschliessen. «Und ausserdem sind wir kein echtes Privatteam», fügt Nadine schmunzelnd an. Sie verweist darauf, dass sie und ihr Bruder nur den gesamten Saisonaufbau sowie die unmittelbare WM-Vorbereitung mit Hudac bestreiten. Bei den Weltcup-Reisen im Winter sowie an der WM gehören die Geschwister ganz normal dem Schweizer Team an.

Die Fähndrichs wirken während des Termins locker und auch erleichtert, irgendwie einen Mittelweg gefunden zu haben. Und Grund zur guten Laune hat Nadine auch deshalb, weil seit ihrer Operation im letzten Winter, die nach gutartigen Herzrhythmusstörungen nötig wurde, keine Beschwerden mehr aufgetaucht sind: «Wir haben in der Zwischenzeit nochmals verschiedene Tests gemacht, meine Werte sind im Vergleich zu davor viel besser. Ich bin froh, spüre ich eine derartige Veränderung.»

Endlich ohne gesundheitliche Sorgen und mit neuer, alter Hudac-Power will sie in der bevorstehenden Saison wieder voll angreifen und auf Podestjagd gehen. Ende November wird sich in Ruka (Fin) erstmals zeigen, welche Früchte die neue Trainingskonstellation trägt.

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